Refraktion

Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[ʁefʁakˈtsi̯oːn]
Plural:
Refraktionen
Trennung:
Re|frak|ti|on
Synonym:
Brechwertbestimmung, Sehstärkenbestimmung
Englisch:
refraction
Abstammung:
latein.: re = zurück; frangere = brechen

Die Refraktion ist ein zentrales Konzept in der Augenheilkunde und beschreibt die Brechung von Licht, wenn es durch das Auge eintritt, um auf der Netzhaut fokussiert zu werden. Abweichungen in der Brechkraft führen zu Fehlsichtigkeiten wie Myopie, Hyperopie und Astigmatismus. Diese Fehlsichtigkeiten entstehen durch eine unzureichende Abstimmung der Augenlänge und der Brechkraft von Hornhaut und Linse. Die genaue Bestimmung der Refraktion ist entscheidend für die richtige Diagnose und Korrektur durch Brillen, Kontaktlinsen oder refraktive Chirurgie.

Einführung in die Refraktion

Die Refraktion bezieht sich auf die Änderung der Ausbreitungsrichtung einer Welle, wenn sie von einem Medium in ein anderes übergeht, in dem sie sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit ausbreitet. Im Kontext der Augenheilkunde beschreibt die Refraktion den Prozess, durch den Lichtstrahlen, die das Auge erreichen, beim Eintritt durch die Hornhaut und die Linse gebrochen (d.h. abgelenkt) werden, um auf der Netzhaut fokussiert zu werden.

Die genaue Brechung des Lichts ist entscheidend für eine klare Sicht. Die Brechkraft des Auges wird durch die Form und den Zustand der Hornhaut, der Linse und der Länge des Augapfels bestimmt. Abweichungen in der Brechkraft führen zu Fehlsichtigkeiten wie Myopie (Kurzsichtigkeit), Hyperopie (Weitsichtigkeit) und Astigmatismus.

Physikalische Grundlagen der Refraktion

Licht breitet sich in verschiedenen Medien (Luft, Wasser, Glas, etc.) mit unterschiedlicher Geschwindigkeit aus. Das Brechungsgesetz (auch bekannt als Snell’sches Gesetz) beschreibt den Zusammenhang zwischen dem Einfallswinkel und dem Brechungswinkel, wenn Licht von einem Medium in ein anderes übergeht. Mathematisch wird dies durch die Formel beschrieben:

n_1 \sin(\theta_1) = n_2 \sin(\theta_2)

Hierbei ist n1​ der Brechungsindex des ersten Mediums, n2​ der Brechungsindex des zweiten Mediums, θ1 der Einfallswinkel und θ2​ der Brechungswinkel.

Der Brechungsindex eines Mediums ist eine dimensionslose Zahl, die angibt, wie stark das Licht in diesem Medium gebrochen wird. Ein höherer Brechungsindex bedeutet eine stärkere Lichtbrechung.

Klinische Bedeutung

In der Augenheilkunde ist die genaue Bestimmung der Refraktionsfehler entscheidend für die Diagnose und Behandlung von Sehproblemen. Fehlsichtigkeiten entstehen, wenn die Brechkraft des Auges nicht perfekt auf die Länge des Augapfels abgestimmt ist, sodass Lichtstrahlen nicht genau auf der Netzhaut, sondern davor oder dahinter fokussiert werden.

  • Myopie (Kurzsichtigkeit)
    • Hierbei ist das Auge entweder zu lang oder die Brechkraft der Hornhaut zu stark, wodurch das Licht vor der Netzhaut fokussiert wird. Dies führt dazu, dass entfernte Objekte unscharf erscheinen.
  • Hyperopie (Weitsichtigkeit)
    • Bei der Weitsichtigkeit ist das Auge zu kurz oder die Brechkraft der Hornhaut zu schwach, sodass das Licht hinter der Netzhaut fokussiert wird. Dies führt zu Schwierigkeiten beim Sehen von nahen Objekten.
  • Astigmatismus
    • Dieser Zustand wird durch eine ungleichmäßige Krümmung der Hornhaut oder Linse verursacht, was zu einer verzerrten oder unscharfen Sicht führt.

Bestimmung der Refraktion

Die Bestimmung der Refraktion (Refraktometrie) ist ein wesentlicher Schritt in der Augenheilkunde, um die Brechkraft des Auges zu messen und eventuelle Sehfehler zu diagnostizieren und zu korrigieren. Diese Messung hilft dabei, herauszufinden, ob ein Patient an Kurzsichtigkeit (Myopie), Weitsichtigkeit (Hyperopie), Astigmatismus oder einer anderen Fehlsichtigkeit leidet. Der Prozess der Refraktionsbestimmung kann sowohl subjektiv als auch objektiv erfolgen.

Subjektive Refraktionsbestimmung

Bei der subjektiven Refraktion wird der Patient aktiv in den Prozess einbezogen. Diese Methode wird häufig mit einem Phoropter oder einem Refraktionsbrillen-Satz durchgeführt.

  • Ablauf
    ➜ Der Patient schaut durch verschiedene Linsen, während der Augenarzt fragt, welche Linse das schärfste Bild bietet. Die Linsen werden gewechselt, bis die optimale Sehstärke gefunden ist.
  • Ziel
    ➜ Die subjektive Refraktion zielt darauf ab, die besten Linsenwerte zu finden, die dem Patienten die klarste Sicht bieten.
Phoropter
Untersuchung mittels Phoropter

Objektive Refraktionsbestimmung

Die objektive Refraktion erfordert keine aktive Teilnahme des Patienten und wird mit speziellen Geräten wie dem Refraktometer oder dem Retinoskop durchgeführt.

  • Refraktometer
    ➜ Dieses Gerät misst automatisch die Brechkraft des Auges. Der Patient schaut auf ein Licht oder ein Bild, während das Gerät die Brechung des Lichtes durch das Auge misst und daraus die notwendige Korrektur berechnet.
  • Retinoskopie
    ➜ Bei dieser Methode leuchtet der Arzt mit einem Retinoskop in das Auge und beobachtet die Reflexion des Lichts von der Netzhaut. Durch das Bewegen des Lichts und das Platzieren von Linsen kann der Arzt den Brechungsfehler abschätzen.

Zykloplegische Refraktion

In bestimmten Fällen, insbesondere bei Kindern oder bei Verdacht auf eine Akkommodationsstörung, kann eine zykloplegische Refraktion erforderlich sein. Hierbei werden Augentropfen verabreicht, die die Akkommodation (die Fähigkeit des Auges, sich auf verschiedene Entfernungen einzustellen) vorübergehend lähmen. Dadurch kann eine genauere Messung der Refraktion ohne den Einfluss der Augenmuskeln vorgenommen werden.

Interpretation der Ergebnisse

Die Ergebnisse der Refraktionsbestimmung (Refraktometrie) werden üblicherweise in Dioptrien (dpt) angegeben, was die Stärke der notwendigen Korrekturlinse beschreibt. Ein negatives Vorzeichen deutet auf Kurzsichtigkeit hin, ein positives auf Weitsichtigkeit. Die Werte für Astigmatismus werden als Zylinderwert (in Dioptrien) und Achse (in Grad) angegeben, um die Art und Richtung der Verzerrung zu beschreiben.

Was ist ein Refraktometer?

Refraktometer

Ein Refraktometer ist ein optisches Messgerät, das verwendet wird, um die Brechkraft des Auges zu bestimmen. Es projiziert ein Lichtmuster ins Auge und misst, wie das Licht von der Hornhaut und der Linse gebrochen wird. Diese Messung hilft dabei, Sehfehler wie Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit und Astigmatismus objektiv zu diagnostizieren, bevor weitere Korrekturmaßnahmen wie Brillen oder Kontaktlinsen verschrieben werden. Refraktometer bieten eine schnelle und genaue Methode zur Ermittlung der notwendigen Korrekturwerte.

Korrektur von Refraktionsfehlern

Die Korrektur von Refraktionsfehlern ist ein zentraler Bestandteil der Augenheilkunde, um Sehfehler wie Kurzsichtigkeit (Myopie), Weitsichtigkeit (Hyperopie), Astigmatismus und Presbyopie (Alterssichtigkeit) zu beheben. Diese Fehler entstehen, wenn das Auge Lichtstrahlen nicht korrekt auf der Netzhaut bündelt, was zu unscharfem Sehen führt. Es gibt verschiedene Ansätze zur Korrektur, die von nicht-invasiven Methoden bis hin zu chirurgischen Eingriffen reichen.

Brillenkorrektur

Brillen sind die am weitesten verbreitete Methode zur Korrektur von Refraktionsfehlern. Sie bieten eine einfache, nicht-invasive Möglichkeit, das Licht so zu brechen, dass es korrekt auf der Netzhaut fokussiert wird.

  • Konkavlinsen (Minus-Linsen) für Myopie
    ➜ Diese Linsen streuen das Licht, um es auf die Netzhaut zurückzuverlagern.
  • Konvexlinsen (Plus-Linsen) für Hyperopie
    ➜ Diese Linsen bündeln das Licht stärker, um es vor die Netzhaut zu verlagern.
  • Zylinderlinsen für Astigmatismus
    ➜ Diese Linsen korrigieren die ungleichmäßige Krümmung der Hornhaut, die zu verzerrtem Sehen führt.

Kontaktlinsen

Kontaktlinsen sind eine Alternative zu Brillen und bieten einige Vorteile, wie ein größeres Gesichtsfeld und eine natürlichere Sehkraftkorrektur. Es gibt verschiedene Arten von Kontaktlinsen:

  • Weiche Kontaktlinsen
    ➜ Flexibel und komfortabel, geeignet für den täglichen Gebrauch.
  • Formstabile (harte) Kontaktlinsen
    ➜ Bieten oft eine schärfere Korrektur und sind besonders bei Astigmatismus wirksam.
  • Multifokale Kontaktlinsen
    ➜ Diese Linsen können gleichzeitig Presbyopie und andere Fehlsichtigkeiten korrigieren.

Refraktive Chirurgie

Die refraktive Chirurgie bietet eine dauerhafte Lösung für viele Refraktionsfehler und ist besonders attraktiv für Menschen, die keine Brille oder Kontaktlinsen tragen möchten. Zu den gängigsten Verfahren gehören:

  • LASIK (Laser-in-situ-Keratomileusis)
    ➜ Ein weit verbreitetes Verfahren, bei dem die Hornhaut mit einem Laser neu geformt wird, um das Licht korrekt auf die Netzhaut zu fokussieren. LASIK ist besonders wirksam bei Myopie, Hyperopie und Astigmatismus.
  • PRK (Photorefraktive Keratektomie)
    ➜ Ähnlich wie LASIK, jedoch ohne die Bildung eines Hornhautlappens. PRK ist eine Option für Patienten mit dünner Hornhaut.
  • Linsenimplantate (ICL – Implantable Collamer Lens)
    ➜ Eine künstliche Linse wird zusätzlich zur natürlichen Linse des Auges implantiert, was eine reversible und anpassbare Korrektur bietet. Diese Methode eignet sich gut für hohe Fehlsichtigkeiten oder wenn LASIK nicht möglich ist.

Orthokeratologie

Orthokeratologie (Ortho-K) ist eine nicht-chirurgische Methode, bei der speziell geformte Kontaktlinsen getragen werden, die die Hornhaut während des Schlafes neu formen. Diese temporäre Korrektur ermöglicht klares Sehen ohne Linsen während des Tages. Ortho-K wird häufig zur Kontrolle der Myopieprogression bei Kindern verwendet.

Presbyopie-Korrektur

Presbyopie, eine altersbedingte Form der Weitsichtigkeit, kann auf verschiedene Arten korrigiert werden:

  • Multifokale Brillen oder Kontaktlinsen
    ➜ Diese Linsen bieten mehrere Korrekturzonen für unterschiedliche Entfernungen.
  • Monovision
    ➜ Ein Auge wird für die Fernsicht und das andere für die Nahsicht korrigiert, entweder durch Kontaktlinsen oder refraktive Chirurgie.
  • Refraktive Chirurgie
    ➜ Verfahren wie LASIK oder Linsenimplantate können auch zur Korrektur von Presbyopie eingesetzt werden.

Individuelle Anpassung und Beratung

Die Wahl der Korrekturmethode sollte individuell an die Bedürfnisse und den Lebensstil des Patienten angepasst werden. Eine sorgfältige Beratung durch den Augenarzt ist unerlässlich, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Dabei müssen Faktoren wie das Alter, die Art des Refraktionsfehlers, die beruflichen Anforderungen und die persönlichen Präferenzen des Patienten berücksichtigt werden.

Spezielle Überlegungen in der klinischen Praxis

Besondere Patientengruppen wie Kinder, ältere Menschen oder Personen mit Augenerkrankungen (z.B. Katarakt, Keratokonus) erfordern angepasste Refraktionstechniken. Bei Kindern kann die Refraktion durch eine Zykloplegie (vorübergehende Lähmung der Akkommodation durch Augentropfen) erleichtert werden, um eine genauere Messung zu gewährleisten. Bei älteren Menschen müssen Veränderungen in der Linsenklarheit (z.B. durch Katarakte) berücksichtigt werden.

Zusammenfassung

Die Refraktion ist ein grundlegendes Konzept in der Optik und der Augenheilkunde. Ein fundiertes Verständnis der Refraktionsprinzipien und ihrer klinischen Anwendung ist entscheidend für die Diagnose und Behandlung von Fehlsichtigkeiten. Die Wahl der Korrekturmethode sollte individuell an den Patienten angepasst werden, um die bestmögliche visuelle Funktion zu gewährleisten. In der klinischen Praxis sind sowohl das Wissen um die physikalischen Grundlagen als auch die Fertigkeit in der Anwendung der Refraktionstechniken unerlässlich, um Patienten eine optimale Sehqualität zu bieten.

Quellen

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