Pflege bei Krebs

Bei der Pflege von Krebs spielen Pflegekräfte eine zentrale Rolle, da sie die kontinuierliche Betreuung der Patienten sicherstellen, Symptome managen und emotionale Unterstützung bieten. Für medizinisches Fachpersonal sind Kenntnisse über die Besonderheiten der Krebsversorgung von entscheidender Bedeutung, um eine qualitativ hochwertige und patientenorientierte Pflege zu gewährleisten.

Entstehung und Symptome

Krebs entsteht durch genetische Veränderungen in Zellen, die unkontrolliertes Wachstum fördern. Diese Mutationen können durch äußere Faktoren wie UV-Strahlung, Rauchen oder Viren sowie durch erbliche Faktoren ausgelöst werden. Das Immunsystem kann anfangs abnormale Zellen erkennen und eliminieren, aber bei einer Schwächung dieser Kontrolle können Tumore entstehen.

Die Symptome variieren je nach Krebsart und -stadium. Allgemeine Anzeichen sind unerklärlicher Gewichtsverlust, Müdigkeit, anhaltender Husten, Veränderungen von Muttermalen, nicht heilende Wunden oder ungewöhnliche Blutungen. Spezifische Symptome betreffen oft das betroffene Organ, wie z.B. Brustveränderungen bei Brustkrebs oder Darmbeschwerden bei Darmkrebs. Da Krebs im Frühstadium oft symptomlos ist, sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wichtig, um eine frühzeitige Diagnose zu ermöglichen.

Symptommangement und Pflegeplanung

Neben dem Schmerzmanagement ist die Behandlung weiterer Symptome wie Übelkeit, Fatigue, Appetitlosigkeit oder Atemnot entscheidend für das Wohlbefinden von Krebspatienten. Pflegekräfte sollten:

  • Individuelle Pflegepläne erstellen, die auf die spezifischen Symptome und Bedürfnisse der Patienten eingehen.
  • Ernährungsmanagement sicherstellen, da viele Krebspatienten unter Mangelernährung leiden. Hierzu gehört die Förderung einer kalorien- und nährstoffreichen Ernährung sowie die Zusammenarbeit mit Diätassistenten.
  • Infektionsprophylaxe ist besonders wichtig bei immungeschwächten Patienten. Regelmäßige Händedesinfektion, Mundpflege und Atemübungen zur Vermeidung von Pneumonien gehören zum Standardrepertoire.

Pflegeinterventionen

Die Pflege von Krebspatienten erfordert gezielte und umfassende Interventionen, die sowohl auf die spezifischen Symptome und Bedürfnisse der Patienten als auch auf die Nebenwirkungen der Krebstherapien abgestimmt sind. Diese Interventionen zielen darauf ab, die körperliche, psychische und soziale Gesundheit der Patienten zu fördern und ihre Lebensqualität zu verbessern. Im Folgenden werden die zentralen pflegerischen Interventionen bei Krebspatienten vorgestellt.

Schmerzmanagement

Da Schmerzen bei Krebspatienten häufig vorkommen, ist die Schmerztherapie eine der zentralen pflegerischen Aufgaben:

  • Regelmäßige Schmerzeinschätzung
    ➜ Pflegekräfte sollten den Schmerz regelmäßig mittels validierter Instrumente (z.B. Numerische Rating-Skala) evaluieren, um die Effektivität der Schmerztherapie zu überprüfen.
  • Medikamentöse Schmerztherapie
    ➜ Überwachung der Verabreichung und Dosierung von Analgetika, insbesondere von Opioiden, und Beobachtung möglicher Nebenwirkungen wie Verstopfung oder Sedierung.
  • Nicht-medikamentöse Maßnahmen
    ➜ Wärme- oder Kälteanwendungen, Positionierung zur Entlastung, Atemtechniken, Entspannungsübungen und Musiktherapie können unterstützend wirken.

Symptomminderung bei Chemotherapie

Chemotherapie ist eine häufige Behandlungsform, die zahlreiche Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Haarausfall mit sich bringt. Pflegekräfte spielen eine entscheidende Rolle beim Management dieser Nebenwirkungen:

  • Antiemetika-Verabreichung
    ➜ Um Übelkeit und Erbrechen vorzubeugen, ist die rechtzeitige Gabe von Antiemetika wichtig.
  • Mundpflege
    ➜ Da Chemotherapie die Mundschleimhaut stark angreifen kann, sollte die regelmäßige Mundpflege zur Vermeidung von Infektionen und Schmerzen durchgeführt werden. Gurgellösungen und eine weiche Zahnbürste sind empfehlenswert.
  • Haarausfall-Management
    ➜ Der Verlust von Haaren ist eine häufige psychische Belastung. Pflegekräfte können den Patienten über Perücken, Kopfbedeckungen und den Umgang mit Haarausfall beraten.

Ernährungsmanagement

Viele Krebspatienten leiden unter Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust oder Mangelernährung. Die Ernährungspflege spielt eine wichtige Rolle, um die körperliche Verfassung zu stärken:

  • Ernährungseinschätzung
    ➜ Regelmäßige Kontrolle des Ernährungszustands, z.B. durch Gewichtsmessungen oder Ernährungsprotokolle, und Identifizierung von Risiken einer Mangelernährung.
  • Förderung kalorien- und proteinreicher Ernährung
    ➜ Kleine, häufige Mahlzeiten sowie die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln können die Kalorienzufuhr erhöhen.
  • Beratung und Zusammenarbeit mit Diätassistenten
    ➜ Pflegekräfte sollten eng mit Ernährungsberatern zusammenarbeiten, um individuelle Ernährungspläne zu erstellen, die den Bedürfnissen und Präferenzen der Patienten entsprechen.

Pflege bei Fatigue

Fatigue (Müdigkeit) ist eines der häufigsten Symptome bei Krebspatienten und beeinflusst stark die Lebensqualität. Fatigue äußert sich durch extreme Erschöpfung, die auch durch Ruhephasen nicht vollständig verbessert wird:

  • Aktivitätsplanung
    ➜ Pflegekräfte unterstützen Patienten dabei, ihre täglichen Aktivitäten zu planen, indem sie Perioden von Aktivität und Ruhe gezielt abwechseln. So wird Überlastung vermieden.
  • Leichte körperliche Betätigung
    ➜ Sanfte Bewegungen wie Gehen, Yoga oder Stretching können helfen, die Symptome von Fatigue zu lindern. Dies sollte in Absprache mit Physiotherapeuten erfolgen.
  • Psychosoziale Unterstützung
    ➜ Patienten benötigen oft emotionale Unterstützung, um mit der chronischen Erschöpfung umzugehen. Eine gute Kommunikation mit dem Pflegepersonal kann den psychischen Druck reduzieren.

Infektionsprävention

Patienten mit Krebserkrankungen, insbesondere solche, die sich einer Chemotherapie oder einer Knochenmarktransplantation unterziehen, sind aufgrund einer geschwächten Immunabwehr anfälliger für Infektionen:

  • Strikte Hygiene
    ➜ Regelmäßige Handhygiene, Mundpflege und ggf. Isolation bei immunsupprimierten Patienten sind von entscheidender Bedeutung, um das Infektionsrisiko zu minimieren.
  • Überwachung von Infektionszeichen
    ➜ Pflegekräfte müssen auf Anzeichen von Infektionen wie Fieber, Rötungen, Schwellungen oder Veränderungen im Wohlbefinden des Patienten achten und sofortige ärztliche Maßnahmen einleiten.
  • Impfungen
    ➜ In Absprache mit dem behandelnden Arzt kann es notwendig sein, den Impfstatus der Patienten zu überprüfen und entsprechende Schutzimpfungen (z.B. Grippe, Pneumokokken) zu verabreichen.

Mobilitätsförderung

Krebspatienten, insbesondere solche, die sich längeren Krankenhausaufenthalten oder einer intensiven Therapie unterziehen, sind oft in ihrer Mobilität eingeschränkt. Immobilität erhöht das Risiko für Thrombosen, Pneumonien und Dekubitus:

  • Frühzeitige Mobilisation
    ➜ Pflegekräfte sollten Patienten frühzeitig dazu ermutigen, aufzustehen und sich zu bewegen, auch wenn es nur kurze Spaziergänge auf der Station sind.
  • Thromboseprophylaxe
    ➜ Bei immobilen Patienten ist die Verabreichung von Thromboseprophylaxe (z.B. Heparin) in Absprache mit dem Arzt notwendig. Ebenso wichtig sind Kompressionsstrümpfe und regelmäßige Bewegungsübungen.
  • Dekubitusprophylaxe
    ➜ Pflegekräfte sollten die Haut regelmäßig auf Druckstellen überprüfen und die Patienten umpositionieren, um Druckgeschwüre zu vermeiden.

Psychosoziale Interventionen

Eine Krebserkrankung bringt immense psychische Belastungen mit sich, sowohl für die Patienten als auch für ihre Angehörigen:

  • Emotionale Unterstützung
    ➜ Pflegekräfte sollten Patienten die Möglichkeit bieten, über ihre Ängste und Sorgen zu sprechen. Ein offenes Ohr und Verständnis können den emotionalen Stress erheblich verringern.
  • Angehörigenarbeit
    ➜ Die Einbeziehung der Familie in den Pflegeprozess ist wichtig. Pflegekräfte sollten Angehörige über den Krankheitsverlauf informieren und sie darin unterstützen, ihre Rolle als Helfer zu finden, ohne ihre eigene Gesundheit zu vernachlässigen.
  • Angebot von psychologischer Betreuung
    ➜ Bei Bedarf sollten Pflegekräfte den Kontakt zu Psychologen oder Seelsorgern herstellen, um eine professionelle psychische Unterstützung zu ermöglichen.

Palliative Pflege

In der palliativen Phase einer Krebserkrankung geht es primär um die Linderung von Symptomen und die Erhaltung einer bestmöglichen Lebensqualität:

  • Schmerzlinderung
    ➜ Die Schmerztherapie bleibt auch in der palliativen Phase von zentraler Bedeutung. Die Dosis von Schmerzmitteln muss kontinuierlich angepasst werden, um eine adäquate Schmerzkontrolle sicherzustellen.
  • Symptommanagement
    ➜ Pflegekräfte müssen eine Vielzahl von Symptomen wie Atemnot, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Verstopfung behandeln. Auch hier steht die Linderung der Beschwerden im Vordergrund.
  • Sterbebegleitung
    ➜ Pflegekräfte begleiten Patienten und ihre Familien durch die letzte Lebensphase. Eine würdevolle Sterbebegleitung, bei der der Patient in seinen letzten Tagen und Stunden gut versorgt ist, ist hier von großer Bedeutung.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil der onkologischen Versorgung, da die Komplexität von Krebserkrankungen eine Vielzahl unterschiedlicher Fachdisziplinen einbezieht. Medizinische, pflegerische, therapeutische und psychosoziale Fachkräfte müssen eng zusammenarbeiten, um eine umfassende, patientenzentrierte und effiziente Betreuung zu gewährleisten. Die verschiedenen Fachrichtungen bringen spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten ein, die zusammen den bestmöglichen Behandlungs- und Pflegeprozess für den Patienten ermöglichen.

Herausforderungen

Die Pflege bei Krebs ist äußerst anspruchsvoll und bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Diese betreffen nicht nur die medizinisch-pflegerischen Anforderungen, sondern auch emotionale, ethische und organisatorische Aspekte. Pflegekräfte sind oft in der ersten Linie der Versorgung tätig und müssen sich sowohl den komplexen Krankheitsbildern als auch den oft belastenden psychischen und sozialen Auswirkungen der Erkrankung stellen.

Komplexität der Erkrankung und Therapie

Krebs ist eine äußerst heterogene Erkrankung mit verschiedenen Arten, Stadien und Therapien, die jeweils spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern. Pflegekräfte müssen ein tiefes Verständnis der verschiedenen Behandlungsmethoden und deren Auswirkungen auf den Patienten haben:

  • Schnelle Fortschritte in der Onkologie
    ➜ Neue Behandlungsmethoden werden ständig entwickelt, was Pflegepersonal dazu zwingt, sich kontinuierlich weiterzubilden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben.
  • Vielzahl von Therapieoptionen
    ➜ Chemotherapie, Strahlentherapie, Immuntherapie, zielgerichtete Therapien und chirurgische Eingriffe haben alle unterschiedliche Nebenwirkungen und erfordern ein präzises Symptommanagement. Pflegekräfte müssen in der Lage sein, die individuellen Bedürfnisse jedes Patienten zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Symptom- und Nebenwirkungsmanagement

Eine der größten Herausforderungen ist das Management der zahlreichen und oft schwerwiegenden Nebenwirkungen der Krebstherapie, die stark variieren können:

  • Individuelle Reaktionen
    ➜ Jeder Patient reagiert unterschiedlich auf die Therapie, was das Symptommanagement erschwert. Eine personalisierte Pflegeplanung ist unerlässlich, was wiederum hohen Aufwand und Flexibilität erfordert.
  • Schwere Nebenwirkungen
    ➜ Übelkeit, Erbrechen, Fatigue, Haarausfall, Schleimhautentzündungen (Mukositis), Schmerzen, Infektionsrisiken und Hautveränderungen sind nur einige der häufigen Nebenwirkungen, die das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigen. Pflegekräfte müssen diese Symptome frühzeitig erkennen, lindern und den Patienten in ihrem Umgang damit unterstützen.

Emotionale und psychische Belastung

Krebspatienten erleben oft erhebliche emotionale und psychische Belastungen. Auch für Pflegekräfte ist die Betreuung von Patienten mit einer oft lebensbedrohlichen Erkrankung emotional anspruchsvoll:

  • Burnout und emotionale Erschöpfung
    ➜ Die Arbeit mit schwer kranken oder sterbenden Patienten kann bei Pflegekräften zu emotionaler Erschöpfung und Burnout führen. Es ist wichtig, dass Pflegekräfte Zugang zu psychologischer Unterstützung und Selbstfürsorgeangeboten haben, um ihre eigene mentale Gesundheit zu schützen.
  • Psychosoziale Betreuung
    ➜ Patienten und ihre Familien müssen oft mit Angst, Depression, Hoffnungslosigkeit und Trauer umgehen. Pflegekräfte müssen in der Lage sein, nicht nur medizinische, sondern auch emotionale Unterstützung zu bieten. Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zum Patienten ist hierbei entscheidend, jedoch auch emotional herausfordernd.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Die Krebsversorgung erfordert ein hohes Maß an interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegekräften, Therapeuten, Sozialarbeitern und weiteren Fachkräften. Kommunikation und Koordination sind dabei Schlüsselkomponenten:

  • Rollenklärung
    ➜ In vielen Fällen sind die Verantwortungsbereiche der einzelnen Fachkräfte nicht immer klar definiert, was zu Verwirrung und zusätzlichem Stress führen kann. Pflegekräfte müssen ihre Rolle im Team deutlich verstehen und kommunizieren können.
  • Koordination der Versorgung
    ➜ Pflegekräfte fungieren oft als Schnittstelle zwischen den verschiedenen Disziplinen. Eine unzureichende Kommunikation oder Missverständnisse können zu Behandlungsverzögerungen, Fehlern und Unsicherheit bei den Patienten führen.

Palliative Pflege und End-of-Life-Begleitung

Die Betreuung von Patienten in der Endphase ihrer Krebserkrankung bringt eigene Herausforderungen mit sich:

  • Ethik und Entscheidungen am Lebensende
    ➜ Entscheidungen über den Behandlungsabbruch, die Schmerztherapie am Lebensende oder die Einleitung palliativer Maßnahmen können ethische Konflikte aufwerfen. Pflegekräfte müssen in der Lage sein, diese Entscheidungen respektvoll und im Einklang mit den Wünschen des Patienten und seiner Familie zu unterstützen.
  • Umgang mit Sterben und Tod
    ➜ Pflegekräfte, die in der palliativen Pflege tätig sind, müssen sich regelmäßig mit dem Thema Tod auseinandersetzen. Die Begleitung von sterbenden Patienten und deren Angehörigen erfordert ein hohes Maß an emotionaler Reife, Empathie und Belastbarkeit.

Ethische Dilemmata

Krebspatienten und ihre Angehörigen stehen oft vor schwierigen Entscheidungen, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit. Diese Entscheidungen betreffen häufig:

  • Patientenautonomie
    ➜ Der Wunsch eines Patienten nach Autonomie steht manchmal im Konflikt mit den medizinischen Möglichkeiten und dem Pflegestandard. Es kann schwierig sein, die Balance zwischen dem Respekt vor der Selbstbestimmung des Patienten und der besten medizinischen Versorgung zu finden.
  • Fortführung oder Abbruch der Therapie
    ➜ Manche Patienten entscheiden sich für aggressive Behandlungsformen, auch wenn die Erfolgschancen gering sind. Pflegekräfte müssen ihre eigenen Überzeugungen hintanstellen und die Wünsche der Patienten respektieren, auch wenn sie mit der Entscheidung nicht übereinstimmen.

Mangel an Ressourcen

In vielen Gesundheitseinrichtungen stehen nicht immer ausreichende personelle oder materielle Ressourcen zur Verfügung, um die komplexen Bedürfnisse von Krebspatienten zu erfüllen:

  • Zeitmangel
    ➜ Besonders in unterbesetzten Einrichtungen haben Pflegekräfte oft nicht genug Zeit, um sich umfassend um alle Patienten zu kümmern. Dies kann sowohl die physische als auch die emotionale Versorgung beeinträchtigen.
  • Pflegepersonalmangel
    ➜ Der hohe Pflegeaufwand bei Krebspatienten steht häufig in Konflikt mit der verfügbaren Anzahl von Pflegekräften, was zu Überlastung, Zeitdruck und reduzierter Pflegequalität führen kann.

Aufrechterhaltung der eigenen Resilienz

Die Pflege onkologischer Patienten stellt nicht nur die Patienten und deren Angehörige vor große Herausforderungen, sondern auch die Pflegekräfte selbst:

  • Selbstfürsorge
    ➜ Die emotionale Belastung durch die Pflege von Krebspatienten erfordert, dass Pflegekräfte sich regelmäßig um ihre eigene psychische und physische Gesundheit kümmern. Der Zugang zu Supervision, Schulungen im Stressmanagement und die Möglichkeit zur Reflexion sind entscheidend, um Burnout zu verhindern.
  • Kontinuierliche Weiterbildung
    ➜ Krebsforschung und -behandlung entwickeln sich rasant. Pflegekräfte müssen sich kontinuierlich fortbilden, um mit den neuesten Entwicklungen Schritt zu halten und Patienten die bestmögliche Pflege zu bieten.

Fallbeispiel: Pflege bei Krebs

Patientenvorstellung

Frau Sabine S., 55 Jahre alt, wird wegen eines Mammakarzinoms (Brustkrebs) im fortgeschrittenen Stadium stationär aufgenommen. Sie hat bereits eine operative Tumorresektion hinter sich und erhält aktuell eine adjuvante Chemotherapie. Frau S. ist verheiratet und Mutter zweier erwachsener Kinder. Sie berichtet von starker Erschöpfung, Übelkeit, Appetitlosigkeit und einem zunehmenden Gefühl der Hoffnungslosigkeit im Hinblick auf ihre Genesung.

Anamnese

  • Psychische Verfassung
    ➜ Frau S. leidet zunehmend unter depressiven Verstimmungen und Angst bezüglich des Krankheitsverlaufs und der Behandlung. Sie zeigt sich emotional erschöpft und weint häufig.
  • Krankheitsgeschichte
    ➜ Vor sechs Monaten wurde bei Frau S. ein invasives duktales Mammakarzinom diagnostiziert. Es folgte eine Brustamputation (Mastektomie) sowie eine axilläre Lymphknotendissektion. Aktuell befindet sie sich in einem Zyklus von Chemotherapie mit dem Ziel, verbleibende Tumorzellen zu eliminieren.
  • Medizinische Vorgeschichte
    ➜ Keine weiteren chronischen Erkrankungen. Anamnestisch keine Allergien oder Medikamentenunverträglichkeiten.
  • Soziale Situation
    ➜ Frau S. lebt mit ihrem Ehemann, der als ihre wichtigste Unterstützung fungiert, zusammen. Sie arbeitet in Teilzeit als Lehrerin, ist jedoch aktuell krankgeschrieben.

Diagnostik

  • Laborwerte
    ➜ Leichte Anämie (Hb 10,2 g/dl), Neutropenie (Neutrophilenzahl: 0,8 x 10^9/l). Elektrolyte im Normbereich.
  • Bildgebung
    ➜ Nach der Operation und Chemotherapie keine Hinweise auf Metastasen. Es erfolgt eine regelmäßige Verlaufskontrolle mittels MRT.
  • Weitere diagnostische Maßnahmen
    ➜ Routineuntersuchungen zur Überwachung von Leber- und Nierenfunktion (wegen Chemotherapie) sowie regelmäßige Blutbildkontrollen.

Pflegeplanung

Pflegediagnose 1: Fatigue und körperliche Schwäche

  • Pflegeziele
    • Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit und Verringerung der Müdigkeit.
  • Maßnahmen
    • Förderung von kleinen, regelmäßigen körperlichen Aktivitäten (z.B. kurze Spaziergänge).
    • Erstellung eines Aktivitäts-Ruhe-Plans mit Ruhephasen nach anstrengenden Tätigkeiten.
    • Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten für angepasste Bewegungsübungen.

Pflegediagnose 2: Übelkeit und Appetitlosigkeit aufgrund der Chemotherapie

  • Pflegeziel
    • Linderung der Übelkeit und Verbesserung der Nahrungsaufnahme.
  • Maßnahmen
    • Gabe von Antiemetika nach ärztlicher Anordnung (z.B. Ondansetron).
    • Anbieten von kleinen, leicht verdaulichen Mahlzeiten, die kalorienreich sind.
    • Regelmäßige Kontrolle des Gewichts und der Flüssigkeitszufuhr.
    • Unterstützung der Patientin bei der Auswahl von Nahrungsmitteln, die sie gut verträgt.

Pflegediagnose 3: Anämie aufgrund der Chemotherapie

  • Pflegeziel
    • Unterstützung bei der Behandlung und Überwachung der Anämie.
  • Maßnahmen
    • Regelmäßige Kontrolle des Hämoglobinspiegels.
    • Förderung einer eisenreichen Ernährung (z.B. rotes Fleisch, Hülsenfrüchte).
    • Beobachtung von Symptomen wie Schwindel, Müdigkeit und Kurzatmigkeit.

Pflegediagnose 4: Psychische Belastung und Angst

  • Pflegeziel
    • Verbesserung der emotionalen Verfassung und Reduktion von Angstgefühlen.
  • Maßnahmen
    • Gesprächsangebote und psychische Unterstützung durch das Pflegepersonal.
    • Vermittlung von Gesprächen mit einem Psychologen oder Psychoonkologen.
    • Aufklärung über den Krankheitsverlauf und Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit der Diagnose.
    • Einbeziehung der Angehörigen in den Pflegeprozess, um emotionale Unterstützung zu gewährleisten.

Pflegediagnose 5: Erhöhtes Infektionsrisiko aufgrund von Neutropenie

  • Pflegeziel
    • Prävention von Infektionen
  • Maßnahmen
    • Strikte Einhaltung von Hygienemaßnahmen (Händedesinfektion, Schutzkleidung bei Kontakt mit immungeschwächten Patienten).
    • Regelmäßige Temperaturkontrollen zur Früherkennung von Infektionen.
    • Beobachtung von Infektionszeichen wie Rötungen, Schwellungen und Fieber.
    • Beratung der Patientin und Angehörigen über Hygienemaßnahmen.

Pflegemaßnahmen

Maßnahmen zur Pflegediagnose 1: Fatigue und körperliche Schwäche

  • Die Pflegekraft begleitet Frau S. täglich auf kleine Spaziergänge auf der Station. Zudem wird Frau S. motiviert, leichte Atemübungen durchzuführen, um ihre Ausdauer zu steigern.
  • Ein individueller Tagesplan wird erstellt, der an ihre Energiereserven angepasst ist und genügend Ruhezeiten zwischen den Aktivitäten vorsieht.

Maßnahmen zur Pflegediagnose 2: Übelkeit und Appetitlosigkeit aufgrund der Chemotherapie

  • Frau S. erhält vor jeder Mahlzeit Antiemetika. Leichte, kalorienreiche Snacks (z.B. Pudding, Suppen, Fruchtjoghurt) werden ihr regelmäßig angeboten.
  • Es wird eine Ernährungstherapie durch die Diätberatung hinzugezogen, um ihre Kalorien- und Nährstoffaufnahme zu optimieren.

Maßnahmen zur Pflegediagnose 3: Anämie aufgrund der Chemotherapie

  • Der Hämoglobinwert wird wöchentlich kontrolliert. Bei Bedarf werden Eisenpräparate in Absprache mit dem behandelnden Arzt verabreicht.
  • Frau S. wird über eine eisenreiche Ernährung informiert und erhält Speisen, die reich an Eisen und Vitamin C sind (z.B. Spinat, Orangen).

Maßnahmen zur Pflegediagnose 4: Psychische Belastung und Angst

  • Tägliche Gespräche durch die Pflegekraft bieten Frau S. Raum, ihre Ängste zu äußern und über ihre Sorgen zu sprechen.
  • Eine Überweisung an einen Psychoonkologen wird durchgeführt. Frau S. wird über Entspannungsmethoden informiert, die sie anwenden kann (z.B. Atemtechniken, Meditation).

Maßnahmen zur Pflegediagnose 5: Erhöhtes Infektionsrisiko aufgrund von Neutropenie

  • Frau S. wird in ein Einzelzimmer verlegt, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Besucher werden angehalten, sich vor Betreten des Zimmers die Hände zu desinfizieren und Schutzkleidung zu tragen.
  • Die Pflegekräfte überwachen Frau S. regelmäßig auf Anzeichen einer Infektion, und tägliche Temperaturkontrollen werden durchgeführt.

Evaluation

Nach zwei Wochen der Pflegeinterventionen wird die Pflegesituation von Frau S. erneut evaluiert:

Evaluation der Pflegediagnose 1: Fatigue und körperliche Schwäche

  • Frau S. berichtet von einer leichten Verbesserung ihrer Energie, und sie kann täglich einen kurzen Spaziergang unternehmen, ohne sich sofort erschöpft zu fühlen. Der Tagesplan wird beibehalten, da er ihr hilft, ihre Aktivitäten besser zu strukturieren.

Evaluation der Pflegediagnose 2: Übelkeit und Appetitlosigkeit aufgrund der Chemotherapie

  • Die Übelkeit ist durch die regelmäßige Gabe von Antiemetika deutlich zurückgegangen. Frau S. nimmt mehr Nahrung zu sich und hat seit der Aufnahme an Gewicht gewonnen.

Evaluation der Pflegediagnose 3: Anämie aufgrund der Chemotherapie

  • Der Hämoglobinwert ist stabil geblieben, und Frau S. zeigt keine deutlichen Anzeichen von Eisenmangel. Die Eisenpräparate und die angepasste Ernährung werden fortgeführt.

Evaluation der Pflegediagnose 4: Psychische Belastung und Angst

  • Frau S. zeigt eine leichte Verbesserung ihrer psychischen Verfassung. Die Gespräche mit der Pflegekraft und der Psychoonkologe haben ihr geholfen, ihre Ängste zu bewältigen. Sie wirkt insgesamt stabiler und zuversichtlicher.

Evaluation der Pflegediagnose 5: Erhöhtes Infektionsrisiko aufgrund von Neutropenie

  • Es wurden keine Infektionszeichen festgestellt. Die hygienischen Maßnahmen und die Überwachung des Gesundheitszustands von Frau S. bleiben weiterhin priorisiert.

Durch eine gezielte Pflegeplanung und individuelle Pflegemaßnahmen konnte bei Frau S. eine Verbesserung ihres körperlichen und psychischen Zustands erreicht werden. Der Pflegeplan wird weiter regelmäßig angepasst, um auf mögliche Veränderungen in ihrem Zustand einzugehen und ihre Lebensqualität zu optimieren.

Zusammenfassung

Die Pflege von Krebspatienten stellt das medizinische Fachpersonal vor vielfältige Herausforderungen. Dazu zählen das Management komplexer Therapieformen und Nebenwirkungen wie Schmerzen und Fatigue, die emotionale Belastung der Patienten, interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie die palliative Pflege am Lebensende. Ethische Dilemmata, begrenzte Ressourcen und der Umgang mit dem Tod erfordern viel Einfühlungsvermögen und Fachwissen. Pflegekräfte müssen sich kontinuierlich weiterbilden und auf ihre eigene psychische Gesundheit achten, um eine bestmögliche Versorgung gewährleisten zu können.

Quellen

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  • Vorbeugung: Was kann ich tun? Gegen Krebs! (ohne Datum) Dkfz.de. Verfügbar unter: https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2018/dkfz-pm-18-49-Die-neue-Broschuere-vom-Krebsinformationsdienst.php (Zugegriffen: 9. September 2024).
  • Arndt, V., Berner, A. and Zenger, M., 2020. Onkologische Pflege: Grundlagen, Konzepte und Interventionen. 2nd ed. Berlin: Springer-Verlag.
  • Berger, A.M., Shuster, J.L. and Von Roenn, J.H., 2019. Principles and Practice of Palliative Care and Supportive Oncology. 5th ed. Philadelphia: Lippincott Williams & Wilkins.
  • Ferrell, B.R. and Coyle, N., 2018. Oxford Textbook of Palliative Nursing. 4th ed. Oxford: Oxford University Press.
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