Sympathikus

Der Sympathikus ist ein Teil des autonomen Nervensystems, das den Körper auf Stress vorbereitet. Er erhöht Herzfrequenz und Blutdruck, erweitert die Bronchien und hemmt Verdauungsprozesse. Aktiviert durch Stressoren, ermöglicht er schnelle Reaktionen wie „Kampf oder Flucht“.
Wortart:
Substantiv, maskulin
Aussprache (IPA):
[zʏmˈpaːtikʊs]
Trennung:
Sym|pa|thi|kus
Synonym:
Sympathisches Nervensystem, Pars sympathica, Pars sympathetica
Englisch:
sympathetic nervous system, sympathetic nerve
Abstammung:
griech.: συμπαθεῖν (sympathein) = mitleiden

Der Sympathikus, ein Teil des autonomen Nervensystems, spielt eine zentrale Rolle bei der Regulation der unwillkürlichen Körperfunktionen. Er gehört zum sympathischen Nervensystem, das neben dem Parasympathikus und dem enterischen Nervensystem eine wichtige Komponente der autonom gesteuerten Prozesse darstellt. Diese Struktur ist für die „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion verantwortlich, die den Körper auf Stresssituationen vorbereitet, indem sie Herzfrequenz, Blutdruck und andere physiologische Prozesse beeinflusst.

Definition

Der Sympathikus ist ein Teil des autonomen Nervensystems, der in erster Linie aktiviert wird, um den Körper auf intensive körperliche Aktivitäten vorzubereiten. Er ist für die Mobilisierung von Energiequellen verantwortlich, erhöht die Herzfrequenz, erweitert die Atemwege und hemmt nicht unbedingt lebensnotwendige Prozesse wie die Verdauung.

Der Sympathikus verhält sich größtenteils antagonistisch zur Wirkung des Parasympathikus.

Lage und Anatomie

Der Sympathikus verläuft entlang der gesamten Wirbelsäule und besteht aus einer Kette von Nervenknoten, den sogenannten Ganglien, die beidseitig parallel zur Wirbelsäule liegen und den sogenannten sympathischen Grenzstrang bilden. Diese Struktur erstreckt sich von der Schädelbasis bis zum Steißbein.

Ursprung und Verlauf der Neuronen

Die Neuronen des Sympathikus werden in präganglionäre und postganglionäre Neuronen unterteilt:

  • Präganglionäre Neuronen
    ➜ Ursprung: Die präganglionären Neuronen des Sympathikus entspringen im Rückenmark, genauer gesagt in den Seitenhörnern der grauen Substanz in den thorakalen (Th1-Th12) und lumbalen (L1-L2) Segmenten.
    ➜ Verlauf: Diese Neuronen (Nervenzellen) verlassen das Rückenmark durch die Vorderwurzeln der Spinalnerven und ziehen zum Grenzstrang, der direkt neben der Wirbelsäule liegt.
  • Postganglionäre Neuronen
    ➜ Verlauf: Die postganglionären Neuronen haben ihren Ursprung entweder im sympathischen Grenzstrang oder in prävertebralen Ganglien. Von dort aus projizieren sie zu den Zielorganen, wo sie ihre Wirkung entfalten, z. B. auf das Herz, die Lunge, Blutgefäße, Schweißdrüsen und den Magen-Darm-Trakt.

Sympathischer Grenzstrang

Der sympathische Grenzstrang, auch Truncus sympathicus genannt, ist eine Kette von etwa 22-23 Ganglien, die sich auf jeder Seite der Wirbelsäule befindet. Diese Ganglien sind durch Nervenfasern miteinander verbunden und bilden eine durchgehende Kette, die entlang der gesamten Länge der Wirbelsäule verläuft:

  • Zervikale Ganglien
    ➜ Im Halsbereich liegen drei Ganglien: das obere, mittlere und untere zervikale Ganglion. Diese Ganglien innervieren unter anderem Kopf, Hals und die oberen Extremitäten.
  • Thorakale Ganglien
    ➜ Im Brustbereich befinden sich zwölf thorakale Ganglien, die vor allem die Herz- und Lungenfunktion beeinflussen.
  • Lumbale und sakrale Ganglien
    ➜ Diese Ganglien befinden sich im Lenden- und Kreuzbeinbereich und versorgen vor allem die Bauch- und Beckenorgane sowie die unteren Extremitäten.

Prävertebrale Ganglien

Neben dem Grenzstrang gibt es auch prävertebrale Ganglien, die weiter entfernt von der Wirbelsäule und näher an den großen Bauchorganen liegen. Diese umfassen:

  • Zöliakieganglion
    ➜ Dieses Ganglion befindet sich vor der Aorta in der Nähe des Zwerchfells und versorgt die Magen-Darm-Organe.
  • Obere Mesenterialganglien
    ➜ Sie innervieren den Dünndarm und den ersten Teil des Dickdarms.
  • Untere Mesenterialganglien
    ➜ Diese Ganglien versorgen den restlichen Teil des Dickdarms und die Beckenorgane.

Spezielle anatomische Merkmale

Ein charakteristisches Merkmal des Sympathikus ist die divergente Verschaltung der präganglionären Neuronen. Ein einziges präganglionäres Neuron kann mit zahlreichen postganglionären Neuronen verbunden sein, was eine weitreichende und synchronisierte Aktivierung des sympathischen Nervensystems ermöglicht. Dies ist besonders wichtig bei der schnellen Anpassung des Körpers an Stresssituationen.

Darüber hinaus innerviert der Sympathikus auch die Nebennieren, die bei Aktivierung Adrenalin und Noradrenalin direkt in den Blutkreislauf freisetzen. Diese Hormone verstärken die systemische sympathische Reaktion, indem sie die Herzfrequenz erhöhen, den Blutdruck steigern und die Bronchien erweitern.

Physiologie

Der Sympathikus ist ein integraler Bestandteil des autonomen Nervensystems und spielt eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Homöostase, insbesondere in Stresssituationen. Er bereitet den Körper auf schnelle Reaktionen vor, die typischerweise als „Kampf-oder-Flucht“-Reaktionen bekannt sind. Dies geschieht durch die Aktivierung einer Vielzahl von physiologischen Mechanismen, die den Körper auf physische oder emotionale Belastungen vorbereiten.

Aktivierung und Signalübertragung

Die Aktivierung des Sympathikus beginnt im Hypothalamus, der als zentrales Steuerungsorgan fungiert und auf Stressreize reagiert. Der Hypothalamus sendet Signale über das Rückenmark zu den präganglionären Neuronen des Sympathikus, die im thorakolumbalen Bereich des Rückenmarks (Th1-L2) angesiedelt sind. Diese Neuronen setzen den Neurotransmitter Acetylcholin frei, der die Ganglien des sympathischen Grenzstrangs aktiviert.

In den sympathischen Ganglien erfolgt eine Umschaltung auf die postganglionären Neuronen, die Noradrenalin freisetzen. Dieses Noradrenalin wirkt dann auf adrenerge Rezeptoren (Alpha- und Beta-Rezeptoren) in den Zielorganen, um die sympathische Reaktion zu vermitteln.

Organotrope Wirkungen des Sympathikus

Der Sympathikus beeinflusst eine Vielzahl von Organen und Geweben im Körper, indem er spezifische physiologische Veränderungen hervorruft, die den Körper auf akute Stresssituationen vorbereiten. Diese organotrope Wirkung ist das Ergebnis der Aktivierung adrenerger Rezeptoren durch Noradrenalin und Adrenalin, die von den sympathischen Nerven freigesetzt werden.

Herz-Kreislauf-System

  • Herz
    ➜ Der Sympathikus erhöht die Herzfrequenz (positive Chronotropie) und die Kontraktionskraft des Herzens (positive Inotropie). Dies geschieht durch die Aktivierung von Beta-1-Rezeptoren im Herzmuskel. Die gesteigerte Herzleistung sorgt für eine verbesserte Durchblutung der Muskulatur und anderer wichtiger Organe während Stresssituationen.
  • Blutgefäße
    ➜ Der Sympathikus verursacht eine Vasokonstriktion (Verengung der Blutgefäße) durch die Aktivierung von Alpha-1-Rezeptoren, was zu einem erhöhten Blutdruck führt. Gleichzeitig führt er in den Koronar- und Skelettmuskulaturgefäßen zu einer Vasodilatation (Erweiterung der Blutgefäße) über Beta-2-Rezeptoren, um die Sauerstoffversorgung in diesen Geweben zu verbessern.

Atmungssystem

  • Bronchien
    ➜ Die Aktivierung des Sympathikus führt zur Bronchodilatation, also zur Erweiterung der Atemwege, was die Atmung erleichtert und die Sauerstoffaufnahme verbessert. Dieser Effekt wird durch die Aktivierung von Beta-2-Rezeptoren in der Bronchialmuskulatur vermittelt.

Stoffwechsel

  • Leber
    ➜ Der Sympathikus stimuliert die Glukoneogenese und Glykogenolyse in der Leber, wodurch Glukose freigesetzt und der Blutzuckerspiegel erhöht wird. Dies stellt dem Körper schnell verfügbare Energie zur Verfügung.
  • Fettgewebe
    ➜ Im Fettgewebe führt die Aktivierung von Beta-3-Rezeptoren zur Lipolyse, bei der Fettsäuren aus Triglyzeriden freigesetzt werden, die dann als Energiequelle genutzt werden können.
  • Pankreas
    ➜ Der Sympathikus hemmt die Insulinsekretion durch die Beta-Zellen des Pankreas, um die Verfügbarkeit von Glukose im Blut zu erhöhen, während er die Glukagonsekretion fördert, was ebenfalls den Blutzuckerspiegel anhebt.

Magen-Darm-Trakt

  • Peristaltik und Sekretion
    ➜ Der Sympathikus hemmt die Magen-Darm-Peristaltik und reduziert die Sekretion von Verdauungssäften. Diese Effekte werden durch die Aktivierung von Alpha-2-Rezeptoren und Beta-2-Rezeptoren vermittelt, was zu einer Verlangsamung der Verdauung führt.
  • Blutgefäße des Verdauungstrakts
    ➜ Die Blutgefäße im Magen-Darm-Trakt werden durch den Sympathikus verengt, wodurch die Durchblutung verringert wird. Dies stellt sicher, dass Blut zu lebenswichtigeren Organen umgeleitet wird, wenn der Körper auf Stress reagiert.

Urogenitalsystem

  • Niere
    ➜ Der Sympathikus steigert die Reninfreisetzung in der Niere durch die Aktivierung von Beta-1-Rezeptoren, was zur Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) führt. Dies erhöht den Blutdruck und unterstützt die Volumenregulation.
  • Harnblase
    ➜ Der Sympathikus führt zur Relaxation des Detrusormuskels der Blase über Beta-2-Rezeptoren und zur Kontraktion des inneren Harnröhrenschließmuskels über Alpha-1-Rezeptoren. Dies fördert die Harnretention während stressiger Situationen.

Auge

  • Pupille
    ➜ Der Sympathikus bewirkt eine Mydriasis (Pupillenerweiterung) durch die Kontraktion des Musculus dilatator pupillae. Dies erhöht die Lichtmenge, die ins Auge gelangt, und verbessert das Sehvermögen in stressigen Situationen.

Haut und Schweißdrüsen

  • Schweißdrüsen
    ➜ Der Sympathikus aktiviert die Schweißdrüsen, was zu vermehrtem Schwitzen führt, insbesondere in den Handflächen und Fußsohlen. Dieser Effekt wird durch die Aktivierung von muskarinischen Rezeptoren vermittelt, obwohl diese normalerweise als parasympathisch angesehen werden.
  • Hautgefäße
    ➜ Die Blutgefäße in der Haut werden durch den Sympathikus verengt, was die Hautdurchblutung reduziert und Wärmeverlust minimiert, um den Körperkern in stressigen Situationen zu schützen.

Adrenale Antwort

Ein wichtiger Aspekt der sympathischen Reaktion ist die Aktivierung des Nebennierenmarks, das Adrenalin und Noradrenalin direkt in den Blutkreislauf freisetzt. Diese Hormone verstärken die systemischen Effekte des Sympathikus und verlängern die Reaktionszeit des Körpers auf Stressreize.

Rückkopplungsmechanismen

Die Effekte des Sympathikus werden durch verschiedene negative Rückkopplungsmechanismen reguliert, um eine Überaktivierung zu vermeiden. Beispielsweise führt ein erhöhter Blutdruck zur Aktivierung von Barorezeptoren, die die sympathische Aktivität hemmen und den Parasympathikus aktivieren, um die Herzfrequenz zu senken.

Biochemie

Auf biochemischer Ebene sind die Haupttransmitter des Sympathikus Noradrenalin und Adrenalin. Diese Katecholamine werden durch die Enzyme Tyrosinhydroxylase und Dopamin-β-Hydroxylase synthetisiert. Ihre Wirkung wird durch den Abbau durch Monoaminoxidase (MAO) und Catechol-O-Methyltransferase (COMT) beendet.

Pharmakologie

Die Pharmakologie des Sympathikus beschäftigt sich mit Medikamenten, die die Aktivität des sympathischen Nervensystems beeinflussen, entweder durch Stimulierung (Sympathomimetika) oder Hemmung (Sympatholytika) der sympathischen Nervenübertragung. Diese Medikamente spielen eine entscheidende Rolle bei der Behandlung verschiedener kardiovaskulärer, respiratorischer und metabolischer Erkrankungen.

Sympathomimetika

Sympathomimetika sind Substanzen, die die Wirkung des Sympathikus nachahmen, indem sie adrenerge Rezeptoren direkt aktivieren oder die Freisetzung von Noradrenalin fördern. Sie können in direkte und indirekte Sympathomimetika unterteilt werden. Man unterscheidet direkte Sympathomimetika (Alpha-Agonisten, Beta-Agonisten) und indirekte Sympathomimetika (Amphetamine, Kokain).

Sympatholytika

Sympatholytika sind Medikamente, die die Wirkung des Sympathikus blockieren, indem sie die adrenergen Rezeptoren hemmen oder die Freisetzung von Noradrenalin reduzieren. Hierzu zählen Alpha-Blocker, Beta-Blocker und zentrale Sympatholytika.

Klinische Relevanz

In der klinischen Praxis spielt der Sympathikus eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Beta-Blocker zum Beispiel werden eingesetzt, um die sympathische Aktivität zu reduzieren, indem sie die Wirkung von Noradrenalin und Adrenalin an Beta-Rezeptoren blockieren. Hyperaktivität des Sympathikus ist auch ein zentrales Merkmal bei Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und Angstzuständen.

Zusammenfassung

Der Sympathikus, ein Teil des autonomen Nervensystems, reguliert die „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion durch Aktivierung von adrenergen Rezeptoren. Er steuert Herzfrequenz, Blutdruck, Atmung und Energieversorgung und ist über prä- und postganglionäre Neuronen organisiert. Histologisch setzt er auf cholinerge und adrenerge Neuronen. Biochemisch wirken Noradrenalin und Adrenalin über spezifische Rezeptoren. Klinisch relevant sind seine Rollen in der Behandlung von Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und Angststörungen.

Quellen

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