Alkoholsucht-Phasen nach Jellinek

Der Physiologe Elvin M. Jellinek entwickelte, im Auftrag der WHO, eine Klassifikation für 4 Alkoholsucht-Phasen, in der sich eine Alkoholholsucht über einen längeren Zeitraum (Monate oder Jahre) entwickelt.
Synonym:
Jellinek - Schema
Begründung:
Elvin Morton Jellinek
Med. Fachgebiet:

Der US-amerikanische Physiologe Elvin Morton Jellinek setzte sich viele Jahre lang, im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO), mit dem Wesen der Alkoholholsucht auseinander. In Folge dessen beobachtete er, dass sich eine Alkoholabhängigkeit über einen längeren Zeitraum (Monate oder Jahre) entwickelt, und in 4 unterschiedlichen Phasen verläuft.

Hintergrund

E. M. Jellinek war ein führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Alkoholabhängigkeit. In den 1940er und 1950er Jahren führte er umfangreiche Forschungen durch, um die verschiedenen Formen und Verläufe der Alkoholabhängigkeit besser zu verstehen. Sein Ziel war es, ein Klassifikationssystem zu entwickeln, das die unterschiedlichen Muster des Alkoholismus beschreibt und so eine gezieltere Diagnose und Therapie ermöglicht. So entstand neben der Alkoholsucht-Phasenmodell auch die Alkoholikertypologie.

  • voralkoholische Phase
  • Prodromalphase = (den Ausbruch) ankündigend, (dem Ausbruch) vorausgehend
  • kritische Phase
  • chronische Phase
Alkoholsucht-Phasen nach E.M. Jellinek
Abb. 1.1: Alkoholsucht-Phasen nach E.M. Jellinek

Phasenmodell nach Jellinek

Voralkoholische Phase

Die sogenannte voralkoholische Phase zeichnet sich durch ein progredientes (voranschreitendes) „Erleichterungstrinken“ aus.

Erleichterungstrinken ➜ Nachlassen der Tragfähigkeit für seelische Belastungen; Die Verträglichkeit für Alkohol wird größer

Prodromalphase

Die Prodromalphase ist die Stufe der Toleranzsteigerung. Sie zeichnet sich durch heimliches gieriges Trinken aus. Hinzu kommen höher frequente Räusche und Erinnerungslücken.
Gedächtnislücken stellen sich ein

  • Änderung der Trinkart (alleine, heimlich)
  • Denken an Alkohol
  • Häufig schnelles Trinken des ersten Glases

Kritische Phase

Die kritische Phase ist nach E.M. Jellinek die Stufe, bei der es zu einem Kontrollverlust und zu einem Zwangstrinken kommt. Betroffene Personen trinken bereits nach dem Aufstehen und es kommt zu körperlichen und sozialen Folgekomplikationen.

  • Kontrollverlust über die weitere Trinkmenge nach Trinkbeginn
  • Trinkpausen nach Kontrollverlust
  • Notwendigkeit von Ausreden und Erklärungen
  • Das Verhalten ändert sich
  • fortschreitenden Isolierung
  • deutliche körperliche Abhängigkeit
  • Körperliche Folgeschäden treten auf

Chronische Phase

In der chronischen Phase kommt es, u.a. aufgrund von Einschränkungen der Leberfunktion, zu einer „Sensibilisierung“ gegenüber Alkohol. Dies bedeutet, das betroffene Personen Alkohl weniger vertragen und „dauerbetrunken“ sind.

  • Regelmäßiges morgendliches Trinken wird notwendig
  • Auftreten von tagelangen Räuschen
  • körperlicher, seelischer und sozialer Abbau
  • Störungen von Merkfähigkeit und Konzentration stellen sich ein
  • bedrohliche Entzugszeichen möglich
  • Verträglichkeit für Alkohol nimmt ab
  • körperliche und seelische Zusammenbrüche
  • Organschäden, Demenz, Tod

Folgen: massiver körperlicher, kognitiver und sozialer Abbau

Zusammenfassung

Die von E. M. Jellinek entwickelten Phasen zeigen den schleichenden Übergang von kontrolliertem Konsum zur vollständigen Abhängigkeit und dienen als Grundlage für die Diagnose und Therapie von Alkoholabhängigkeit. Pflegekräfte und Therapeuten können anhand dieser Phasen den Schweregrad der Abhängigkeit besser einschätzen und gezielte Behandlungsstrategien entwickeln.

Quellen

  • Titelbild: Anstoßen mit Bier (Pexels.com – Tembela Bohle)
  • Haupt, W. F., & Gouzoulis-Mayfrank, E. (2016). Neurologie und Psychiatrie für Pflegeberufe (W. F. Haupt & E. Gouzoulis-Mayfrank, Hrsg.; 11. Aufl.). Thieme.
  • National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism (NIAAA). (2023). Alcohol Use Disorder: A Comparison of Different Classifications.Abgerufen 13. Juli 2023, von Nih.gov Webseite: http://niaaa.nih.gov