Dysurie

Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[dʏsʔuˈʁiː]
Adjektiv:
dysurisch
Plural:
Dysurien
Trennung:
Dys|urie
Synonym:
Dysuresie
Englisch:
dysuresia
Abstammung:
griech.: dys = Störung, ouron = Harn
ICD-Klassifikation:
R30.0
Med. Fachgebiet:

Dysurie wird oft mit Harnwegsinfektionen (HWI) in Verbindung gebracht und beschreibt schmerzhaftes oder schwieriges Wasserlassen. Sie kann sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftreten. Da Dysurie ein Symptom vieler verschiedener Erkrankungen sein kann, ist eine gründliche Untersuchung und Diagnosestellung essenziell, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren und entsprechend zu behandeln.

Definition

Dysurie wird als Schmerzen, Brennen oder Unbehagen beim Wasserlassen definiert. Es kann von einem leichten Unbehagen bis hin zu starken Schmerzen reichen und tritt häufig zu Beginn, während oder nach dem Wasserlassen auf. Dieses Symptom kann sowohl akut als auch chronisch sein und eine Vielzahl von Ursachen haben, die von Infektionen bis hin zu strukturellen Anomalien des Urogenitaltrakts reichen.

Epidemiologie

Dysurie ist ein häufiges Symptom, das in der allgemeinen Bevölkerung vorkommt. Schätzungen zufolge erleben etwa 25% der Frauen mindestens einmal im Leben eine Episode von Dysurie, oft im Zusammenhang mit Harnwegsinfektionen (Hooton et al., 1996). Bei Männern ist Dysurie weniger häufig, kann aber ebenfalls auftreten, insbesondere bei älteren Männern aufgrund von Prostataproblemen. Die Prävalenz variiert je nach Altersgruppe, Geschlecht und sexueller Aktivität.

Ätiologie

Die Ursachen von Dysurie sind vielfältig und können in infektiöse und nicht-infektiöse Kategorien unterteilt werden.

Infektiöse Ursachen

  • Harnwegsinfektionen (HWI)
    ➜ Dies ist die häufigste Ursache für Dysurie bei Frauen. Bakterien wie Escherichia coli sind die häufigsten Erreger (Foxman, 2014).
  • Geschlechtskrankheiten
    ➜ Infektionen wie Gonorrhoe und Chlamydien können Dysurie verursachen.
  • Prostatitis
    ➜ Eine Entzündung der Prostata bei Männern kann zu schmerzhaftem Wasserlassen führen.

Nicht-infektiöse Ursachen

  • Urolithiasis
    ➜ Nieren- oder Blasensteine können Dysurie verursachen.
  • Interstitielle Zystitis
    ➜ Eine chronische Blasenerkrankung, die zu Schmerzen und Dysurie führt.
  • Tumoren
    ➜ Blasen- oder Prostatakrebs kann ebenfalls Dysurie verursachen.
  • Medikamente
    ➜ Bestimmte Medikamente, wie Chemotherapeutika, können die Harnwege reizen und Dysurie verursachen.
  • Strukturelle Anomalien
    ➜ Urethrastrikturen oder andere anatomische Abnormitäten können den Harnfluss behindern und Schmerzen verursachen.

Formen der Dysurie

Akute Dysurie

Akute Dysurie tritt plötzlich auf und ist oft das Ergebnis einer akuten Infektion oder Verletzung. Häufige Ursachen sind:

  • Akute Zystitis
    ➜ Eine Blasenentzündung, meist bakteriellen Ursprungs.
  • Akute Urethritis
    ➜ Entzündung der Harnröhre durch Infektionen oder Reizstoffe.
  • Trauma
    ➜ Verletzungen des Urogenitaltrakts durch Katheterisierung oder medizinische Eingriffe.

Chronische Dysurie

Chronische Dysurie ist ein langfristiges Problem und kann durch anhaltende Erkrankungen oder wiederkehrende Infektionen verursacht werden. Häufige Ursachen sind:

  • Interstitielle Zystitis
    ➜ Eine chronische, nicht-infektiöse Blasenerkrankung.
  • Chronische Prostatitis
    ➜ Eine lang anhaltende Entzündung der Prostata bei Männern.
  • Strukturelle Anomalien
    ➜ Langfristige Harnabflussstörungen durch anatomische Abweichungen.

Dysurie bei speziellen Patientengruppen

Dysurie bei Frauen

Frauen sind aufgrund der kürzeren Harnröhre anfälliger für Harnwegsinfektionen und damit für Dysurie. Weitere spezifische Ursachen können sein:

  • Vaginitis
    ➜ Entzündungen der Vagina, oft durch Infektionen oder Reizstoffe.
  • Hormonelle Veränderungen
    ➜ Postmenopausale Frauen können durch Hormonmangel an Vaginalatrophie und daraus resultierender Dysurie leiden.

Dysurie bei Männern

Bei Männern ist Dysurie oft mit Prostataproblemen verbunden. Spezifische Ursachen umfassen:

  • Prostatitis
    ➜ Entzündung der Prostata, die akute oder chronische Formen annehmen kann.
  • BPH (benigne Prostatahyperplasie)
    ➜ Vergrößerung der Prostata, die den Harnfluss behindert.

Dysurie bei Kindern

Kinder können ebenfalls an Dysurie leiden, oft durch:

  • Harnwegsinfektionen
    ➜ Häufig bei Kindern aufgrund unzureichender Hygiene.
  • Anatomische Anomalien
    ➜ Angeborene Fehlbildungen des Urogenitaltrakts.

Symptome und Klinik

Patienten mit Dysurie berichten typischerweise von brennenden, stechenden oder schneidenden Schmerzen beim Wasserlassen. Diese Schmerzen können zu Beginn, während oder am Ende des Urinierens auftreten. Zusätzliche Symptome, die mit Dysurie einhergehen können, sind:

  • Häufiges Wasserlassen (Pollakisurie)
  • Dringender Harndrang (Urgency)
  • Blut im Urin (Hämaturie)
  • Fieber und Schüttelfrost bei infektiösen Ursachen
  • Flankenschmerzen bei Nierenbeteiligung

Die klinische Präsentation kann je nach zugrunde liegender Ursache variieren. Zum Beispiel kann eine Harnwegsinfektion auch mit übelriechendem Urin und suprapubischen Schmerzen einhergehen, während Prostatitis oft mit Schmerzen im unteren Rücken und im Beckenbereich verbunden ist.

Diagnostik

Die Diagnosestellung bei Dysurie erfordert eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung sowie spezifische diagnostische Tests.

Anamnese

Eine detaillierte Anamnese sollte Fragen zu Beginn, Dauer und Charakter der Schmerzen umfassen sowie begleitende Symptome, frühere Harnwegsinfektionen, sexuelle Aktivität und aktuelle Medikamente.

Körperliche Untersuchung

Die körperliche Untersuchung kann eine Beurteilung des Abdomens und des Genitalbereichs umfassen. Bei Männern sollte auch eine digitale rektale Untersuchung (DRE) durchgeführt werden, um die Prostata zu bewerten.

Labortests

  • Urinanalyse
    ➜ Eine einfache Urinuntersuchung kann Hinweise auf Infektionen, Hämaturie oder andere Anomalien liefern.
  • Urinkultur
    ➜ Bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion kann eine Urinkultur helfen, den spezifischen Erreger zu identifizieren.
  • Bluttests
    ➜ Blutuntersuchungen können bei systemischen Infektionen oder anderen Verdachtsmomenten hilfreich sein.

Bildgebende Verfahren

Bei komplexeren Fällen oder wenn strukturelle Anomalien vermutet werden, können bildgebende Verfahren wie Sonografie, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) notwendig sein.

Therapie

Die Behandlung von Dysurie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.

Infektiöse Ursachen

  • Antibiotika
    ➜ Bei bakteriellen Infektionen sind Antibiotika das Mittel der Wahl. Die Wahl des Antibiotikums basiert auf dem Erregerspektrum und der Resistenzlage.
  • Antivirale/Antimykotische Mittel
    ➜ Bei viralen oder pilzbedingten Infektionen können spezifische antivirale oder antimykotische Medikamente erforderlich sein.

Nicht-infektiöse Ursachen

  • Schmerzmanagement
    ➜ Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAIDs) oder andere Schmerzmittel können zur Linderung der Symptome beitragen.
  • Behandlung von Grunderkrankungen
    ➜ Je nach Ursache können Maßnahmen wie die Entfernung von Steinen, die Behandlung von Tumoren oder die Therapie von interstitieller Zystitis notwendig sein.
  • Verhaltensänderungen
    ➜ Erhöhte Flüssigkeitsaufnahme, häufigeres Wasserlassen und Vermeidung von irritierenden Substanzen können die Symptome lindern.

Zusammenfassung

Dysurie ist ein häufiges und belastendes Symptom, das eine Vielzahl von Ursachen haben kann. Eine sorgfältige Anamnese, körperliche Untersuchung und geeignete diagnostische Tests sind unerlässlich, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren. Die Behandlung richtet sich nach der spezifischen Ätiologie und kann von einfachen Antibiotikatherapien bis hin zu komplexeren medizinischen oder chirurgischen Eingriffen reichen. Eine rechtzeitige und angemessene Behandlung kann die Prognose erheblich verbessern und die Lebensqualität der betroffenen Patienten wiederherstellen.

Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch ersetzt er eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte zusätzlich den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Quellen

  • Andreae, S. (Hrsg.). (2008). Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen (2. Aufl.). Thieme.
  • Hooton, T. M., et al. (2018). Diagnosis, prevention, and treatment of catheter-associated urinary tract infection in adults: 2009 International Clinical Practice Guidelines from the Infectious Diseases Society of America. Clinical Infectious Diseases, 50(5), 625-663.
  • Hooton, T. M., et al. (1996). A prospective study of risk factors for symptomatic urinary tract infection in young women. New England Journal of Medicine, 335(7), 468-474.,
  • Foxman, B. (2014). Urinary tract infection syndromes: occurrence, recurrence, bacteriology, risk factors, and disease burden. Infectious Disease Clinics of North America, 28(1), 1-13.