Pflege bei Parkinson

Die Parkinson-Krankheit ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch den Verlust dopaminerger Neuronen in der Substantia nigra gekennzeichnet ist. Sie führt zu motorischen Symptomen wie Tremor, Bradykinesie, Rigor und posturaler Instabilität sowie zu nicht-motorischen Symptomen. Die Pflege von Parkinson-Patienten erfordert ein multidisziplinäres Team und ein ganzheitliches Pflegekonzept, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Symptome der Parkinson-Krankheit

Motorische Symptome

  • Tremor
    ➜ Zittern, besonders in Ruhe.
  • Bradykinesie
    ➜ Verlangsamung der Bewegungen.
  • Rigor
    ➜ Muskelsteifheit.
  • Posturale Instabilität
    ➜ Gleichgewichtsstörungen.

Nicht-motorische Symptome

  • Kognitive Beeinträchtigungen
    ➜ Gedächtnis- und Denkstörungen.
  • Psychische Symptome
    ➜ Depression, Angst.
  • Autonome Dysfunktionen
    ➜ Verstopfung, orthostatische Hypotonie.
  • Schlafstörungen
    ➜ Insomnie, REM-Schlaf-Verhaltensstörungen.

Pflegeziele

  • Symptommanagement
    ➜ Linderung der motorischen und nicht-motorischen Symptome.
  • Förderung der Selbstständigkeit
    ➜ Erhaltung und Verbesserung der Alltagsfähigkeiten.
  • Unterstützung der Lebensqualität
    ➜ Psychosoziale Unterstützung und Förderung des Wohlbefindens.
  • Bildung und Beratung
    ➜ Aufklärung der Patienten und ihrer Angehörigen über die Krankheit und deren Management.

Pflegerische Maßnahmen

Medikamentenmanagement

  • Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Medikation.
  • Überwachung von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen.
  • Unterstützung bei der Einnahme von Medikamenten, insbesondere bei Schluckstörungen.

Physiotherapie

  • Förderung der Mobilität und Verbesserung der motorischen Funktionen.
  • Übungen zur Verbesserung von Gleichgewicht und Koordination.
  • Training zur Reduzierung von Muskelsteifheit und Verbesserung der Beweglichkeit.

Ergotherapie

  • Unterstützung bei der Durchführung von Alltagsaktivitäten (ADLs).
  • Anpassung des häuslichen Umfelds zur Förderung der Sicherheit und Selbstständigkeit.
  • Training und Hilfsmittel zur Erleichterung von Aufgaben wie Anziehen, Essen und Hygiene.

Logopädie

  • Verbesserung der Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten.
  • Unterstützung bei Schluckstörungen (Dysphagie) durch Schlucktraining und Anpassung der Ernährung.

Psychosoziale Unterstützung

  • Beratung und Unterstützung bei Depression, Angst und anderen psychischen Symptomen.
  • Förderung sozialer Interaktionen und Aktivitäten.
  • Unterstützung und Schulung für Angehörige und Pflegepersonen.

Ernährungsmanagement

  • Ausgewogene Ernährung zur Unterstützung der allgemeinen Gesundheit.
  • Anpassung der Nahrung bei Schluckstörungen und Gewichtsverlust.
  • Überwachung der Flüssigkeitsaufnahme zur Vermeidung von Dehydrierung.

Schlafmanagement

  • Förderung eines regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus.
  • Schaffung eines ruhigen und komfortablen Schlafumfelds.
  • Management von Schlafstörungen durch nicht-pharmakologische und pharmakologische Ansätze.

Autonome Funktionen

  • Management von Blasen- und Darmproblemen, z.B. durch regelmäßige Toilettengänge und ballaststoffreiche Ernährung.
  • Maßnahmen zur Vermeidung von orthostatischer Hypotonie, z.B. durch langsames Aufstehen und Kompressionsstrümpfe.

Schulung und Aufklärung

  • Patientenschulung
    • Informationen über die Krankheit, Behandlungsmöglichkeiten und Selbstmanagementstrategien.
  • Angehörigenschulung
    • Unterstützung und Informationen zur Pflege und zum Umgang mit den Herausforderungen der Krankheit.
  • Kontinuierliche Fortbildung des Pflegepersonals
    • Aktuelle Informationen zu Pflegepraktiken und therapeutischen Entwicklungen.

Multidisziplinäre Zusammenarbeit

Die Pflege von Parkinson-Patienten erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Berufsgruppen, darunter Neurologen, Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen und Sozialarbeiter. Regelmäßige Teammeetings und ein koordinierter Pflegeplan sind entscheidend für eine optimale Versorgung.

Forschung und Evidenzbasierte Praxis

Aktuelle Forschungsergebnisse sollten kontinuierlich in die Pflegepraxis integriert werden. Dies umfasst die Nutzung evidenzbasierter Leitlinien und die Teilnahme an Fortbildungen und Schulungen zu neuen therapeutischen Ansätzen und Pflegemethoden.

Fallbeispiel: Pflege bei Parkinson

Patientenvorstellung

Herr Müller ist ein 70-jähriger Mann, der seit fünf Jahren mit der Diagnose Parkinson lebt. Er ist verwitwet und lebt alleine in einer kleinen Wohnung. Seine Kinder wohnen weit entfernt, aber sie besuchen ihn regelmäßig. Herr Müller war früher Lehrer und ist noch immer geistig sehr rege, obwohl er körperlich zunehmend eingeschränkt ist.

Anamnese und Diagnose

Medizinische Anamnese

  • Diagnose
    ➜ Parkinson-Krankheit vor fünf Jahren diagnostiziert.
  • Symptome
    ➜ Tremor (vor allem in den Händen), Muskelsteifheit, Bradykinesie (verlangsamte Bewegungen), posturale Instabilität.
  • Medikamente
    ➜ Levodopa, Carbidopa, Amantadin.
  • Komorbiditäten
    ➜ Leichte arterielle Hypertonie, beginnende Osteoporose.
  • Klinische Befunde
    ➜ Der Patient zeigt eine fortschreitende Verschlechterung der motorischen Funktionen und hat Schwierigkeiten beim Gehen und Stehen.

Psychosoziale Anamnese

  • Lebenssituation
    ➜ Lebt alleine, Kinderbesuch erfolgt regelmäßig.
  • Soziale Unterstützung
    ➜ Begrenzte Unterstützung durch Nachbarn und Freunde.
  • Psychoemotionale Lage
    ➜ Gelegentliche depressive Verstimmungen, aber insgesamt optimistisch und kooperativ.

Pflegeziele

In der Pflegeplanung wurden für Herrn Müller folgende Pflegeziele definiert:

  • Verbesserung der Mobilität
    ➜ Maximale Erhaltung der Selbstständigkeit bei alltäglichen Aktivitäten.
  • Schmerzlinderung
    ➜ Management von Muskelsteifheit und Schmerz.
  • Sturzprävention
    ➜ Reduktion des Sturzrisikos durch Sicherheitsmaßnahmen und Training.
  • Förderung der sozialen Interaktion
    ➜ Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und Beteiligung an Gemeinschaftsaktivitäten.
  • Unterstützung der Medikationstreue
    ➜ Sicherstellung der korrekten Einnahme der Medikamente.

Pflegemaßnahmen

Mobilität

  • Physiotherapie
    ➜ Regelmäßige physiotherapeutische Übungen zur Förderung der Beweglichkeit und Muskelkraft.
  • Hilfsmittel
    ➜ Bereitstellung und Anpassung von Gehhilfen (z.B. Rollator).
  • Umgebungsgestaltung
    ➜ Anpassungen im Wohnbereich, um Stolperfallen zu beseitigen und die Bewegungsfreiheit zu erhöhen.

Schmerzlinderung

  • Wärmetherapie
    ➜ Anwendung von warmen Kompressen zur Entspannung der Muskulatur.
  • Medikamentöse Therapie
    ➜ Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt zur Optimierung der Schmerzmedikation.

Sturzprävention

  • Balance-Training
    ➜ Durchführung von Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts.
  • Sturzsicherungen
    ➜ Installation von Haltegriffen und rutschfesten Matten im Badezimmer und anderen kritischen Bereichen.

Soziale Interaktion

  • Tagesstrukturierung
    ➜ Unterstützung bei der Planung und Durchführung von täglichen Aktivitäten und sozialen Treffen.
  • Gruppenaktivitäten
    ➜ Teilnahme an Parkinson-Selbsthilfegruppen oder anderen sozialen Gruppen fördern.

Medikationstreue

  • Medikationsplan
    ➜ Erstellung eines leicht verständlichen Medikamentenplans.
  • Erinnerungshilfen
    ➜ Einsatz von Alarmen oder speziellen Medikamentendosiersystemen zur rechtzeitigen Einnahme.

Evaluation

Kriterien zur Bewertung der Pflegeziele:

  • Mobilität
    ➜ Beobachtung und Dokumentation der Beweglichkeit und Selbstständigkeit bei alltäglichen Aktivitäten. Evaluation der Fortschritte durch regelmäßige physiotherapeutische Bewertungen.
  • Schmerzlinderung
    ➜ Bewertung des Schmerzniveaus mittels standardisierter Skalen und Anpassung der Schmerzmanagementstrategien bei Bedarf.
  • Sturzprävention
    ➜ Überwachung der Sturzhäufigkeit und Analyse der Ursachen für eventuelle Stürze. Anpassung der Sicherheitsmaßnahmen entsprechend.
  • Soziale Interaktion
    ➜ Rückmeldungen des Patienten und seiner Angehörigen zur Zufriedenheit mit der sozialen Beteiligung und Teilnahme an Aktivitäten.
  • Medikationstreue
    ➜ Kontrolle der korrekten und rechtzeitigen Medikamenteneinnahme durch regelmäßige Überprüfung und Gespräche mit dem Patienten.

Zusammenfassung

Die Pflege von Parkinson-Patienten erfordert ein umfassendes und individualisiertes Pflegekonzept, das sowohl die motorischen als auch die nicht-motorischen Symptome adressiert. Durch eine multidisziplinäre Zusammenarbeit und evidenzbasierte Pflegeansätze kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessert werden.

Quellen

  • Olanow, C.W., & Stocchi, F. (2011). Movement Disorders: A Comprehensive Survey. Saunders.Kandel, E.R., Schwartz, J.H., & Jessell, T.M. (2013). Principles of Neural Science. McGraw-Hill.
  • Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Elsevier GmbH (Hrsg.) (2017) PFLEGEN: Grundlagen und Interventionen. 2. Aufl. München: Urban & Fischer in Elsevier.
  • Haupt, W. F., & Gouzoulis-Mayfrank, E. (2016). Neurologie und Psychiatrie für Pflegeberufe (W. F. Haupt & E. Gouzoulis-Mayfrank, Hrsg.; 11. Aufl.). Thieme.
  • Jankovic, J. (2008). Parkinson’s disease: clinical features and diagnosis. Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 79(4), 368-376. doi:10.1136/jnnp.2007.131045Goetz, C.G., & Pal, G. (2014). Initial management of Parkinson’s disease. BMJ, 349, g6258. doi:10.1136/bmj.g6258
  • Mayo Clinic. (2023). Parkinson’s disease: Care at Mayo Clinic.. Verfügbar unter: https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/parkinsons-disease/care-at-mayo-clinic (Zugegriffen: 7. Juli 2024).