Christoph Abderhalden

Christoph Abderhalden
Name
Christoph Abderhalden
Beruf
Psychiatriepfleger, Pflegewissenschaftler
Geboren
02.03.1954 in Bern, Schweiz
Gestorben
10.03.2013 in Bern, Schweiz
Begründung
Brøset Violence Checklist

Christoph Abderhalden (1954 – 2013) war eine herausragende Persönlichkeit im Bereich der psychiatrischen Pflege sowie Pflegewissenschaftler und Direktor für Pflege und Pädagogik der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD). Mit seinen wegweisenden Arbeiten und seinem Engagement für die Professionalisierung und Weiterentwicklung dieses Bereichs hat er einen bedeutenden Einfluss auf die Pflegepraxis und die Ausbildung von Pflegekräften ausgeübt.

Frühes Leben und Ausbildung

Christoph Abderhalden wurde am 02. März 1954 in Bern, Schweiz, geboren. Nach dem Abschluss seiner Grundausbildung entschied er sich, in die Gesundheits- und Krankenpflege einzusteigen. Seine Berufswahl wurde durch ein starkes Interesse an den psychischen Gesundheitsbedürfnissen von Menschen und der Wunsch, in diesem Bereich zu helfen, geprägt. Er absolvierte seine Ausbildung zum Pflegefachmann in Zürich und spezialisierte sich früh auf die psychiatrische Pflege.

Karriere und Beiträge

Abderhalden begann seine Karriere als Pflegefachmann in verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen. Schon früh erkannte er die Notwendigkeit einer besseren Ausbildung und eines tieferen Verständnisses der psychischen Gesundheit innerhalb der Pflegeberufe. Seine Arbeit war stets darauf ausgerichtet, die Pflegequalität zu verbessern und den Pflegekräften Werkzeuge an die Hand zu geben, um effektiver und einfühlsamer arbeiten zu können.

Im Jahr 1976 erhielt er das schweizerische Diplom als Fachkrankenpfleger für Psychiatrie. Daraufhin absolvierte er erfolgreich Weiterbildungen zum Lehrer für Krankenpflege sowie zum Pflegeexperten Höhere Fachausbildung Stufe II, beide im Jahr 1983. 1999 erlangte Abderhalden den akademischen Titel eines Master of Nursing Science an der Rijksuniversiteit Maastricht in den Niederlanden, nachdem er zuvor einige Semester am WE’G Weiterbildungszentrum für Gesundheitsberufe (heute Careum Weiterbildung) des Schweizerischen Roten Kreuzes in Aarau studiert hatte. 2008 promovierte Christoph Abderhalden ebenfalls an der Rijksuniversiteit Maastricht mit einer Dissertation zum Thema „Gewaltrisiko auf Akutstationen“.

Nach seiner Tätigkeit als Psychiatriepfleger in den Kliniken Wil und Herisau arbeitete Abderhalden bis 1998 als Lehrer für Krankenpflege in Herisau und Pflegeexperte in Embrach. Bis 2003 war er am WE’G Weiterbildungszentrum für Gesundheitsberufe des Schweizerischen Roten Kreuzes in Aarau beschäftigt. Seit 2003 leitete Abderhalden die Abteilung Forschung/Entwicklung Pflege und Pädagogik in den Universitären Psychiatrischen Diensten (UPD) in Bern. Am 1. Mai 2010 wurde er zum Direktor dieser Abteilung ernannt. In dieser Position war er auch für die kantonale Psychiatrieplanung des Kantons Bern zuständig. Zudem übernahm er eine Lehrtätigkeit für psychiatrische Pflege an der Universität Basel.

Bedeutung

Christoph Abderhalden war ein bedeutender Mitgestalter eines Lehrbuchs für psychiatrische Pflege. Als Mitglied des Komitees des Dreiländerkongresses für Psychiatrische Pflege förderte er aktiv die Vernetzung der europäischen psychiatrischen Pflege durch sein Engagement in der European Violence in Psychiatry Research Group. Er war zudem Teil des Herausgeberteams der seit 2007 erscheinenden Online-Zeitschrift für Pflegewissenschaft und psychische Gesundheit.

Abderhalden verfasste zahlreiche Publikationen zu Themen wie Aggressionsmanagement in der psychiatrischen Pflege, Bezugspflege und Suizidalität. Er galt als Pionier für die Einbeziehung der Betroffenen in die Therapieplanung und Behandlung sowie bei der Entwicklung von Recovery, einer Weiterentwicklung des Salutogenese-Ansatzes von Aaron Antonovsky.

Er setzte sich leidenschaftlich für die Etablierung patientenorientierter Pflegesysteme, wie der Bezugspflege und dem Primary Nursing, ein. In diesem Zusammenhang entwickelte und popularisierte er das Instrument zur Erfassung von Pflegesystemen (IzEP). Abderhalden prägte zusammen mit Hilde Schädle-Deininger die psychiatrische Pflege im deutschsprachigen Raum erheblich.

In enger Zusammenarbeit mit Johann Behrens, der die psychiatrische Pflege an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entwickelte, stützte sich Abderhalden in seinen Arbeiten auf die Pflegetheorie von Nancy Roper, Winifred Logan und Alison Tierney und machte diese für die psychiatrische Pflege nutzbar.

Gewaltprävention

Ein herausragendes Werk von Abderhalden ist die Entwicklung des Brøset Violence Checklist (BVC). Dieses Instrument hilft Pflegekräften, das Risiko von gewalttätigem Verhalten bei Patienten frühzeitig zu erkennen und entsprechende präventive Maßnahmen zu ergreifen. Die Einführung des BVC hat in vielen Einrichtungen zu einer signifikanten Reduktion von Gewaltvorfällen geführt und die Sicherheit sowohl der Patienten als auch des Pflegepersonals erhöht.

Ausbildung und Lehre

Neben seiner Forschungstätigkeit war Christoph Abderhalden auch in der Lehre tätig. Er lehrte an verschiedenen Hochschulen und trug zur Entwicklung von Lehrplänen bei, die speziell auf die Bedürfnisse der psychiatrischen Pflege ausgerichtet waren. Seine Lehrmethoden und -inhalte wurden weithin anerkannt und trugen zur Verbesserung der Ausbildung von Pflegekräften bei.

Auszeichnungen und Anerkennungen

Für seine Verdienste in der psychiatrischen Pflege wurde Abderhalden mehrfach ausgezeichnet. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht, und er war ein gefragter Redner auf internationalen Konferenzen. Zu den Auszeichnungen zählen der Preis für herausragende Forschung in der Pflege sowie mehrere Ehrungen von Fachgesellschaften im Bereich der Psychiatrie.

Publikationen

Als Autor

  • Psychiatrische Krankenpflege und Soziotherapie. Überlegungen zum Berufsbild und zur Berufskonzeption der psychiatrischen Krankenpflege. Recom, Basel, 1986.
  • The Systematic Assessment of the Short-term Risk for Patient Violence on Acute Psychiatric Wards. University Press, Maastricht, 2008 (Dissertation).
  • Mit Manfred Wolfersdorf: „Ist da was schief gelaufen?“, in: PsychPflege, 2012, 18(2), S. 62–63, ISSN 0949-1619.

Als Herausgeber

  • Mit Dorothea Sauter, Ian Needham, Stephan Wolff: Lehrbuch Psychiatrische Pflege. Hans Huber, Bern, 2004; 3. Auflage, 2011. Darin: Christoph Abderhalden: „Auffassung von Pflege“, S. 43–56; „Zusammenarbeit mit Psychiatrie-Erfahrenen und Unterstützung der Selbsthilfe“, S. 159–181; „Coping“, S. 682–696.
  • Mitherausgeber der deutschen Ausgabe: Rachel Perkins, Miles Rinaldi: Das Leben wieder in den Griff bekommen. Ein Handbuch zur Planung deiner eigenen Recovery. Universitäre Psychiatrische Dienste, Bern, 2010; 4. Auflage, 2014.
  • Mit Sabine Hahn, Ian Needham, Michael Schulz, Susanne Schoppmann, Harald Stefan: Psychiatrische Pflege vernetzt. Mit Betroffenen und Angehörigen, im Versorgungssystem, in Forschung und Entwicklung, in der Gesellschaft. Vorträge, Workshops und Posterpräsentationen. 8. Dreiländerkongress Pflege in der Psychiatrie in Bern. Universitäre Psychiatrische Dienste, Bern, 2011.

Nachhaltige Wirkung

Christoph Abderhaldens Einfluss auf die psychiatrische Pflege ist nachhaltig. Die von ihm entwickelten Instrumente und Methoden werden weltweit angewendet und haben die Pflegepraxis grundlegend verbessert. Seine Bemühungen zur Gewaltprävention haben nicht nur die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessert, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung erhöht.

Tod und Vermächtnis

Christoph Abderhalden verstarb am 10. März 2013 an einer Krebserkrankung. Sein Tod hinterließ eine große Lücke in der psychiatrischen Pflegegemeinschaft. Die von ihm initiierten Projekte und seine zahlreichen Veröffentlichungen hinterlassen jedoch ein bleibendes Vermächtnis. Seine Methoden zur Gewaltprävention und seine Beiträge zur Pflegeausbildung werden weiterhin in vielen Ländern genutzt und weiterentwickelt.

Zusammenfassung

Christoph Abderhalden ist ein Pionier in der psychiatrischen Pflege, dessen Arbeit weit über seine unmittelbaren beruflichen Kreise hinaus Wirkung gezeigt hat. Durch seine Forschung, seine Lehrtätigkeit und sein unermüdliches Engagement hat er die psychiatrische Pflege entscheidend geprägt. Seine Beiträge zur Gewaltprävention und zur Ausbildung von Pflegekräften sind von unschätzbarem Wert und werden auch in Zukunft die Praxis der psychiatrischen Pflege beeinflussen.

Quellen

  • Abderhalden, C., Needham, I., Dassen, T., Haug, H. J., & Fischer, J. E. (2006). Predicting inpatient violence using an extended version of the Brøset-Violence-Checklist: instrument development and clinical application. BMC Psychiatry, 6(1), 17
  • Needham, I., Abderhalden, C., Halfens, R. J., Fischer, J. E., & Dassen, T. (2005). Non-somatic effects of patient aggression on nurses: a systematic review. Journal of Advanced Nursing, 49(3), 283-296
  • Abderhalden, C., Needham, I., Dassen, T., & Haug, H. J. (2008). Structured risk assessment and violence in acute psychiatric wards: randomised controlled trial. The British Journal of Psychiatry, 193(1), 44-50.