Aktivitäten und Existentielle Erfahrungen des Lebens (AEDL) nach Krohwinkel

Monika Krohwinkel entwickelte ein Pflegemodell, das sich auf die Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) konzentriert. Ihr Modell, auch als „Krohwinkel-Modell“ bekannt, basiert auf einer erweiterten Sicht der ATL, um die Pflegebedürfnisse umfassend und individuell zu erfassen und zu unterstützen. Dieses AEDL-Modell stellt den Patienten in den Mittelpunkt und betont die Förderung von Selbstständigkeit und Lebensqualität.

Hintergrund

Monika Krohwinkel entwickelte ihr Modell der „Aktivitäten und Existentielle Erfahrungen des Lebens AEDL“ in den 1980er Jahren. Ihr Modell basiert auf den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Pflegebedürftigen und betont die Förderung der Selbstständigkeit und Lebensqualität. Es stellt eine Erweiterung und Anpassung der bereits existierenden Modelle von Nancy Roper und Liliane Juchli dar, integriert jedoch zusätzliche Aspekte und Kategorien.

Die 13 AEDL – Aktivitäten und Existentielle Erfahrungen des Lebens

Kommunizieren

  • Ziel
    ➜ Förderung der Fähigkeit zur Informationsübermittlung und Interaktion.
  • Beispiele
    ➜ Gespräche führen, Telefonieren, Schriftverkehr.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Unterstützung bei Kommunikationsschwierigkeiten, Nutzung von Kommunikationshilfen, Förderung von sozialen Kontakten.

Sich bewegen

  • Ziel
    ➜ Erhaltung und Förderung der Mobilität.
  • Beispiele
    ➜ Gehen, Treppensteigen, Lagewechsel im Bett.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Mobilisationsübungen, Bereitstellung von Gehhilfen, Anleitung zu Bewegungsübungen.

Vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten

  • Ziel
    ➜ Sicherstellung der grundlegenden Lebensfunktionen.
  • Beispiele
    ➜ Atmen, Kreislauffunktionen, Temperaturregulation.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Überwachung der Vitalzeichen, Atemübungen, Temperaturkontrolle.

Sich pflegen

  • Ziel
    ➜ Förderung der Selbstpflege und Hygiene.
  • Beispiele
    ➜ Waschen, Zähneputzen, Frisieren.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Unterstützung bei der Körperpflege, Bereitstellung von Pflegeutensilien, Anleitung zur Selbstpflege.

Essen und Trinken

  • Ziel
    ➜ Sicherstellung einer ausreichenden Ernährung und Flüssigkeitszufuhr.
  • Beispiele
    ➜ Mahlzeiten zubereiten, Getränke einschenken, Nahrung aufnehmen.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Essensvorbereitung, Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme, Überwachung der Flüssigkeitszufuhr.

Ausscheiden

  • Ziel
    ➜ Unterstützung und Förderung der natürlichen Ausscheidungsprozesse.
  • Beispiele
    ➜ Toilettengang, Blasen- und Darmentleerung.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Hilfe beim Toilettengang, Bereitstellung von Inkontinenzmaterialien, Überwachung der Ausscheidung.

Sich kleiden

  • Ziel
    ➜ Förderung der Selbstständigkeit beim Ankleiden.
  • Beispiele
    ➜ Kleidung auswählen, an- und ausziehen.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Unterstützung beim Ankleiden, Bereitstellung geeigneter Kleidung, Anleitung zur selbstständigen Durchführung.

Ruhen und schlafen

  • Ziel
    ➜ Sicherstellung einer ausreichenden Erholung und eines gesunden Schlafs.
  • Beispiele
    ➜ Schlafen, Ruhen, Entspannen.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Schaffung einer ruhigen Umgebung, Unterstützung bei Schlafproblemen, Entspannungstechniken.

Sich beschäftigen

  • Ziel
    ➜ Förderung der Selbstverwirklichung und Zufriedenheit durch sinnvolle Beschäftigungen.
  • Beispiele
    ➜ Hobbys, soziale Aktivitäten, Arbeit.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten, Motivation zur Teilnahme an Hobbys, Förderung sozialer Interaktionen.

Sich als Mann/Frau fühlen und verhalten

  • Ziel
    ➜ Unterstützung bei der Pflege der eigenen Identität und Sexualität.
  • Beispiele
    ➜ Geschlechtsspezifische Identität, Sexualität.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Gesprächsangebote zu Fragen der Sexualität, Unterstützung bei der Pflege des äußeren Erscheinungsbildes.

Für eine sichere Umgebung sorgen

  • Ziel
    ➜ Schaffung und Erhaltung einer sicheren Umgebung.
  • Beispiele
    ➜ Unfallprävention, Sicherheit im häuslichen Umfeld.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Gefahrenquellen identifizieren und beseitigen, Sicherheitsvorkehrungen treffen, Sturzprävention.

Soziale Bereiche des Lebens sichern

  • Ziel
    ➜ Sicherstellung der sozialen Integration und Teilnahme am Gemeinschaftsleben.
  • Beispiele
    ➜ Soziale Kontakte, Teilnahme an Gemeinschaftsaktivitäten.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Unterstützung bei der Pflege sozialer Kontakte, Teilnahme an kulturellen und sozialen Veranstaltungen, Förderung der sozialen Integration.

Mit existenziellen Erfahrungen des Lebens umgehen

  • Ziel
    ➜ Unterstützung bei der Bewältigung von Krisen und existenziellen Herausforderungen.
  • Beispiele
    ➜ Krankheit, Trauer, Tod.
  • Beispielhafte Pflegeinterventionen
    ➜ Seelsorgerische Unterstützung, Gesprächsangebote, Unterstützung in Trauersituationen.

Anwendung in der Pflegepraxis

Pflegeanamnese

  • Ziel
    ➜ Systematische Erfassung der individuellen Pflegebedürfnisse eines Patienten.
  • Vorgehen
  • Einsatz der 13 ATL-Kategorien
    ➜ Durch gezielte Fragen und Beobachtungen werden die Fähigkeiten und Bedürfnisse des Patienten in jedem der 13 Lebensbereiche erfasst.
  • Dokumentation
    ➜ Alle relevanten Informationen werden detailliert dokumentiert, um eine fundierte Basis für die Pflegeplanung zu schaffen.
  • Beispiel
    • Kommunikation
      ➜ Erfassen der Sprachfähigkeiten und eventueller Kommunikationsschwierigkeiten.
    • Mobilität
      ➜ Beobachtung der Gehfähigkeit und des Bedarfs an Gehhilfen.

Pflegeplanung

  • Ziel
    ➜ Erstellung individueller Pflegepläne basierend auf den Ergebnissen der Pflegeanamnese.
  • Vorgehen
    • Festlegung von Pflegezielen
      ➜ Basierend auf den erhobenen Daten werden realistische und erreichbare Pflegeziele formuliert.
    • Planung von Pflegeinterventionen
      ➜ Auswahl geeigneter Maßnahmen zur Förderung der Selbstständigkeit und Lebensqualität des Patienten.
  • Beispiel
    • Ziel
      ➜ Verbesserung der Gehfähigkeit.
    • Interventionen
      ➜ Tägliche Mobilisationsübungen, Bereitstellung eines Rollators, regelmäßige Gehübungen unter Aufsicht.

Pflegediagnosen

  • Ziel
    ➜ Identifikation von spezifischen Pflegeproblemen und -ressourcen.
  • Vorgehen
    • Analyse der Anamnesedaten
      ➜ Systematische Analyse der erhobenen Daten zur Identifikation von Pflegeproblemen.
    • Formulierung von Diagnosen
      ➜ Klare und präzise Formulierung der Pflegediagnosen, um gezielte Interventionen zu ermöglichen.
  • Beispiel
    • Diagnose
      ➜ Eingeschränkte Mobilität aufgrund von Arthrose.
    • Interventionen
      ➜ Schmerzmanagement, physiotherapeutische Maßnahmen, ergonomische Anpassungen im Wohnumfeld.

Pflegeinterventionen

  • Ziel
    ➜ Durchführung von Maßnahmen, die auf den individuellen Bedarf des Patienten abgestimmt sind.
  • Vorgehen
    • Durchführung geplanter Maßnahmen
      ➜ Regelmäßige Umsetzung der im Pflegeplan festgelegten Interventionen.
    • Evaluation und Anpassung
      ➜ Kontinuierliche Überwachung des Fortschritts und Anpassung der Maßnahmen bei Bedarf.
  • Beispiel
    • Intervention
      ➜ Unterstützung beim Ankleiden.
    • Durchführung
      ➜ Bereitstellung geeigneter Kleidung, Anleitung zur selbstständigen Durchführung, gegebenenfalls Hilfestellung.

Evaluation

  • Ziel
    ➜ Überprüfung der Wirksamkeit der durchgeführten Pflegeinterventionen und Anpassung des Pflegeplans.
  • Vorgehen
    • Regelmäßige Evaluation
      ➜ Regelmäßige Überprüfung der erzielten Fortschritte anhand der festgelegten Pflegeziele.
    • Anpassung der Pflegeplanung
      ➜ Anpassung der Pflegeziele und Interventionen basierend auf den Evaluationsergebnissen.
  • Beispiel
    • Evaluation
      ➜ Überprüfung der Gehfähigkeit nach einem Monat.
    • Anpassung
      ➜ Bei fehlendem Fortschritt werden zusätzliche physiotherapeutische Maßnahmen in den Pflegeplan aufgenommen.

Vorteile des ATL-Modells

  • Ganzheitlicher Ansatz
    • Das Modell berücksichtigt alle wesentlichen Aspekte des täglichen Lebens und fördert eine umfassende Pflege.
  • Individuelle Pflege
    • Ermöglicht eine auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Patienten abgestimmte Pflegeplanung.
  • Förderung der Selbstständigkeit
    • Unterstützt die Patienten dabei, ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern.

Schulung und Weiterbildung

  • Grundlagenschulungen
    • Einführung in das Konzept der ATL nach Krohwinkel für neue Pflegekräfte.
  • Fortgeschrittenenkurse
    • Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit spezifischen ATL-Kategorien.
  • Zertifizierungen
    • Möglichkeit zur Zertifizierung in der Anwendung der ATL für qualifiziertes Pflegepersonal.

Zusammenfassung

Das Modell der Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) nach Monika Krohwinkel bietet eine umfassende und ganzheitliche Grundlage für die Pflegeplanung und -durchführung. Durch die Berücksichtigung von 13 zentralen Lebensbereichen können Pflegekräfte die individuellen Bedürfnisse der Patienten besser erfassen und gezielt darauf eingehen. Dies fördert die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Pflegebedürftigen und unterstützt das Pflegepersonal bei der effektiven und patientenzentrierten Pflege.

Quellen

  • Krohwinkel, M. (1993). Pflegewissenschaft und Pflegepraxis. Urban & Schwarzenberg.
  • Fiechter, V., & Meier, C. (1998). Pflegeplanung Schritt für Schritt: Eine praxisnahe Anleitung. Huber.
  • Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Pearson, A., Vaughan, B., & Fitzgerald, M. (2005). Nursing Models for Practice. Elsevier Health Sciences.
  • Wilson, H. S. (2007). Research in Nursing. Addison Wesley Publishing Company