Binge-Drinking

Binge-Drinking bezeichnet den Konsum großer Mengen Alkohol in kurzer Zeit, oft definiert als fünf oder mehr Getränke für Männer und vier oder mehr für Frauen innerhalb von zwei Stunden. Es führt zu stark erhöhten Blutalkoholkonzentrationen und erhöht das Risiko für gesundheitliche und soziale Probleme.
Wortart:
Substantiv, maskulin
Aussprache (IPA):
[bɪndʒ ˌdrɪŋkɪŋ]
Trennung:
Bin|ge-Drin|king
Synonym:
Rauschtrinken, Komasaufen, exzessives Trinkverhalten
Englisch:
Binge drinking, heavy episodic drinking
Med. Fachgebiet:

Binge-Drinking, oder episodisches Rauschtrinken, bezeichnet den Konsum von großen Mengen Alkohol in kurzer Zeit, oft definiert als das Trinken von fünf oder mehr alkoholischen Getränken für Männer und vier oder mehr für Frauen innerhalb von zwei Stunden. Dieses Trinkverhalten hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen und stellt ein wachsendes Problem dar, insbesondere für medizinisches Personal, das mit den kurz- und langfristigen Auswirkungen von Alkoholmissbrauch konfrontiert ist.

Definition

Als Definition für Binge-Drinking gelten in Deutschland und weiteren europäischen Ländern häufig genaue Mengenangaben an getrunkenen Gläsern innerhalb eines gewissen Zeitraums. Hier wird als Maßstab häufig fünf Gläser bei einer Gelegenheit definiert. Diese Werte gelten für Erwachsene und können auch bei Untersuchungen wie der Erhebung der Verbreitung von Rauschtrinken in Deutschland hilfreich sein.

Epidemiologie und Prävalenz

Binge-Drinking ist eine Form des Alkoholmissbrauchs, bei dem Betroffene sehr viel Alkohol in kurzer Zeit konsumieren, um einen veränderten Bewusstseinszustand (leichten bis schweren Rausch) zu erreichen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) gaben in Deutschland zehn Prozent der Frauen und 23 Prozent der Männer an, wenigstens einmal pro Monat mindestens diese Menge zu trinken.

Elf Prozent der 18 bis 29-jährigen Männer tranken mindestens einmal pro Woche mehr als fünf alkoholische Getränke zu einer Gelegenheit. Vermehrtes Binge-Drinking kann als Risikofaktor für eine Alkoholabhängigkeit angesehen werden und kann sich auch langfristig gesundheitsschädlich auf die Konsumenten auswirken. So kann es in Folge eines Rauschtrinkens zu einer erhöhten Unfall- und Verletzungsgefahr, zu Herzrhythmusstörungen und zu Schlaganfälle kommen. Die Gefahr einer Alkoholvergiftung ist sehr hoch.

Interpretation

Ein wesentlicher Bestandteil der Interpretation und Aufklärung über verantwortungsvollen Alkoholkonsum und die Prävention von Alkoholmissbrauch ist das Verständnis von Standardgetränken und deren Äquivalenten in verschiedenen Einheiten. Dies hilft sowohl Laien als auch Fachkräften im Gesundheitswesen, den Alkoholkonsum besser zu quantifizieren und dessen Risiken einzuschätzen.

Getränke und Glasgrößen

Die Angabe des Alkoholgehalts erfolgt in Volumenprozent (Vol.-%.) Bei der Umrechnung von ml in g Alkohol sollte beachtet werden, dass Alkohol eine relativ geringe Dichte (ca. 0,79 Kg/l) hat. Bei den Volumenprozenten der Getränke handelt es sich stets um Durchschnittswerte, die von Vertretern der Alkoholindustrie und einer Arbeitsgruppe des Bundesministerium für Gesundheit festgelegt wurden.

Gläser mit etwa 10 Gramm Alkohol

Binge-Drinking - Gläser mit ca. 10g Alkohol
Abb. 1.1: Binge-Drinking – Gläser mit ca. 10g Alkohol
GetränkMengeVol.-%g Alkohol
Bier250 ml4,8 %9,5 g
Wein100 ml11,0 %8,7 g
Sekt100 ml11,0 %8,7 g
Likör2 x 2 cl25,0 %7,9 g
Schnaps2 x 2 cl33,0 %10,4 g
Tab. 1.1 – Gläser mit ca. 10 Gramm Alkohol

Weitere Glasgrößen

GetränkMengeVol.-%g Alkohol
großes Bier400 ml4,8 %15,2 g
Flasche Bier500 ml4,8 %19,0 g
Großes Glas Wein200 ml11,0 %17,4 g
Viertel Liter Wein250 ml11,0 %21,7 g
Schnaps, Korn20 ml33,0 %5,2 g
Wodka, Whisky, Weinbrand, Rum20 ml40,0 %6,3 g
Tab. 1.2 – Weitere Glasgrößen in g Alkohol

Standard Drinks und Einheiten

In vielen Ländern erfolgt die Berechnung anstelle von Gläsern in „Standard Drinks“ oder „Einheiten“ (Englisch: Units). Ein solches Standardgetränk (exakt 10g reiner Alkohol) ist als Recheneinheit (wie Meter oder Kilogramm usw.) anzusehen. So ist es möglich für jedes Getränk, anhand der Glas- oder Flaschengröße und des Alkoholgehalts auszurechen, wie vielen „Standard Drinks“ es entspricht.

Formel zur Umrechnung in „Standard Drinks“
Getränk in Litern x Vol.-% x 0,79 Kg/l = Anzahl „Standard Drinks
Beispiel:
1 großes Bier (400 ml) ⇨ 0,4 l Bier x 4,8 x 0,79 = 1,52 „Standard Drinks“

Physiologische Auswirkungen

Binge-Drinking hat zahlreiche negative Auswirkungen auf den Körper, sowohl kurz- als auch langfristig.

Kurzfristige Auswirkungen

  • Alkoholvergiftung
    ➜ Eine extrem hohe Alkoholkonzentration im Blut kann zu einer Alkoholvergiftung führen, die lebensbedrohlich sein kann. Symptome sind Verwirrung, Erbrechen, Krampfanfälle, Atembeschwerden und Bewusstlosigkeit.
  • Verletzungsrisiko
    ➜ Der beeinträchtigte Gleichgewichtssinn und die verminderte Reaktionsfähigkeit erhöhen das Risiko für Unfälle und Verletzungen, einschließlich Verkehrsunfälle, Stürze und Ertrinken.

Langfristige Auswirkungen

  • Lebererkrankungen
    ➜ Regelmäßiges Binge-Drinking kann zu chronischen Lebererkrankungen wie Fettleber, Hepatitis und Zirrhose führen.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
    ➜ Episodisches Rauschtrinken kann Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle verursachen.
  • Psychische Gesundheitsprobleme
    ➜ Es besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Depressionen, Angststörungen und Alkoholabhängigkeit.

Psychosoziale Auswirkungen

Binge-Drinking zieht weiter auch erhebliche psychosoziale Konsequenzen nach sich:

  • Beziehungsprobleme
    • Der übermäßige Alkoholkonsum kann zu Konflikten in persönlichen Beziehungen und zu häuslicher Gewalt führen.
  • Berufliche und akademische Leistung
    • Betroffene können Schwierigkeiten haben, ihre beruflichen und akademischen Pflichten zu erfüllen, was zu Arbeitslosigkeit und Studienabbruch führen kann.
  • Kriminalität
    • Es gibt einen Zusammenhang zwischen Binge-Drinking und kriminellem Verhalten, einschließlich Vandalismus, Diebstahl und gewalttätigen Übergriffen.

Bedeutung für medizinisches Personal

Für medizinisches Personal ist das Verständnis der Dynamik von Binge-Drinking essenziell, um adäquate Präventions- und Interventionsstrategien zu entwickeln. Hier sind einige Schlüsselaspekte, die medizinisches Personal beachten sollte:

  • Früherkennung und Aufklärung
    • Ärzte und Pflegekräfte sollten geschult sein, frühe Anzeichen von problematischem Trinkverhalten zu erkennen und Patienten über die Risiken von Binge-Drinking aufzuklären.
  • Beratung und Unterstützung
    • Es ist wichtig, Betroffenen Zugang zu Beratungsdiensten und Selbsthilfegruppen zu bieten. Motivierende Gesprächsführung kann ein effektives Mittel sein, um Patienten zur Verhaltensänderung zu motivieren.
  • Notfallversorgung
    • In akuten Fällen von Alkoholvergiftung müssen medizinische Fachkräfte in der Lage sein, schnell und effektiv zu handeln, um das Leben der Betroffenen zu retten und Komplikationen zu minimieren.
  • Langzeitbehandlung
    • Für Patienten mit chronischen Folgen des Binge-Drinkings sind langfristige Behandlungspläne erforderlich, die medizinische, psychologische und soziale Unterstützung umfassen.

Präventionsstrategien

Um Binge-Drinking effektiv zu bekämpfen, sind umfassende Präventionsstrategien notwendig, die sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene ansetzen:

  • Aufklärungskampagnen
    • Öffentlichkeitskampagnen können das Bewusstsein für die Gefahren des Binge-Drinking schärfen und zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Alkohol beitragen.
  • Regulierungsmaßnahmen
    • Strengere Alterskontrollen und Regulierungen hinsichtlich des Verkaufs und der Werbung von Alkohol können den Zugang für gefährdete Bevölkerungsgruppen einschränken.
  • Förderung alternativer Freizeitaktivitäten
    • Die Schaffung und Förderung von Freizeitangeboten, die keinen Alkohol beinhalten, kann Jugendlichen und jungen Erwachsenen attraktive Alternativen bieten.

Zusammenfassung

Binge-Drinking ist ein tief verwurzeltes Problem mit schwerwiegenden gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen. Medizinisches Personal spielt eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung dieses Problems, erfordert jedoch umfangreiche Schulungen und Ressourcen, um wirksam zu sein. Durch eine Kombination aus frühzeitiger Intervention, umfassender Aufklärung und strengen Regulierungsmaßnahmen kann die Prävalenz von Binge-Drinking reduziert und die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung verbessert werden.

Quellen

  • Titelbild: Betrunkener Mann (Shutterstock.com – Roman Samborskyi)
  • Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (dhs.de) – Factsheet, Binge-Drinking und Alkoholvergiftungen
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