Validation nach Naomi Feil

Naomi Feil ist die Begründerin der Validationstechnik, einer personenzentrierten Methode, die darauf abzielt, die emotionale und psychologische Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zu erkennen und zu erfüllen. Diese Technik hat sich als besonders wirksam erwiesen, um das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz zu verbessern und ihre Pflege zu erleichtern.

Hintergrund und Entwicklung

Naomi Feil

  • Naomi Feil wurde 1932 in München geboren und emigrierte später mit ihrer Familie in die USA. Sie wuchs in einem Pflegeheim auf, das von ihren Eltern betrieben wurde, und entwickelte früh ein Interesse an der Pflege älterer Menschen.
  • Sie studierte Sozialarbeit an der Columbia University in New York und spezialisierte sich auf die Arbeit mit älteren Menschen und Menschen mit Demenz.

Entwicklung der Validation

  • In den 1960er Jahren begann Feil, an der Entwicklung der Validationstechnik zu arbeiten. Sie erkannte, dass traditionelle Pflegemethoden oft die emotionalen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz ignorierten.
  • 1982 veröffentlichte sie ihr erstes Buch „Validation: The Feil Method“, das die Grundlagen und Techniken der Validation beschreibt.

Prinzipien der Validation

Die Validation basiert auf mehreren zentralen Prinzipien:

  • Anerkennung und Validierung der Gefühle
    • Die Gefühle und Wahrnehmungen von Menschen mit Demenz werden ernst genommen und als real anerkannt, unabhängig davon, wie unrealistisch sie erscheinen mögen.
  • Empathisches Zuhören
    • Durch empathisches Zuhören und Verstehen wird eine tiefe emotionale Verbindung zum Patienten hergestellt.
  • Vermeidung von Konfrontation
    • Konflikte und Korrekturen werden vermieden, um die Würde und das Selbstwertgefühl des Patienten zu bewahren.
  • Würdigung der Lebensgeschichte
    • Die Vergangenheit und die Lebenserfahrungen des Patienten werden respektiert und in die Pflege einbezogen.
  • Förderung der Kommunikation
    • Patienten werden ermutigt, ihre Gefühle und Gedanken auszudrücken, um innere Konflikte zu lösen.

Techniken der Validation

Naomi Feil entwickelte spezifische Techniken, um die Prinzipien der Validation in der Praxis umzusetzen:

  • Zuhören mit Empathie
    ➜ Aktives und einfühlsames Zuhören, um die Gefühle und Bedürfnisse des Patienten zu verstehen.
  • Spiegeln
    ➜ Wiederholen oder Paraphrasieren der Aussagen des Patienten, um zu zeigen, dass sie gehört und verstanden werden.
  • Verwendung von Erinnerungen
    ➜ Förderung von Gesprächen über die Vergangenheit, um positive Emotionen und Erinnerungen zu wecken.
  • Berührung
    ➜ Einfühlsame Berührungen, um Vertrauen und Sicherheit zu vermitteln.
  • Augenkontakt
    ➜ Halten eines respektvollen Augenkontakts, um eine Verbindung herzustellen und die Aufmerksamkeit des Patienten zu gewinnen.
  • Offene Fragen
    ➜ Stellen von offenen Fragen, die den Patienten ermutigen, mehr über seine Gefühle und Gedanken zu sprechen.

Vorteile der Validation

Die Anwendung der Validationstechniken bietet zahlreiche Vorteile für Patienten mit Demenz und ihre Pflegekräfte:

  • Reduktion von Angst und Stress
    • Indem die Gefühle der Patienten anerkannt werden, können Angst und Stress reduziert werden.
  • Verbesserte Kommunikation
    • Validation fördert eine offenere und effektivere Kommunikation zwischen Patienten und Pflegekräften.
  • Erhöhung des Wohlbefindens
    • Die Anerkennung der Gefühle und Erfahrungen des Patienten kann sein emotionales Wohlbefinden erheblich verbessern.
  • Stärkung des Selbstwertgefühls
    • Validation hilft, das Selbstwertgefühl und die Identität des Patienten zu bewahren.
  • Verminderung herausfordernden Verhaltens
    • Durch die Anerkennung und das Verständnis der emotionalen Bedürfnisse können herausfordernde Verhaltensweisen reduziert werden.

Implementierung der Validation in der Pflegepraxis

Um die Validation erfolgreich in der Pflegepraxis zu implementieren, sind mehrere Schritte erforderlich:

  • Schulung und Fortbildung
    • Pflegekräfte sollten in Validationstechniken geschult werden, um diese effektiv anwenden zu können. Workshops und Fortbildungen sind dabei hilfreich.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit
    • Ein ganzheitlicher Ansatz, der verschiedene Fachbereiche einbezieht, kann die Pflege und Unterstützung von Menschen mit Demenz verbessern.
  • Anpassung an individuelle Bedürfnisse
    • Die Techniken sollten an die individuellen Bedürfnisse und das Stadium der Demenz des Patienten angepasst werden.
  • Kontinuierliche Reflexion und Anpassung
    • Pflegekräfte sollten regelmäßig ihre Erfahrungen reflektieren und die Techniken anpassen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.

Fallbeispiel: Validation nach Naomi Feil

Szenario

Frau Schmidt ist eine 85-jährige Bewohnerin eines Pflegeheims, die an mittelschwerer Demenz leidet. Sie wirkt oft ängstlich und verwirrt und fragt wiederholt nach ihrer Mutter, die schon lange verstorben ist.

Anwendung der Validationstechniken

Situation: Frau Schmidt fragt nach ihrer Mutter

  • Beobachten und Zuhören
    ➜ Pflegekraft: Frau Schmidt sitzt auf ihrem Stuhl, sieht unruhig aus und fragt: „Wo ist meine Mutter? Ich kann sie nicht finden.“
  • Empathisches Zuhören und Spiegeln
    ➜ Pflegekraft: Geht zu Frau Schmidt, hält sanft ihre Hand und sagt: „Sie suchen Ihre Mutter. Sie vermissen sie, nicht wahr?“
  • Verwendung von Erinnerungen und offenen Fragen
    ➜ Pflegekraft: „Erzählen Sie mir von Ihrer Mutter. Wie war sie? Was haben Sie gerne zusammen gemacht?“
  • Validierende Aussagen
    ➜ Pflegekraft: „Das muss sehr schwer für Sie sein, ohne Ihre Mutter. Sie scheint Ihnen sehr wichtig gewesen zu sein.“
  • Beruhigende Berührung und nonverbale Kommunikation
    ➜ Pflegekraft: Hält weiterhin Frau Schmidts Hand, schaut ihr in die Augen und nickt verständnisvoll, während sie spricht.

Ablauf des Gesprächs

Ich kann meine Mutter nicht finden. Wo ist sie?

Frau Schmidt

Sie suchen Ihre Mutter. Sie vermissen sie sehr, stimmt’s?

Pflegekraft

Ja, ich brauche sie. Sie hat immer für mich gesorgt

Frau Schmidt

Ihre Mutter war sehr fürsorglich. Was haben Sie am liebsten mit ihr gemacht?

Pflegekraft

Wir haben zusammen im Garten gearbeitet. Sie hat mir beigebracht, wie man Rosen pflanzt.

Frau Schmidt

Das klingt wunderbar. Ich kann verstehen, dass Sie diese Zeit mit Ihrer Mutter vermissen. Sie müssen sehr stolz auf Ihren Garten gewesen sein.

Pflegekraft

Ja, das war ich. Es war eine schöne Zeit.

Frau Schmidt

Es muss schwer sein, ohne sie zu sein. Ihre Mutter war wirklich etwas Besonderes.

Pflegekraft

Durch diesen Validationsansatz wird Frau Schmidts emotionale Realität anerkannt, ohne sie zu korrigieren oder zu konfrontieren. Die Pflegekraft bietet emotionale Unterstützung, fördert positive Erinnerungen und stärkt Frau Schmidts Selbstwertgefühl.

Vorteile der Anwendung

  • Reduktion von Angst und Stress
    ➜ Frau Schmidt fühlt sich gehört und verstanden, was ihre Ängste mindert.
  • Verbesserte Kommunikation
    ➜ Durch die Validationsmethode öffnet sich Frau Schmidt und teilt wertvolle Erinnerungen.
  • Erhöhung des Wohlbefindens
    ➜ Die Anerkennung ihrer Gefühle und Erfahrungen trägt zu einem besseren emotionalen Zustand bei.

Zusammenfassung

Die Validation nach Naomi Feil bietet eine wirksame Methode zur Unterstützung und Pflege von Menschen mit Demenz. Durch die Anerkennung und Validierung ihrer Gefühle und Wahrnehmungen können Pflegekräfte das emotionale Wohlbefinden der Patienten verbessern und ihre Lebensqualität erhöhen. Eine erfolgreiche Implementierung der Validation erfordert Schulung, Geduld und eine Anpassung an die individuellen Bedürfnisse der Patienten. Durch die Integration dieser Techniken in die tägliche Pflegepraxis können signifikante positive Veränderungen erzielt werden.

Quellen

  • Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Elsevier GmbH (Hrsg.) (2017) PFLEGEN: Grundlagen und Interventionen. 2. Aufl. München: Urban & Fischer in Elsevier.
  • Feil, N. (1992). Validation: The Feil Method. Edward Feil Productions.
  • Feil, N. (2002). The Validation Breakthrough: Simple Techniques for Communicating with People with Alzheimer’s-Type Dementia. Health Professions Press.
  • Teepa Snow (2016). „Positive Approach to Care: Validation Techniques.“
  • Kitwood, T. (1997). Dementia Reconsidered: The Person Comes First. Open University Press.
  • Alzheimer’s Association. „Validation Therapy.“