Ventrogluteale Injektion nach Hochstetter
Die ventrogluteale Injektion nach Hochstetter ist eine bewährte Methode zur intramuskulären Medikamentenverabreichung. Sie gilt als sicher und effektiv, da sie große Blutgefäße und den Ischiasnerv vermeidet. Diese Technik nutzt den Musculus gluteus medius oder minimus als Injektionsstelle und minimiert dadurch das Risiko von Verletzungen. Sie ist besonders vorteilhaft für die Verabreichung von Antibiotika, Schmerzmitteln, Impfstoffen und Hormonen und bietet eine zuverlässige Alternative zu anderen Injektionsmethoden.
Definition
Die ventrogluteale Injektion nach Hochstetter ist eine intramuskuläre Injektionstechnik, die den Musculus gluteus medius als Zielregion nutzt. Sie bietet eine sichere Alternative zu anderen Injektionsstellen, indem sie das Risiko von Nervenschäden und Verletzungen großer Blutgefäße minimiert. Diese Methode verwendet anatomische Orientierungspunkte zur präzisen Bestimmung der Injektionsstelle.
Anatomische Grundlagen
Die ventrogluteale Injektionsstelle befindet sich im Bereich des Musculus gluteus medius bzw. minimus. Diese Region ist reich an Muskelfasern und arm an größeren Blutgefäßen und Nerven, was sie zu einer idealen Stelle für intramuskuläre Injektionen macht.
Indikationen und Kontraindikationen
Indikationen
Die ventrogluteale Injektion wird für eine Vielzahl von medizinischen Anwendungen eingesetzt. Hier sind einige der häufigsten Indikationen:
Verabreichung von Medikamenten
- Antibiotika
➜ Zur Behandlung bakterieller Infektionen. - Schmerzmittel
➜ Zur Linderung von akuten oder chronischen Schmerzen. - Immunisierungen
➜ Verabreichung von Impfstoffen zur Vorbeugung von Krankheiten. - Hormontherapien
➜ Beispielsweise bei der Behandlung von hormonellen Störungen. - Vitamine
➜ Injektion von Vitamin B12 bei Mangelerscheinungen.
Langzeittherapien
- Antipsychotika
➜ Bei Patienten mit psychischen Erkrankungen. - Biologika
➜ Bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoider Arthritis.
Flüssigkeits- und Elektrolytersatz
- Intramuskuläre Flüssigkeitszufuhr
➜ Bei leichten Dehydratationen oder Elektrolytimbalancen.
Notfallmedizin
- Schnelle Medikamentengabe
➜ Bei akuten Zuständen, bei denen eine schnelle Medikamentenverabreichung erforderlich ist.
Kontraindikationen
Trotz der vielen Vorteile der ventroglutealen Injektion gibt es bestimmte Situationen, in denen diese Technik nicht angewendet werden sollte:
Lokale Infektionen oder Entzündungen
- Infizierte Hautstellen
➜ Injektionen in Bereiche mit aktiven Infektionen oder Entzündungen vermeiden, um eine Verschlimmerung der Infektion oder eine Ausbreitung zu verhindern.
Verletzungen oder Traumata
- Frakturen oder Prellungen
➜ Injektionen sollten nicht in Bereiche mit aktuellen Verletzungen oder Traumata durchgeführt werden, um weitere Schäden zu vermeiden.
Durchblutungsstörungen
- Eingeschränkte Durchblutung
➜ Patienten mit eingeschränkter Durchblutung in der Glutealregion sollten alternative Injektionsstellen in Betracht ziehen.
Neurologische Erkrankungen
- Muskelschwäche oder -atrophie
➜ Bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen, die Muskelschwäche oder -atrophie in der Glutealregion verursachen, kann die Injektion erschwert oder weniger effektiv sein.
Notfallsituationen
- Schock oder Herzinfarkt
Bei Patienten mit Schock oder V.a. Herzinfarkt kann es zu einer Verfälschung der Laborwerte kommen
Patientenspezifische Faktoren
- Adipositas
➜ Bei stark adipösen Patienten kann es schwierig sein, die richtige Injektionsstelle zu finden und die Nadel in ausreichender Tiefe einzuführen. - Angst oder psychologische Barrieren
➜ Einige Patienten können extreme Angst vor Injektionen haben, was die Durchführung erschwert. - Psychische Situation
➜ Bei verwirrten, aggressiven oder unruhigen Patienten besteht die Gefahr von Verletzungen
Kontraindizierte Medikamente
- Spezifische Arzneimittel
Bestimmte Medikamente, die ausdrücklich nicht für die intramuskuläre Verabreichung geeignet sind, sollten nicht in die ventrogluteale Region injiziert werden.
Vorbereitung
Der Patient wird über die Maßnahme informiert und um Zustimmung gebeten. Die benötigten Materialien werden in Reichweite zurechtgelegt:
- ärztlicher Verordnungsplan
- Spritzentablett
- verordnete Injektionslösung
- sterile Tupfer aus Zellstoff
- passende Kanüle (ja nach Konstitution des Patienten ➜ 5 bis 7cm Kanülenlänge)
- richtige Spritze (Fertigspritze, 2-ml-Spritze usw.)
- Schnellverband (Pflaster)
- Hautdesinfektionsmittel
- Schutzhandschuhe
- Abwurfbehälter für Spritzen
Zusätzlich sorgt die durchführende Pflegekraft für gute Lichtverhältnisse und die Einhaltung der Intimsphäre (z.B. Zimmertüre schließen, etwaige Mitpatienten oder Besuch kurz vor die Türe bitten).
Cave: Bei der Injektionslösung ist immer darauf zu achten, dass sie für eine intramuskuläre (i.m.) Injektion zugelassen ist.
Durchführung
Für die Injektion nach Hochstetter wird der Patient in Seitenlage positioniert. Um die Muskulatur zu entspannen und die Injektion schmerzlos verabreichen zu können, sollte idealerweise eine leichte Drehung des Beins im Hüftgelenk nach vorne (Anteversion) und eine leichte Beugung des Kniegelenks erfolgen.
Schritt 1: Lokalisation
Die Lokalisation der Injektionsstelle erfolgt anhand 3 knöchernen Orientierungspunkte:
- Cristae iliaca
- Spina iliaca anterior superior (vorderer Darmbeinstachel)
- Trochanter major (großen Rollhügel des Femur)
Schritt 2: Finger positionieren und Hand drehen
Der Zeigefinger wird auf der Spina iliaca anterior superior positioniert während der abgespreizte Mittelfinger auf der Crista iliaca aufliegt. Die Hand sammt abgespreiztem Mittelfinger wird nun, unter Belassung des Zeigefingers auf dem Darmbeinstachel, ca. 2cm in dorsale Richtung gedreht. Abschließend sollte sich der Handballen auf dem Trochanter major befinden.
Schritt 3: Injektionszone bestimmen
Es entsteht ein Injektsionsdreieck . Die Spitze des, zwischen dem Zeige- und abgespreizten Mittelfinger erkannbaren Dreiecks, ist die Injektionszone (Injektionsgebiet).
Schritt 4: Injektion vornehmen
Nun wird die Injektionsstelle desinfiziert (jeweilige Einwirkzeit beachten) und die Injektion erfolgt im 90° Winkel. Zur Vermeidung von schweren Komplikationen wie einer lokale Nekrose der Haut (Embolia cutis medicamentosa) muss vor der beabsichtigten Applikation mittels Aspiration sichergestellt werden, dass kein Gefäß getroffen wurde. Der Einstechvorgang sollte so schnell und zügig wie möglich erfolgen, da ein Zögern beim Patienten Abwehrspannungen der Muskulatur auslösen kann (Folge: mehr Gewebe als notwendig wird geschädigt). Sollte die Knochenhaut getroffen werden, muss die Kanüle ca. 1 cm zurückgezogen werden.
Der Linkshänder injiziert in den linken, der Rechtshänder in den rechten M. gluteus maximus
Nachbereitung
- Patient wird nach Wohlbefinden und Schmerzen befragt
- Ggf. wird das Fenster geöffnet
- verwendete Materialien werden entsorgt/verräumt
- vor die Türe gebetene Mitpatieten und Besucher werden wieder ins Zimmer gebeten
- die Patientenklingel wird in Reichweite des Betroffenen positioniert
- Maßnahme dokumentieren
- die Injektionsstelle nach 2 – 3 Stunden auf Auffälligkeiten prüfen
Vorteile der ventroglutealen Injektion
- Sicherheit
- Geringes Risiko für Verletzungen von Nerven und Blutgefäßen.
- Schmerzreduktion
- Weniger schmerzhaft im Vergleich zu anderen Injektionsstellen.
- Effizienz
- Schnelle und einfache Technik, die leicht zu erlernen ist.
- Vielseitigkeit
- Geeignet für eine Vielzahl von Patienten, einschließlich Kinder und Erwachsene.
Zusammenfassung
Die ventrogluteale Injektion nach Hochstetter ist eine sichere Methode zur intramuskulären Verabreichung von Medikamenten. Sie nutzt den Musculus gluteus medius, um Verletzungen von Nerven und Blutgefäßen zu vermeiden. Indikationen umfassen die Verabreichung von Antibiotika, Schmerzmitteln, Impfstoffen und Hormonen. Kontraindikationen sind lokale Infektionen, Verletzungen, Durchblutungsstörungen, neurologische Erkrankungen und extreme Adipositas. Die Methode bietet eine schmerzarme, effiziente und vielseitige Alternative zu anderen Injektionsstellen und sollte korrekt angewendet werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Quellen
- Titelbild: Injektion Oberschenkel (Shutterstock.com – Henadzi Kilent)
- Grafiken Injektionstechnik: Stephan Wäsche (Pflegerio.de)
- Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2014). Pflege Heute (6. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
- Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
- Brennan, A. & Franz, T. (2017) ‚Intramuscular injections: a review of best practice for mental health nurses‘, Journal of Psychiatric and Mental Health Nursing, 24(5), pp. 1-12.
- Greenway, K. (2004) ‚Using the ventrogluteal site for intramuscular injection‘, Nursing Standard, 18(25), pp. 39-42.
- Malkin, B. (2008) ‚Are techniques used for intramuscular injection based on research evidence?‘, Nursing Times, 104(50-51), pp. 48-51.
- Nicoll, L.H. & Hesby, A. (2002) ‚Intramuscular injection: an integrative research review and guideline for evidence-based practice‘, Applied Nursing Research, 15(3), pp. 149-162.
- Workman, B. (1999) ‚Safe injection techniques‘, Nursing Standard, 13(39), pp. 47-53.