Erysipel

Erysipel (auch Wundrose oder Rotlauf) ist eine akute, bakterielle Infektion der Haut und des subkutanen Gewebes, die durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) verursacht wird.
Wortart:
Substantiv, Neutrum
Aussprache (IPA):
[eʁyziˈpɛl]
Plural:
Erysipele
Trennung:
Ery|si|pel
Synonym:
Wundrose, Rotlauf
Englisch:
erysipelas
Abstammung:
griechisch: ἐρυθρός (erythros) = rot und πέλλα (pella) = Haut, Pelle
ICD-Klassifikation:
A46

Erysipel (auch Wundrose oder Rotlauf) ist eine akute, bakterielle Infektion der Haut und des subkutanen Gewebes, die durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) verursacht wird. Seltener können auch andere Streptokokkenarten oder Staphylococcus aureus verantwortlich sein. Charakteristisch für das Erysipel ist die plötzliche, schmerzhafte Rötung und Schwellung der betroffenen Hautpartie, oft begleitet von Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl.

Definition

Das Erysipel, auch als Wundrose bezeichnet, ist eine akute, meist durch Streptokokken verursachte Hautinfektion, die sich über Lymphbahnen ausbreitet. Charakteristisch sind scharf begrenzte, schmerzhafte Hautrötungen, Fieber und Schüttelfrost. Häufig betroffen sind Gesicht und Beine. Eine Behandlung erfolgt in der Regel mit Antibiotika, um Komplikationen wie Abszesse oder eine Sepsis zu verhindern.

Epidemiologie

Ein Erysipel kann Menschen jeden Alters betreffen, tritt jedoch häufiger bei älteren Erwachsenen auf. Die Inzidenz liegt bei etwa 10 bis 20 Fällen pro 100.000 Personen pro Jahr, wobei ein höheres Risiko bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem, chronischen Hauterkrankungen oder lymphatischer Stase besteht. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen, wobei die meisten Fälle in den Wintermonaten auftreten.

Pathophysiologie

Die Pathophysiologie des Erysipels umfasst das Eindringen von Streptokokken in die Hautbarriere, meist durch kleine Verletzungen, Insektenstiche oder Hautläsionen. Nach der Invasion vermehren sich die Bakterien in den Lymphgefäßen der Dermis und führen zu einer entzündlichen Reaktion. Diese Entzündung verursacht die charakteristischen Symptome von einem Erysipel, einschließlich Erythem, Ödem und Schmerzen.

Ursachen und Risikofaktoren

Infektionsquellen

Ein Erysipel wird in den meisten Fällen durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A verursacht, die in der Umgebung weit verbreitet sind. Die Bakterien können über kleinste Hautverletzungen, wie Schnitte, Kratzer oder Insektenstiche, in den Körper gelangen. Auch präexistierende Hauterkrankungen wie Ekzeme oder Pilzinfektionen können Eintrittspforten für die Erreger darstellen.

Prädisponierende Faktoren

Mehrere Faktoren können das Risiko für die Entwicklung eines Erysipels erhöhen, darunter:

  • Chronische Hauterkrankungen
    ➜ Ekzeme, Psoriasis oder Pilzinfektionen
  • Lymphatische Stase
    ➜ bedingt durch Lymphödeme oder nach operativen Eingriffen
  • Immunsuppression
    ➜ durch Krankheiten wie Diabetes mellitus, HIV oder die Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten
  • Adipositas
    ➜ erhöhtes Risiko durch vermehrte Hautfalten und -läsionen
  • Durchblutungsstörungen
    ➜ Chronisch venöse Insuffizienz oder arterielle Verschlusskrankheit

Risikogruppen

  • Ältere Menschen
  • Patienten mit Diabetes mellitus
  • Personen mit chronischen Hautläsionen oder -erkrankungen
  • Immunsupprimierte Patienten

Klinik

Symptome und Zeichen

Die klinische Präsentation des Erysipels umfasst typischerweise:

  • Plötzlicher Beginn
    ➜ Fieber, Schüttelfrost und allgemeines Krankheitsgefühl
  • Hauterscheinungen
    ➜ Scharf begrenztes, intensiv rotes Erythem, oft mit erhöhter und wärmerer Haut im betroffenen Bereich
  • Schmerzen
    ➜ Lokale Schmerzen und Empfindlichkeit
  • Lymphadenopathie
    ➜ Schmerzhafte Schwellung der regionalen Lymphknoten

Differentialdiagnosen

Bei der Diagnose eines Erysipels müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, die ähnliche Symptome verursachen können, wie:

  • Cellulitis
  • Phlegmone
  • Thrombophlebitis
  • Kontaktdermatitis
  • Herpes zoster

Diagnose

Anamnese und körperliche Untersuchung

Die Diagnose eines Erysipel basiert in erster Linie auf der klinischen Präsentation und der Krankengeschichte des Patienten. Wichtige Anamnesepunkte umfassen:

  • Plötzlicher Beginn der Symptome
  • Vorhandensein von Eintrittspforten wie Hautläsionen oder -verletzungen
  • Frühere Episoden eines Erysipels oder Hautinfektionen

Laboruntersuchungen

Labortests können zur Unterstützung der Diagnose beitragen, insbesondere bei atypischen Präsentationen:

  • Blutbild
    ➜ Leukozytose und erhöhte Entzündungsmarker (CRP, ESR)
  • Blutkulturen
    ➜ bei systemischen Symptomen oder schwerer Erkrankung zur Identifizierung des Erregers

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren sind in der Regel nicht erforderlich, können jedoch in komplizierten Fällen oder zur Differenzialdiagnose eingesetzt werden:

  • Ultraschall
    ➜ Zur Beurteilung tieferer Infektionen oder Abszesse
  • MRT und CT
    ➜ bei Verdacht auf tiefergehende Infektionen oder bei fehlendem Ansprechen auf die Therapie

Therapie

Antibakterielle Therapie

Die Hauptsäule der Behandlung eines Erysipels ist die antibiotische Therapie:

  • Penicillin
    ➜ Standardbehandlung bei Streptokokkeninfektionen
  • Alternativen
    ➜ bei Penicillinallergie können Erythromycin, Clindamycin oder Cephalosporine der 1. Generation eingesetzt werden

Symptomatische Behandlung

Zusätzlich zur antibiotischen Therapie sollten symptomatische Maßnahmen ergriffen werden:

  • Schmerzmanagement
    ➜ Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen
  • Lagerung und Kühlung
    ➜ Ruhigstellung und lokale Kühlung der betroffenen Extremität zur Reduktion von Schmerzen und Schwellung

Chirurgische Interventionen

In seltenen Fällen, insbesondere bei Komplikationen wie Abszessen oder nekrotisierenden Infektionen, kann eine chirurgische Intervention notwendig sein:

  • Inzision und Drainage
    ➜ bei Abszessbildung
  • Debridement
    ➜ bei nekrotisierenden Infektionen

Komplikationen

Akute Komplikationen

  • Sepsis
    ➜ Lebensbedrohliche systemische Infektion
  • Abszessbildung
    ➜ Lokale Ansammlung von Eiter
  • Thrombophlebitis
    ➜ Entzündung und Thrombose oberflächlicher Venen

Langzeitkomplikationen

  • Chronisches Lymphödem
    ➜ Langfristige Schwellung der betroffenen Extremität
  • Rezidivierende Infektionen
    ➜ Wiederholte Episoden eines Erysipels

Prävention

Primäre Prävention

  • Hautpflege
    ➜ Vermeidung von Hautläsionen und -verletzungen durch gute Hautpflege und Hygiene
  • Management von Grunderkrankungen
    ➜ Kontrolle von Diabetes, chronischen Hauterkrankungen und lymphatischer Stase

Sekundäre Prävention

  • Prophylaktische Antibiotika
    ➜ bei häufigen Rezidiven können prophylaktische Antibiotika in Erwägung gezogen werden
  • Langfristige Hautpflege
    ➜ Fortsetzung der Hautpflege und Überwachung auf frühzeitige Zeichen von Infektionen

Spezielle Situationen

Erysipel bei besonderen Patientengruppen

  • Diabetiker
    ➜ höheres Risiko für schwere und komplizierte Verläufe
  • Immunsupprimierte Patienten
    ➜ erhöhtes Risiko für systemische Infektionen und Sepsis

Rezidivierendes Erysipel

  • Managementstrategien
    ➜ langfristige antibiotische Prophylaxe, intensive Hautpflege und Behandlung zugrunde liegender Risikofaktoren

Aktuelle Forschung und zukünftige Entwicklungen

Neue Behandlungsmöglichkeiten

  • Immuntherapien
    ➜ Erforschung von neuen Therapien zur Modulation der Immunantwort bei Erysipel
  • Antibiotikaentwicklung
    ➜ Entwicklung neuer Antibiotika zur Überwindung von Resistenzen

Präventionsstrategien

  • Impfstoffe
    ➜ Forschung zur Entwicklung von Impfstoffen gegen Streptokokken
  • Public Health Initiativen
    ➜ Förderung von Hautpflege und Hygienemaßnahmen zur Prävention

Pflege bei Erysipel

Die Pflege bei Erysipel umfasst die Überwachung des klinischen Zustands, Schmerzmanagement, Haut- und Wundpflege sowie die Verabreichung von Antibiotika. Sie erfordert eine sorgfältige Beobachtung der Infektionsstelle, die Prävention von Komplikationen und die Unterstützung des Patienten durch Aufklärung und psychosoziale Betreuung, um die Heilung zu fördern und Rückfälle zu vermeiden.

Zusammenfassung

Erysipel ist eine häufige und potenziell schwerwiegende Hautinfektion, die eine frühzeitige Diagnose und Behandlung erfordert. Durch eine umfassende Kenntnis der Risikofaktoren, klinischen Präsentation und Therapieoptionen können medizinische Fachkräfte dazu beitragen, Komplikationen zu vermeiden und die Prognose der Patienten zu verbessern. Präventive Maßnahmen und aktuelle Forschung bieten Perspektiven für eine verbesserte Behandlung und Prävention in der Zukunft.

Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch ersetzt er eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte zusätzlich den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

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