Hämaturie

Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[hɛːmaˈtuːʁi̯ə]
Adjektiv:
hämaturisch
Plural:
Hämaturien
Trennung:
Hä|ma|tu|rie
Synonym:
Erythrurie, Erythrozyturie
Englisch:
hematuria, haematuria
Abstammung:
griech.: haima = Blut, ouron = Harn
ICD-Klassifikation:
R31, N02.-
Med. Fachgebiet:

Hämaturie, das Vorhandensein von Blut im Urin, ist ein häufiges urologisches Symptom, das sowohl benigne als auch schwerwiegende Ursachen haben kann. Sie stellt für den Betroffenen meist ein alarmierendes Symptom dar und kann auf unterschiedliche Erkrankungen des Urogenitaltrakts hinweisen. Die Ursachen reichen von Infektionen bis hin zu malignen Tumoren, weshalb eine gründliche diagnostische Abklärung erforderlich ist.

Definition

Hämaturie wird definiert als das Vorhandensein von Erythrozyten (rote Blutkörperchen) im Urin. Man unterscheidet primär zwischen Makrohämaturie, bei der das Blut im Urin mit bloßem Auge sichtbar ist, und Mikrohämaturie, bei der die Erythrozyten nur mikroskopisch nachweisbar sind.

Epidemiologie

Die Prävalenz der Hämaturie variiert je nach Population und Untersuchungsmethode. Studien zeigen, dass etwa 2-5% der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens eine Makrohämaturie entwickeln, während die Prävalenz der Mikrohämaturie in Screening-Studien bei bis zu 16% liegt. Die Hämaturie kann in jedem Alter auftreten, jedoch nimmt die Wahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter zu.

Ätiologie

Die Ursachen der Hämaturie sind vielfältig und lassen sich grob in renale, postrenale und systemische Ursachen unterteilen:

  • Renale Ursachen
    • Glomerulonephritiden, Nierensteine, Nierentumoren, Zystennieren.
  • Postrenale Ursachen
    • Harnwegsinfektionen, Blasentumoren, Harnleitersteine, Prostataerkrankungen.
  • Systemische Ursachen
    • Gerinnungsstörungen, Medikamente (z.B. Antikoagulanzien), Traumen.

Klassifikation

Die Hämaturie lässt sich anhand verschiedener Kriterien klassifizieren. Diese Klassifikationen helfen, die Ursache der Hämaturie zu identifizieren und eine gezielte Diagnostik und Therapie einzuleiten.

Nach Sichtbarkeit

  • Makrohämaturie
    ➜ Das Blut im Urin ist mit bloßem Auge sichtbar. Der Urin erscheint rot oder braun, abhängig von der Menge und dem Zustand des Blutes. Dies kann sowohl schmerzhaft als auch schmerzlos sein und deutet oft auf eine signifikante pathologische Ursache hin.
  • Mikrohämaturie
    ➜ Das Blut im Urin ist nur mikroskopisch nachweisbar. Diese Form ist häufig asymptomatisch und wird oft bei Routineuntersuchungen entdeckt. Sie kann auf eine Vielzahl von Erkrankungen hinweisen, einschließlich systemischer Erkrankungen.

Nach der Herkunft der Erythrozyten

  • Glomeruläre Hämaturie
    ➜ Die Erythrozyten stammen aus den Nierenkörperchen (Glomeruli). Diese Zellen erscheinen häufig dysmorph (verändert in Form) aufgrund des Durchtritts durch die glomeruläre Basalmembran. Glomeruläre Hämaturie ist oft mit Proteinurie und anderen Anomalien verbunden und kann auf glomeruläre Erkrankungen wie Glomerulonephritis hinweisen.
  • Nicht-glomeruläre Hämaturie
    ➜ Die Erythrozyten stammen aus dem unteren Harntrakt, wie den Harnleitern, der Blase oder der Harnröhre. Diese Zellen sind meist normomorph (normal geformt). Diese Art der Hämaturie weist oft auf Erkrankungen wie Harnwegsinfektionen, Steine oder Tumore hin.

Nach Dauer und Auftreten

  • Transitorische Hämaturie
    ➜ Vorübergehendes Auftreten von Blut im Urin, oft durch körperliche Anstrengung, Fieber, Infektionen oder Traumata ausgelöst. Diese Form ist häufig selbstlimitierend und bedarf keiner spezifischen Therapie, sofern keine zugrunde liegende Pathologie besteht.
  • Persistierende Hämaturie
    ➜ Anhaltende Präsenz von Blut im Urin über einen längeren Zeitraum, die auf chronische oder ernsthafte Erkrankungen hinweisen kann. Diese Form erfordert eine umfassende diagnostische Abklärung zur Identifikation der zugrunde liegenden Ursache.

Nach Begleitsymptomen

  • Isolierte Hämaturie
    ➜ Hämaturie ohne andere abnorme Befunde wie Proteinurie oder Leukozyturie. Diese Form kann auf gutartige Ursachen hinweisen, muss aber dennoch gründlich abgeklärt werden.
  • Begleitete Hämaturie
    ➜ Hämaturie in Verbindung mit anderen abnormen Urinbefunden wie Proteinurie, Leukozyturie, Pyurie oder Zylindrurie. Diese Begleitbefunde können auf spezifische Krankheitsbilder wie Glomerulonephritis, Infektionen oder systemische Erkrankungen hinweisen.

Eine Hämaturie gilt als ein Warnsignal und muss immer diagnostisch abgeklärt werden.

Symptome und Klinik

Die klinische Präsentation der Hämaturie kann je nach Ursache variieren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Makrohämaturie
    • Sichtbar roter oder brauner Urin, oft ohne Schmerzen.
  • Mikrohämaturie
    • Häufig asymptomatisch, kann jedoch mit anderen Symptomen wie Flankenschmerzen oder Dysurie einhergehen.

Zusätzliche Symptome können auf die zugrunde liegende Ursache hinweisen:

  • Infektionen
    • Fieber, Dysurie, Pollakisurie.
  • Steinerkrankungen
    • Kolikartige Flankenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen.
  • Tumorerkrankungen
    • Gewichtsverlust, Nachtschweiß, allgemeines Krankheitsgefü

Diagnostik

Die Diagnostik der Hämaturie umfasst eine Vielzahl von Untersuchungen:

  • Anamnese und körperliche Untersuchung
    • Einschätzung der Symptome, Familienanamnese, Medikamentenanamnese, Palpation des Abdomens.
  • Urinanalyse
    • Nachweis von Erythrozyten, Leukozyten, Bakterien, Protein, Zylindern.
  • Mikroskopie
    • Unterscheidung zwischen glomerulärer und nicht-glomerulärer Hämaturie anhand der Erythrozytenmorphologie.
  • Bildgebende Verfahren
  • Zystoskopie: Endoskopische Untersuchung der Blase bei Verdacht auf Blasentumoren oder Harnröhrenanomalien.

Therapie

Die Behandlung der Hämaturie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache:

  • Infektionen
    • Antibiotische Therapie basierend auf dem Erregernachweis.
  • Steine
    • Konservative Therapie mit Hydratation und Schmerzmitteln, ggf. interventionelle oder operative Steinentfernung.
  • Tumoren
    • Chirurgische Entfernung, Chemotherapie, Strahlentherapie je nach Tumorart und -stadium.
  • Glomerulonephritiden
    • Immunsuppressive Therapie, Antihypertensiva, Diuretika.

Zusammenfassung

Hämaturie ist ein häufiges Symptom, das eine Vielzahl von Ursachen haben kann, von benignen Zuständen wie Harnwegsinfektionen bis hin zu schwerwiegenden Erkrankungen wie Nieren- oder Blasenkrebs. Eine sorgfältige Diagnostik ist entscheidend, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren und eine adäquate Therapie einzuleiten. Die Behandlung richtet sich nach der spezifischen Ursache und kann von konservativen Maßnahmen bis hin zu chirurgischen Eingriffen reichen.

Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch ersetzt er eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte zusätzlich den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Quellen

  • DocCheck, M. B. (2004, November 14). Hämaturie. Abgerufen 1. Oktober 2023, von DocCheck Flexikon website: https://flexikon.doccheck.com/de/Hämaturie
  • Urban & Fischer Verlag (Hrsg.). (2006). Roche Lexikon Medizin Sonderausgabe (5. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier