Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)

Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[ɡəˈzɛt͡slɪçə ˈkʁaŋkn̩fɛɐ̯ˌzɪçəʁʊŋ]
Plural:
Gesetzliche Krankenversicherungen
Abkürzung:
GKV
Trennung:
Ge|setz|li|che Kran|ken|ver|si|che|rung
Englisch:
statutory health insurance

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist ein zentrales Element des deutschen Gesundheitssystems und bietet den Großteil der Bevölkerung eine umfassende Gesundheitsversorgung. Sie basiert auf dem Solidarprinzip, das bedeutet, dass alle Versicherten entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit Beiträge leisten, während die Gesundheitsleistungen unabhängig von der Beitragshöhe allen gleichermaßen zugutekommen. Dieses System ist eng mit dem sozialen Sicherungsnetz in Deutschland verknüpft und spielt eine wichtige Rolle in der Gewährleistung von sozialer Gerechtigkeit und Gesundheitsschutz.

Definition

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Deutschland ist ein solidarisch finanziertes System, das die Gesundheitsversorgung für die Mehrheit der Bevölkerung sicherstellt. Die Beiträge werden einkommensabhängig von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen. Der Leistungskatalog ist einheitlich und umfasst ärztliche Behandlungen, Krankenhausaufenthalte, Medikamente und Vorsorge. Die GKV basiert auf dem Solidarprinzip und wird durch mehrere Krankenkassen organisiert.

Historischer Hintergrund und Entwicklung

Die Wurzeln der gesetzliche Krankenversicherung reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, als 1883 unter Reichskanzler Otto von Bismarck das erste gesetzliche Krankenversicherungsgesetz eingeführt wurde. Dies war eine der ersten Maßnahmen, die zur Etablierung eines modernen Sozialversicherungssystems führten, das darauf abzielte, die Arbeiter vor den Risiken von Krankheit, Arbeitsunfähigkeit und Armut zu schützen. Ursprünglich war die GKV nur für Arbeiter vorgesehen, wurde aber im Laufe der Jahrzehnte auf immer mehr Bevölkerungsgruppen ausgeweitet.

Aufbau und Organisation

Die GKV wird durch zahlreiche Krankenkassen getragen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts agieren. Diese Krankenkassen haben eine Selbstverwaltung, die durch gewählte Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber gesteuert wird. Es gibt verschiedene Arten von Krankenkassen, darunter Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK), Betriebskrankenkassen (BKK), Innungskrankenkassen (IKK), Ersatzkassen und die landwirtschaftliche Krankenkasse.

Liste der größten Krankenkassen

Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK)

  • AOK Baden-Württemberg
  • AOK Bayern
  • AOK Bremen/Bremerhaven
  • AOK Hessen
  • AOK Niedersachsen
  • AOK Nordost
  • AOK NordWest
  • AOK Plus (Sachsen und Thüringen)
  • AOK Rheinland/Hamburg
  • AOK Rheinland-Pfalz/Saarland

Ersatzkassen

  • Barmer
  • Techniker Krankenkasse (TK)
  • DAK-Gesundheit
  • KKH (Kaufmännische Krankenkasse)
  • HEK (Hansecampus Ersatzkasse)
  • hkk Krankenkasse

Betriebskrankenkassen (BKK)

  • BKK VBU
  • BKK Mobil Oil
  • BKK ProVita
  • BKK Pfalz
  • BKK Linde

Innungskrankenkassen (IKK)

  • IKK classic
  • IKK Südwest
  • IKK Brandenburg und Berlin

Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK)

  • Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) – bundesweit für landwirtschaftliche Betriebe

Sonstige

  • Knappschaft (Krankenkasse der Deutschen Rentenversicherung)
  • BIG direkt gesund
  • VIACTIV Krankenkasse

Jede Krankenkasse bietet einen einheitlichen Leistungskatalog, der durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegt wird. Dieser Katalog umfasst unter anderem ärztliche Behandlungen, Krankenhausaufenthalte, Arzneimittel, Vorsorgeuntersuchungen und Rehabilitation. Auch wenn der Leistungskatalog einheitlich ist, gibt es Unterschiede in den zusätzlichen Leistungen, die jede Kasse anbieten kann, sowie in den Zusatzbeiträgen, die die Kassen erheben dürfen.

Finanzierung der GKV

Die gesetzliche Krankenversicherung wird hauptsächlich durch Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber finanziert. Die Beitragshöhe orientiert sich am Bruttoeinkommen des Versicherten und wird zur Hälfte von ihm und zur Hälfte vom Arbeitgeber getragen. Der allgemeine Beitragssatz liegt derzeit bei 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens, hinzu kommt ein kassenindividueller Zusatzbeitrag, der von der jeweiligen Krankenkasse festgelegt wird. Für bestimmte Gruppen, wie zum Beispiel Rentner, Arbeitslose oder Geringverdiener, gibt es spezielle Regelungen zur Beitragsbemessung.

Ein weiteres wichtiges Element der Finanzierung ist der Gesundheitsfonds, der 2009 eingeführt wurde. Alle Beitragseinnahmen fließen zunächst in diesen Fonds und werden von dort nach einem Risikostrukturausgleich an die Krankenkassen verteilt. Dieser Mechanismus soll sicherstellen, dass Krankenkassen mit einer ungünstigeren Versichertenstruktur (zum Beispiel viele ältere oder kranke Menschen) nicht benachteiligt werden.

Herausforderungen und Reformen

Die gesetzliche Krankenversicherung steht vor verschiedenen Herausforderungen, die hauptsächlich durch den demografischen Wandel, den medizinischen Fortschritt und steigende Gesundheitskosten bedingt sind. Der Anstieg der Lebenserwartung und die Zunahme chronischer Erkrankungen führen zu einer höheren Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, was die finanzielle Belastung der GKV erhöht.

In den letzten Jahren wurden verschiedene Reformen umgesetzt, um die gesetzliche Krankenversicherung finanziell zu stabilisieren und gleichzeitig die Qualität der Gesundheitsversorgung zu sichern. Dazu gehören Maßnahmen wie die Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs, die Förderung von Präventionsmaßnahmen, die Stärkung der ambulanten Versorgung und die Verbesserung der Pflegeleistungen.

Zukunftsperspektiven

Die Zukunft der gesetzliche Krankenversicherung wird stark von politischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Entwicklungen geprägt sein. Diskussionen über eine mögliche Bürgerversicherung, die eine einheitliche Krankenversicherung für alle Bürger anstelle des dualen Systems von gesetzlicher und privater Krankenversicherung vorsieht, sind nach wie vor aktuell. Auch die Frage, wie die GKV langfristig finanziert werden kann, ohne die Beitragszahler übermäßig zu belasten, wird die politische Debatte weiterhin bestimmen.

Zusammenfassung

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Deutschland ist eine Pflichtversicherung für die Mehrheit der Bevölkerung, die auf dem Solidarprinzip basiert. Alle Versicherten zahlen einkommensabhängige Beiträge, die zusammen mit Arbeitgeberanteilen die Gesundheitsversorgung finanzieren. Sie bietet Leistungen wie ärztliche Behandlungen, Krankenhausaufenthalte und Arzneimittel. Der Beitragssatz beträgt 14,6 % plus kassenindividueller Zusatzbeitrag. Die GKV steht vor Herausforderungen wie demografischem Wandel und steigenden Gesundheitskosten.

Quellen

  • Busse, R. & Blümel, M., 2014. Germany: Health system review. Health Systems in Transition, 16(2), pp. 1-296.
  • Böhm, K., Schmid, A., Götze, R. & Landwehr, C., 2013. Five Types of OECD Healthcare Systems: Empirical Results of a Deductive Classification. Health Policy, 113(3), pp. 258-269.
  • Klauber, J., Geraedts, M., Friedrich, J. & Wasem, J., eds., 2020. Krankenhaus-Report 2020: Politik, Finanzierung, Versorgung. Stuttgart: Schattauer.
  • Busse, R., Schreyögg, J. & Gericke, C., 2007. Health System in Transition: Germany. Copenhagen: World Health Organization on behalf of the European Observatory on Health Systems and Policies.
  • Gerlinger, T. & Rieken, M., 2018. Die gesetzliche Krankenversicherung im Wandel: Historische Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen. Zeitschrift für Sozialreform, 64(1), pp. 3-26.