Myopie, allgemein bekannt als Kurzsichtigkeit, ist eine refraktive Sehfehlerkrankung, die weltweit an Prävalenz zunimmt und besonders in urbanisierten und technologisch fortgeschrittenen Gesellschaften eine signifikante gesundheitliche Herausforderung darstellt. Patienten mit Myopie können Objekte in der Ferne unscharf sehen, während sie nahe gelegene Objekte klar wahrnehmen. Die zunehmende Prävalenz und das wachsende Bewusstsein für die langfristigen Komplikationen dieser Erkrankung machen es unerlässlich, ein tiefgehendes Verständnis der Myopie zu entwickeln.
Definition
Myopie, auch als Kurzsichtigkeit bekannt, ist ein refraktiver Sehfehler, bei dem das Auge entfernte Objekte unscharf wahrnimmt, während nahe Objekte klar gesehen werden. Dies tritt auf, wenn das Licht vor der Netzhaut fokussiert wird, meist aufgrund eines zu langen Augapfels oder einer übermäßigen Brechkraft der Hornhaut und Linse. Die Myopie kann im Laufe des Lebens fortschreiten und erfordert oft Korrekturen wie Brillen, Kontaktlinsen oder chirurgische Eingriffe.
Epidemiologie
Myopie betrifft weltweit etwa 1,4 Milliarden Menschen und die Prävalenz nimmt in vielen Ländern rasant zu, insbesondere in städtischen Regionen Deutschlands. Studien zeigen, dass etwa 25-35% der Erwachsenen in Deutschland an Myopie leiden, wobei diese Rate unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen sogar höher liegen kann. Die zunehmende Verbreitung von Myopie in den letzten Jahrzehnten wird teilweise auf veränderte Lebensgewohnheiten, wie den vermehrten Einsatz digitaler Geräte und weniger Zeit im Freien, zurückgeführt.. Die Erkrankung tritt häufig im Schulalter auf und entwickelt sich oft bis zum frühen Erwachsenenalter weiter. Besonders besorgniserregend ist die zunehmende Häufigkeit der sogenannten „hochgradigen Myopie“ (mehr als -6 Dioptrien), die mit einem höheren Risiko für schwere Augenerkrankungen wie Netzhautablösungen, Glaukom und myopische Makulopathie einhergeht.
Ätiologie
Die Ätiologie der Myopie ist komplex und umfasst eine Vielzahl von genetischen, anatomischen und umweltbedingten Faktoren. Grundsätzlich wird die Myopie in zwei Haupttypen unterteilt: Achsenmyopie und Brechungsmyopie (auch Refraktionsmyopie genannt). Diese beiden Formen der Myopie haben unterschiedliche Entstehungsmechanismen, die im Folgenden detailliert beschrieben werden.
Achsenmyopie
Achsenmyopie entsteht durch eine Verlängerung des Augapfels (axiale Länge) und stellt eine hereditäre Bulbusanomalie dar. Das Auge ist in diesem Fall zu lang, wodurch das Licht, das durch die Hornhaut und Linse eintritt, vor der Netzhaut fokussiert wird. Diese Form der Myopie ist die häufigste und tritt häufig im Kindes- und Jugendalter auf.
Pathologische Myopie
Pathologische Myopie, auch degenerative Myopie genannt, ist eine fortschreitende und schwerwiegende Form der Achsenmyopie. Sie ist durch eine übermäßige Verlängerung des Augapfels gekennzeichnet, die über die typische Myopie hinausgeht und oft mit degenerativen Veränderungen des Auges verbunden ist.
- Merkmale
➜ Patienten mit pathologischer Myopie haben häufig eine axiale Länge des Augapfels von über 26 mm und eine Myopie von mehr als -6 Dioptrien. Die Erkrankung kann im Laufe der Zeit fortschreiten und das Risiko für schwerwiegende Komplikationen wie Netzhautablösung, myopische Makulopathie und Glaukom erhöhen. - Ursachen
➜ Die genaue Ursache der pathologischen Myopie ist nicht vollständig verstanden, aber genetische Faktoren spielen eine wesentliche Rolle. Eine familiäre Häufung dieser Erkrankung ist häufig zu beobachten. Umweltfaktoren wie intensives Nahsehen können ebenfalls zur Progression beitragen, jedoch ist der primäre Mechanismus die übermäßige Verlängerung des Augapfels. - Klinische Bedeutung
➜ Pathologische Myopie erfordert eine engmaschige Überwachung durch Augenärzte, da die assoziierten Komplikationen das Sehvermögen erheblich gefährden können. Die Behandlung zielt darauf ab, das Fortschreiten zu verlangsamen und Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
Brechungsmyopie (Refraktionsmyopie)
Brechungsmyopie tritt auf, wenn das optische System des Auges, bestehend aus Hornhaut und Linse, zu stark bricht, sodass das einfallende Licht vor der Netzhaut fokussiert wird, obwohl der Augapfel eine normale Länge hat. Diese Form der Myopie ist seltener als die Achsenmyopie und kann durch verschiedene anatomische und physiologische Anomalien verursacht werden.
Transitorische Myopie
Transitorische Myopie ist eine vorübergehende Sonderform der Brechungsmyopie, die durch reversible Veränderungen in der Brechkraft des Auges verursacht wird. Diese Art der Myopie ist nicht permanent und kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden.
- Ursachen
➜ Transitorische Myopie kann durch eine Schwellung der Linse infolge systemischer Erkrankungen wie Diabetes mellitus, durch die Einnahme bestimmter Medikamente (Antibiotika, Diuretika oder Steroide), Überbeanspruchung des Auges oder Drogenkonsum, verursacht werden. Auch physiologische Veränderungen, wie hormonelle Schwankungen während der Schwangerschaft, können zu einer vorübergehenden Zunahme der Brechkraft und somit zu einer transitorischen Myopie führen. - Klinische Bedeutung
➜ Die transitorische Myopie kann plötzlich auftreten und die Sehschärfe des Patienten kurzfristig beeinträchtigen. Die Behandlung richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Nach Beseitigung des auslösenden Faktors kehrt die Sehschärfe in der Regel zur Norm zurück. In Fällen, in denen eine medikamentöse Therapie die Ursache ist, kann eine Anpassung der Medikation erforderlich sein.
Risikofaktoren
- Familiäre Vorbelastung
➜ Kinder von myopen Eltern haben ein signifikant höheres Risiko, selbst myop zu werden. - Ethnizität
➜ Asiatische Bevölkerungsgruppen zeigen eine höhere Prävalenz von Myopie, während afrikanische und hispanische Populationen niedrigere Raten aufweisen. - Bildungsniveau und Naharbeitsbelastung
➜ Personen mit einem hohen Bildungsniveau, die viel Zeit mit Lesen, Schreiben oder der Nutzung von digitalen Geräten verbringen, haben ein erhöhtes Risiko. - Geringe Exposition gegenüber Tageslicht
➜ Kinder, die weniger Zeit im Freien verbringen, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, Myopie zu entwickeln.
Klassifikation
Die Myopie kann in verschiedene Kategorien eingeteilt werden, basierend auf der Schwere der Erkrankung, dem Alter des Auftretens, der zugrunde liegenden Ursache und den damit verbundenen Komplikationen. Diese Klassifikationen sind wichtig, um eine gezielte Diagnose, Behandlung und Überwachung der Erkrankung zu ermöglichen.
Klassifikation nach Schweregrad
Diese Klassifikation ist die gebräuchlichste und basiert auf dem Ausmaß des Brechungsfehlers, gemessen in Dioptrien (D).
Leichte Myopie (Niedrige Myopie)
- Brechkraft bis -3,0 Dioptrien.
- Symptome sind oft minimal und betreffen hauptsächlich das Sehen in die Ferne. Betroffene benötigen in der Regel nur bei bestimmten Aktivitäten (z. B. beim Autofahren oder in der Schule) eine Korrektur.
Mittlere Myopie
- Brechkraft zwischen -3,0 und -6,0 Dioptrien.
- Die Sehbehinderung ist deutlicher, und die Betroffenen benötigen oft durchgehend eine Korrektur, um klar sehen zu können.
Schwere Myopie
- Brechkraft über -6,0 Dioptrien.
- Diese Form der Myopie geht häufig mit einem höheren Risiko für okuläre Komplikationen einher, wie z. B. Netzhautablösung oder myopische Makulopathie. Patienten sind stark auf Sehhilfen angewiesen.
Klassifikation nach Alter des Auftretens
Myopie kann basierend auf dem Zeitpunkt ihres Auftretens klassifiziert werden:
Angeborene Myopie (Kongenitale Myopie)
- Diese Form der Myopie ist bei der Geburt vorhanden oder entwickelt sich in den ersten Lebensjahren.
- Sie ist oft mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine progressive Verschlechterung und eine schwerwiegendere Form der Myopie verbunden.
Juvenile Myopie
- Entwickelt sich typischerweise im Schulalter (zwischen 6 und 18 Jahren).
- Dies ist die häufigste Form der Myopie, die sich oft bis ins junge Erwachsenenalter fortschreitend verschlechtert.
Erwachsenenmyopie
- Tritt nach dem 20. Lebensjahr auf und kann durch Umwelteinflüsse oder veränderte Lebensgewohnheiten (z. B. intensive Naharbeit) verursacht sein.
- Sie hat oft ein weniger progressives Muster als die juvenile Myopie.
Klassifikation nach Ätiologie
Die Myopie kann auch anhand ihrer zugrunde liegenden Ursachen klassifiziert werden:
Einfache Myopie (Schulmyopie)
- Die häufigste Form, die durch eine normale Verlängerung des Augapfels während des Wachstums entsteht.
- Sie ist typischerweise nicht progressiv und stabilisiert sich nach Abschluss des Wachstums.
Achsenmyopie (Degenerative Myopie)
- Eine schwerwiegende Form der Myopie, die durch eine exzessive Verlängerung des Augapfels gekennzeichnet ist.
- Sie geht mit einer Vielzahl von okulären Komplikationen einher, darunter Netzhautablösung und myopische Makulopathie.
Brechungsmyopie (Refraktionsmyopie)
- Diese Form entsteht durch eine übermäßige Brechkraft des Auges, insbesondere der Linse oder Hornhaut, ohne eine signifikante Verlängerung des Augapfels.
- Ein Beispiel ist die transitorische Myopie, die vorübergehend durch Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder durch die Einnahme bestimmter Medikamente verursacht wird.
Klassifikation nach der Progression
Myopie kann basierend auf ihrem Verlauf und ihrer Progression eingeteilt werden:
Stabile Myopie
- Diese Form zeigt nach einer initialen Progression keine oder nur eine minimale weitere Verschlechterung.
- Sie tritt häufig nach Abschluss des Wachstums auf und bleibt im Erwachsenenalter stabil.
Progressive Myopie
- Eine Myopie, die im Laufe der Zeit fortschreitet, insbesondere während der Kindheit und Jugend.
- Progressive Myopie erfordert eine regelmäßige Überwachung und gegebenenfalls therapeutische Interventionen, um das Fortschreiten zu verlangsamen.
Spezielle Formen der Myopie
Einige spezielle Formen der Myopie werden separat klassifiziert aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften:
Nachtmyopie
- Eine Form der Myopie, die sich unter schlechten Lichtverhältnissen verschlimmert. Dies tritt auf, weil die Pupillen im Dunkeln weiter werden, was zu einer Unschärfe des Netzhautbildes führen kann.
Pseudomyopie
- Eine vorübergehende Form der Myopie, die durch Krämpfe des Ziliarmuskels (verantwortlich für die Fokussierung) verursacht wird. Sie ist häufig durch übermäßige Naharbeit induziert und kann durch Ruhe und Entspannung der Augen korrigiert werden.
Symptome
Myopie (Kurzsichtigkeit) manifestiert sich hauptsächlich durch Schwierigkeiten beim klaren Sehen von Objekten in der Ferne, während das Sehen in der Nähe in der Regel unbeeinträchtigt bleibt. Die Symptome können je nach Grad der Myopie und anderen individuellen Faktoren variieren.
- Unscharfes Sehen in der Ferne
- Das Hauptsymptom der Myopie ist eine verschwommene Sicht auf entfernte Objekte. Patienten berichten häufig, dass sie Schwierigkeiten haben, Straßenschilder, Schultafeln, Fernsehbildschirme oder Personen in der Ferne klar zu erkennen.
- Augenbelastung (Asthenopie)
- Patienten neigen dazu, ihre Augenmuskulatur anzustrengen, um entfernte Objekte klarer zu sehen. Dies führt häufig zu Symptomen wie Augenmüdigkeit, Kopfschmerzen, insbesondere im Stirnbereich, und einem Gefühl der Überanstrengung der Augen.
- Schielen (Strabismus)
- Insbesondere bei Kindern, kann Myopie zu Schielen führen. Das Schielen entsteht, wenn die Augen nicht synchron zusammenarbeiten, um ein Objekt fokussiert zu halten. Bei stark unterschiedlicher Brechkraft der Augen kann das betroffene Auge „abdriften“, was zu einem sichtbaren Schielen führt.
- Nächtliche Sehstörungen (Nachtmyopie)
- Patienten mit Myopie können Schwierigkeiten beim Sehen unter schlechten Lichtverhältnissen haben, ein Zustand, der als Nachtmyopie bezeichnet wird. Dies äußert sich in einem zusätzlichen Verlust der Sehschärfe bei Dämmerung oder Nacht, was vor allem beim Autofahren in der Dunkelheit problematisch sein kann.
- Erhöhte Blendempfindlichkeit
- Es kann zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber hellem Licht oder Blendung kommen, insbesondere in Situationen mit starken Kontrasten, wie beispielsweise bei Nachtfahrten mit entgegenkommendem Verkehr.
- Häufiges Zusammenkneifen der Augen
- Um das Sehen zu verbessern, kneifen Myope oft unbewusst die Augen zusammen. Dieses Verhalten, bekannt als „Squinting“, hilft, die Sehschärfe kurzfristig zu verbessern, indem die Lichtstreuung auf der Netzhaut verringert wird.
- Schwierigkeiten beim Lesen von Tafeln oder Bildschirmen in der Schule
- Bei Kindern und Jugendlichen ist ein typisches Symptom der Myopie, dass sie Schwierigkeiten haben, Text auf einer Tafel, einem Whiteboard oder einem entfernten Bildschirm in der Schule oder Universität zu lesen. Dies kann sich negativ auf die schulischen Leistungen auswirken.
- Doppelsehen (Diplopie)
- In schweren Fällen von Myopie oder bei unzureichend korrigierter Myopie kann es zu Doppelsehen kommen. Dies ist oft auf eine ungleichmäßige Brechkraft der Augen oder auf eine Inkongruenz in der Bildverarbeitung im Gehirn zurückzuführen.
- Häufige Änderungen der Brillenstärke
- Ein Symptom, das auf eine progressive Myopie hindeutet, ist die Notwendigkeit häufiger Anpassungen der Brillen- oder Kontaktlinsenstärke. Dies ist besonders bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten, bei denen das Auge weiterhin wächst und sich die Myopie schnell verschlechtern kann.
Klinik
Die klinische Präsentation der Myopie kann von milden bis zu schweren Formen reichen, abhängig vom Grad der Myopie und dem Vorhandensein von Begleiterkrankungen oder Komplikationen. In der klinischen Praxis ist es wichtig, die verschiedenen Aspekte der Myopie zu erkennen, um eine adäquate Diagnose und Behandlung zu ermöglichen.
Schweregrade der Myopie
Leichte Myopie (bis -3 Dioptrien)
- Patienten mit leichter Myopie haben in der Regel nur geringfügige Schwierigkeiten beim Sehen in der Ferne.
- Das Nahsehen ist nicht beeinträchtigt, und die Patienten sind oft in der Lage, alltägliche Aufgaben ohne signifikante Einschränkungen zu bewältigen.
- Viele Patienten bemerken ihre Myopie erst bei spezifischen Aufgaben, wie beim Lesen von Straßenschildern oder Tafeln in der Schule.
Mittlere Myopie (-3 bis -6 Dioptrien)
- Bei mittlerer Myopie sind die visuellen Einschränkungen deutlicher, und Patienten benötigen häufig eine Sehhilfe, um klar sehen zu können.
- Es besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für Augenbelastung, insbesondere bei längeren Perioden des Sehens in die Ferne.
- Patienten in dieser Kategorie beginnen häufig, Brillen oder Kontaktlinsen regelmäßig zu tragen.
Schwere Myopie (mehr als -6 Dioptrien)
- Hohe Myopie ist mit signifikanten visuellen Einschränkungen verbunden, und Patienten sind stark auf Sehhilfen angewiesen.
- Diese Form der Myopie ist mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende Komplikationen wie Netzhautablösung, myopische Makulopathie und Glaukom verbunden.
- Patienten benötigen häufig eine intensivere Betreuung durch Augenärzte und möglicherweise spezialisierte therapeutische Maßnahmen.
Folgeerkrankungen
- Netzhautablösung
- Bei myopen Patienten ist der Augapfel verlängert, was zu einer Dehnung und Verdünnung der Netzhaut führt. Diese Degeneration macht die Netzhaut anfälliger für Risse oder Löcher, durch die Flüssigkeit unter die Netzhaut gelangen und eine Ablösung verursachen kann.
- Myopische Makulopathie
- Durch die Verlängerung des Augapfels kommt es zu einer Dehnung und Verdünnung der Netzhaut und der darunter liegenden Schichten. Dies kann zu verschiedenen Veränderungen führen, wie beispielsweise zur Bildung von Lacksprünge (Brüche in der Bruch’schen Membran), Chorioretinale Atrophie, fovealen Retinoschisis und letztlich zu einer choroidalen Neovaskularisation.
- Glaukom (grüner Star)
- Der verlängerte Augapfel bei Myopie führt zu strukturellen Veränderungen im Sehnervenkopf und in der lamina cribrosa, was die Anfälligkeit für glaukomatöse Schäden erhöht.
- Katarakt (grauer Star)
- Die genauen Mechanismen, die den Zusammenhang zwischen Myopie und Katarakt erklären, sind nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass die länger andauernde Exposition gegenüber schädlichem UV-Licht und die veränderte Biomechanik des Auges bei myopen Patienten zur frühzeitigen Linsentrübung beitragen können.
- Schielen (Strabismus)
- Durch die unterschiedlichen Refraktionsfehler in den beiden Augen kann es zu einer Fehlstellung der Augen kommen, da eines der Augen den Refraktionsfehler nicht ausgleichen kann.
Diagnostik
Die Diagnostik der Myopie umfasst eine Reihe von Untersuchungen und Tests, die darauf abzielen, die Sehschärfe zu bewerten, den Grad der Myopie zu bestimmen, die zugrunde liegenden Ursachen zu identifizieren und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
Anamnese
Eine detaillierte Anamnese ist der erste Schritt in der Diagnostik der Myopie. Der Augenarzt oder Optometrist sollte Fragen zu den folgenden Aspekten stellen:
- Symptome
➜ Wann traten die Symptome erstmals auf? Gibt es Schwierigkeiten beim Sehen in die Ferne? Liegt eine Augenbelastung oder häufiges Zusammenkneifen der Augen vor? - Familiäre Vorgeschichte
➜ Gibt es eine familiäre Vorgeschichte von Myopie oder anderen Augenerkrankungen? - Lebensstil
➜ Wie viel Zeit verbringt der Patient mit Naharbeit (Lesen, Computerarbeit)? Wie viel Zeit verbringt er im Freien? - Vorherige Sehkorrekturen
➜ Hat der Patient in der Vergangenheit Brillen oder Kontaktlinsen getragen? Wurde bereits eine refraktive Chirurgie durchgeführt?
Visusprüfung
Die Visusprüfung ist ein grundlegender Test zur Bestimmung der Sehschärfe und damit ein zentraler Bestandteil der Myopie-Diagnostik.
- Snellen-Sehtest
➜ Dieser Standardtest verwendet eine Tafel mit Buchstaben oder Symbolen in unterschiedlichen Größen, die der Patient aus einer bestimmten Entfernung (typischerweise 6 Meter) ablesen muss. Die Sehschärfe wird als Bruch dargestellt, wobei der Zähler die Entfernung zum Test und der Nenner die Entfernung angibt, aus der ein normalsichtiger Mensch das Symbol lesen könnte. - Nahvisustest
➜ Bei Patienten mit Myopie ist in der Regel der Nahvisus unverändert, dieser Test kann jedoch verwendet werden, um sicherzustellen, dass keine zusätzlichen refraktiven Probleme vorliegen.
Refraktionsbestimmung
Die Refraktionsbestimmung misst den Brechungsfehler des Auges und ist essenziell für die genaue Diagnose der Myopie.
- Subjektive Refraktionsbestimmung
➜ Der Patient schaut durch eine Phoropter-Linse und berichtet, welche Linse das klarste Bild liefert. Diese Methode erfordert die aktive Mitarbeit des Patienten und wird oft als „subjektive Refraktionsbestimmung“ bezeichnet. - Autorefraktometer
➜ Ein automatisiertes Gerät misst die Brechkraft des Auges, indem es Lichtstrahlen in das Auge sendet und die Reflexionen analysiert. Dies liefert einen objektiven Wert der Refraktion und wird oft als Ausgangspunkt für die subjektive Refraktionsbestimmung verwendet. - Skiaskopie (Retinoskopie)
➜ Bei dieser Technik wird ein Lichtstrahl in das Auge geleitet, und der Reflex auf der Netzhaut wird beobachtet. Durch das Platzieren von Linsen vor dem Auge kann der Refraktionsfehler bestimmt werden. Diese Methode ist besonders nützlich bei Kindern oder bei nicht kooperativen Patienten.
Biometrie
Die Biometrie ist ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik, insbesondere bei Patienten mit hochgradiger oder pathologischer Myopie.
- Axiale Längenmessung
➜ Die axiale Länge des Augapfels wird mit Ultraschall oder optischer Kohärenztomographie (OCT) gemessen. Eine übermäßige Verlängerung des Augapfels ist charakteristisch für Achsenmyopie und insbesondere für pathologische Myopie. - Hornhauttopographie
➜ Diese Methode misst die Krümmung und Form der Hornhaut und kann helfen, Brechungsanomalien zu erkennen, die zur Myopie beitragen könnten.
Funduskopie
Die Funduskopie ist eine Untersuchung des Augenhintergrunds, die Aufschluss über den Zustand der Netzhaut und des Sehnervs gibt. Sie ist besonders wichtig, um Komplikationen der Myopie frühzeitig zu erkennen.
- Direkte Funduskopie
Mit einem Ophthalmoskop wird das Netzhautbild direkt betrachtet. Der Augenarzt sucht nach Anzeichen für Netzhautverdünnungen, degenerative Veränderungen oder Anzeichen einer Netzhautablösung. - Indirekte Funduskopie
➜ Diese Technik ermöglicht eine breitere und tiefere Untersuchung des Augenhintergrundes und ist besonders nützlich bei der Beurteilung von peripheren Netzhautveränderungen. - Optische Kohärenztomographie (OCT)
➜ OCT ist ein hochauflösendes, nicht-invasives Bildgebungsverfahren, das Querschnittsbilder der Netzhaut erzeugt. Es ist besonders nützlich bei der Detektion von myopischen Makulopathien und anderen subtilen Netzhautveränderungen.
Zykloplegische Refraktion
Bei Kindern und Jugendlichen, deren Augenmuskeln besonders stark arbeiten, kann eine zykloplegische Refraktion erforderlich sein, um den tatsächlichen Refraktionsfehler genau zu bestimmen.
- Zykloplegie
➜ Hierbei werden Augentropfen verwendet, um die Akkommodation (Fokussierung des Auges auf nahe Objekte) vorübergehend zu lähmen. Dies verhindert, dass der Ziliarmuskel den Brechungsfehler während der Messung kompensiert, was zu einer genaueren Bestimmung der Myopie führt.
Spezielle Diagnostik bei Achsenmyopie
Bei Verdacht auf pathologische Myopie oder bei Patienten mit hochgradiger Myopie sollten zusätzliche Untersuchungen durchgeführt werden, um das Risiko für Komplikationen zu bewerten:
- Fluoreszenzangiographie
➜ Diese Untersuchung verwendet fluoreszierende Farbstoffe, um die Durchblutung der Netzhaut zu visualisieren. Sie kann helfen, myopische Makulopathie und andere vaskuläre Veränderungen zu erkennen. - Elektroretinographie (ERG)
➜ Diese Untersuchung misst die elektrische Aktivität der Netzhaut in Reaktion auf Lichtreize und kann Hinweise auf funktionelle Störungen bei pathologischer Myopie liefern.
Therapie
Die Therapie der Myopie zielt darauf ab, die Sehkraft zu korrigieren, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und Komplikationen zu verhindern. Die Wahl der Therapie hängt vom Schweregrad der Myopie, dem Alter des Patienten und dem Vorhandensein von Komplikationen ab. Im Folgenden werden die wichtigsten therapeutischen Ansätze detailliert beschrieben.
Optische Korrektur
Die optische Korrektur ist die primäre und am häufigsten angewendete Methode zur Behandlung der Myopie.
Brillen
Brillen sind die einfachste und sicherste Methode zur Korrektur der Myopie. Sie wirken, indem sie das einfallende Licht so brechen, dass es auf die Netzhaut fokussiert wird ➜ Konkavlinsen (Minus-Stärke-Gläser).
- Vorteile
➜ Brillen sind leicht anzupassen, kostengünstig und können leicht entfernt werden, wenn sie nicht benötigt werden. - Nachteile
➜ Sie können bei sportlichen Aktivitäten oder bei Arbeiten, die eine uneingeschränkte Sicht erfordern, als störend empfunden werden.
Kontaktlinsen
Kontaktlinsen bieten eine präzisere Korrektur als Brillen, da sie direkt auf der Hornhaut sitzen und eine vollständige periphere Sicht ermöglichen.
- Vorteile
➜ Sie bieten ein breiteres Sichtfeld und sind für sportliche Aktivitäten besser geeignet. - Nachteile
➜ Kontaktlinsen erfordern eine sorgfältige Pflege, und es besteht ein erhöhtes Risiko für Augeninfektionen und Trockenheit.
Orthokeratologie (Ortho-K)
Orthokeratologie ist eine nicht-chirurgische Methode, bei der spezielle formstabile Kontaktlinsen über Nacht getragen werden, um die Hornhautform vorübergehend zu verändern. Dadurch wird die Myopie für den nächsten Tag korrigiert.
- Vorteile
➜ Diese Methode ermöglicht eine klare Sicht ohne das Tragen von Brillen oder Kontaktlinsen während des Tages. - Nachteile
➜ Die Wirkung ist temporär, und die Linsen müssen regelmäßig getragen werden, um den Effekt aufrechtzuerhalten. Es besteht auch ein Risiko für Hornhautinfektionen.
Pharmakologische Therapie
Atropin-Augentropfen
Atropin-Augentropfen in niedriger Dosierung (0,01%) werden zunehmend zur Verlangsamung des Fortschreitens der Myopie bei Kindern eingesetzt. Atropin wirkt, indem es die Akkommodation verringert und die Pupillen erweitert.
- Vorteile
➜ Studien haben gezeigt, dass niedrige Dosen von Atropin das Fortschreiten der Myopie um etwa 50% reduzieren können. - Nachteile
➜ Nebenwirkungen können eine erweiterte Pupille und eine leichte Lichtempfindlichkeit sein. Eine langfristige Anwendung ist notwendig, um den Effekt zu erhalten.
Refraktive Chirurgie
Die refraktive Chirurgie bietet eine permanente Lösung zur Korrektur der Myopie und ist besonders bei Erwachsenen mit stabiler Myopie eine beliebte Option.
LASIK (Laser-in-situ-Keratomileusis)
Bei der LASIK wird ein dünner Hornhautdeckel (Flap) erstellt, der zur Seite geklappt wird, um das darunterliegende Hornhautgewebe mit einem Excimer-Laser zu reshapen. Danach wird der Flap wieder zurückgelegt.
- Vorteile
➜ Schnellere Heilung und geringere Beschwerden nach der Operation. Sehr präzise Ergebnisse. - Nachteile
➜ Risiken beinhalten trockene Augen, Blendung und in seltenen Fällen Sehverlust.
PRK (Photorefraktive Keratektomie)
PRK entfernt das Epithel der Hornhaut, um das darunterliegende Gewebe mit einem Laser neu zu formen. Das Epithel regeneriert sich anschließend.
- Vorteile
➜ PRK ist eine Alternative zu LASIK für Patienten mit dünner Hornhaut. - Nachteile
➜ Längere Heilungszeit und mehr post-operative Beschwerden im Vergleich zu LASIK.
LASEK (Laser Epithelial Keratomileusis)
LASEK ist eine Variante der PRK, bei der das Epithel nach dem Lasereingriff repositioniert wird.
- Vorteile
➜ Geringeres Risiko für eine Hornhautentzündung als bei PRK. - Nachteile
➜ Ähnliche Heilungszeit wie bei PRK, aber weniger schmerzhaft.
Implantierbare Kontaktlinsen (IOL)
IOLs sind intraokulare Linsen, die ohne Entfernung der natürlichen Linse des Auges implantiert werden, um hohe Grade der Myopie zu korrigieren.
- Vorteile
➜ Sie sind reversibel und bieten eine Option für Patienten, die nicht für eine Hornhautchirurgie geeignet sind. - Nachteile
➜ Es handelt sich um einen invasiven Eingriff mit Risiken wie Infektionen, Kataraktentwicklung oder Glaukom.
Präventive Maßnahmen zur Kontrolle der Myopieprogression
- Erhöhte Outdoor-Aktivitäten
➜ Studien haben gezeigt, dass mehr Zeit im Freien das Risiko der Entwicklung und Progression von Myopie bei Kindern reduziert. - Reduktion von Naharbeit
➜ Regelmäßige Pausen während der Naharbeit (z. B. die 20-20-20-Regel: Alle 20 Minuten für 20 Sekunden auf ein 20 Fuß entferntes Objekt schauen) können helfen, die Augenmuskeln zu entspannen. - Spezielle Kontaktlinsen
➜ Myopiekontrollierende Weichlinsen oder multifokale Linsen können dazu beitragen, das Fortschreiten der Myopie bei Kindern zu verlangsamen.
Management von Komplikationen
Patienten mit hochgradiger oder pathologischer Myopie sollten regelmäßig auf mögliche Komplikationen wie Netzhautablösung, Glaukom oder myopische Makulopathie überwacht werden. Eine engmaschige Betreuung durch einen Augenarzt ist notwendig, um frühzeitig einzugreifen.
Zusammenfassung
Myopie ist eine weit verbreitete refraktive Fehlbildung, deren Prävalenz weltweit zunimmt. Die Ätiologie ist komplex und umfasst genetische, Umwelt- und Verhaltensfaktoren. Myopie kann durch einfache Sehhilfen wie Brillen und Kontaktlinsen korrigiert werden, aber in einigen Fällen können refraktive Chirurgie und andere spezialisierte Therapien notwendig sein, um schwerwiegendere Formen zu behandeln. Angesichts der möglichen Komplikationen, insbesondere bei hochgradiger Myopie, ist eine frühzeitige Diagnose und Behandlung entscheidend. Präventionsstrategien wie die Förderung von Outdoor-Aktivitäten und die Begrenzung der Naharbeit sind wichtige Maßnahmen, um die Entwicklung und das Fortschreiten der Myopie zu verlangsamen.
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