Auskultation

Auskultation des Herzens
Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[aʊ̯skʊlˈtaːtsi̯oːn]
Adjektiv:
auskultatorisch
Verb:
auskultieren
Plural:
Auskultationen
Trennung:
Aus|kul|ta|ti|on
Synonym:
Abhorchen, Abhören
Englisch:
Auscultation
Abstammung:
latein.: auscultare = abhören, horchen

Die Auskultation ist eine klinische Untersuchungstechnik, bei der der Arzt oder das medizinische Fachpersonal mithilfe eines Stethoskops auf die Geräusche hört, die im Körper erzeugt werden. Diese Technik ist ein wesentlicher Bestandteil der körperlichen Untersuchung und wird verwendet, um Informationen über den Zustand der Lungen, des Herzens und des Abdomens zu sammeln. Durch das Zuhören auf charakteristische Geräusche können Diagnosen gestellt und Behandlungspläne erstellt werden.

Historischer Hintergrund

Die Kunst der Auskultation wurde im Jahr 1816 von dem französischen Arzt René Laennec eingeführt. Laennec erfand das Stethoskop und legte damit den Grundstein für die moderne Auskultation. Vor der Erfindung des Stethoskops wurde die Auskultation durch direkte Auflegung des Ohrs auf den Körper des Patienten durchgeführt, was als „direkte Auskultation“ bekannt war. Laennecs Innovation ermöglichte eine präzisere und hygienischere Untersuchung.

Grundlagen der Auskultation

Physikalische Prinzipien

Die Auskultation basiert auf der Übertragung von Schallwellen durch den Körper. Verschiedene Körperstrukturen und -organe erzeugen spezifische Schallmuster, die durch das Stethoskop verstärkt und analysiert werden können. Die wichtigsten physikalischen Prinzipien beinhalten die Schallwellenentstehung, deren Ausbreitung durch verschiedene Medien und die Wechselwirkungen mit anatomischen Strukturen.

Anatomische Grundlagen

Um eine effektive Auskultation durchzuführen, ist ein fundiertes Wissen der Anatomie erforderlich. Die Auskultation der Lunge, des Herzens und des Abdomens erfordert die Kenntnis der Lage und Funktion dieser Organe sowie der umgebenden Strukturen. Bei der Lungenauskultation werden die Atemwege, Lungenlappen und Pleuraspalte untersucht. Die Herzgeräusche entstehen durch die Bewegung des Bluts durch die Herzklappen und Kammern. Die Darmgeräusche werden durch die Bewegungen des Magen-Darm-Trakts erzeugt.

Auskultation des Herzens
Abb. 1.1: Auskultation des Herzens

Auskultationstechniken

Vorbereitung und Ausrüstung

Die richtige Vorbereitung und die Verwendung geeigneter Ausrüstung sind entscheidend für eine erfolgreiche Auskultation. Hierzu gehören:

  • Ein qualitativ hochwertiges Stethoskop
  • Ruhige Umgebung
  • Richtige Positionierung des Patienten
  • Hygienevorschriften

Techniken zur Auskultation der Lunge

Die Lungen werden in mehreren Bereichen auskultiert, einschließlich der anterioren, lateralen und posterioren Thoraxwand. Der Arzt sollte auf normale Atemgeräusche (vesikulär) sowie auf abnormale Geräusche wie Rasselgeräusche, Giemen und Stridor achten.

Techniken zur Auskultation des Herzens

Die Herzgeräusche werden über spezifischen Punkten, die als Auskultationsstellen bekannt sind, abgehört: Aortenklappe, Pulmonalklappe, Trikuspidalklappe und Mitralklappe. Hierbei wird auf die Herztöne (S1 und S2) sowie auf zusätzliche Geräusche wie Herzgeräusche (Murmurs) und Galopprhythmen geachtet.

Techniken zur Auskultation des Abdomens

Die Darmgeräusche werden über allen vier Quadranten des Abdomens abgehört. Normale Darmgeräusche sind gurgelnde Geräusche, die durch die Peristaltik verursacht werden. Abnormale Geräusche können auf pathologische Zustände wie Darmverschluss oder Entzündungen hinweisen.

Normalbefunde und pathologische Befunde

Normale Lungengeräusche

  • Vesikuläre Atemgeräusche
    ➜ Weiche, rauschende Geräusche, die über den peripheren Lungenfeldern zu hören sind.
  • Bronchiale Atemgeräusche
    ➜ Lautere und hohlere Geräusche, die über den größeren Atemwegen zu hören sind.

Normale Herzgeräusche

  • Erster Herzton (S1)
    ➜ Entsteht durch den Verschluss der Mitral- und Trikuspidalklappe zu Beginn der Systole.
  • Zweiter Herzton (S2)
    ➜ Entsteht durch den Verschluss der Aorten- und Pulmonalklappe am Ende der Systole.

Pathologische Lungengeräusche und ihre Bedeutung

  • Rasselgeräusche (Crackles)
    ➜ Können auf Flüssigkeit in den Alveolen hinweisen, typisch bei Pneumonie oder Lungenödem.
  • Giemen (Wheezes)
    ➜ Pfeifende Geräusche, die durch Verengung der Atemwege verursacht werden, häufig bei Asthma oder COPD.
  • Stridor
    ➜ Hochfrequentes Geräusch, das auf eine Obstruktion der oberen Atemwege hinweist.

Pathologische Herzgeräusche und ihre Bedeutung

  • Systolische Geräusche
    ➜ Können auf Aorten- oder Mitralklappeninsuffizienz hinweisen.
  • Diastolische Geräusche
    ➜ Können auf Aortenklappenstenose oder Mitralklappenstenose hinweisen.
  • Galopprhythmus
    ➜ Ein zusätzlicher dritter oder vierter Herzton, der auf Herzinsuffizienz hindeuten kann.

Pathologische Darmgeräusche und ihre Bedeutung

  • Hyperaktive Geräusche
    ➜ Können auf eine gastrointestinale Hyperaktivität hinweisen, wie sie bei Durchfall oder frühem Darmverschluss vorkommt.
  • Hypoaktive oder fehlende Geräusche
    ➜ Können auf eine Ileus oder Peritonitis hinweisen.
Auskultation der Lunge
Abb. 1.2: Auskultation der Lunge

Spezielle Anwendungen der Auskultation

Auskultation bei Kindern

Bei Kindern sind die anatomischen und physiologischen Unterschiede zu berücksichtigen. Kinder haben beispielsweise oft schnellere Herzfrequenzen und höhere Atemfrequenzen. Es ist wichtig, auf spezifische kindliche Erkrankungen zu achten, wie angeborene Herzfehler oder kindliches Asthma.

Auskultation bei älteren Patienten

Ältere Patienten können multiple chronische Erkrankungen haben, die die Auskultation beeinflussen. Beispielsweise können degenerative Veränderungen der Herzklappen oder chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) häufige Befunde sein.

Auskultation bei spezifischen Erkrankungen

Bestimmte Erkrankungen erfordern besondere Aufmerksamkeit bei der Auskultation:

  • Pneumonie
    ➜ Typische Befunde sind Rasselgeräusche und bronchiale Atemgeräusche.
  • Herzinsuffizienz
    ➜ Häufig sind zusätzliche Herzgeräusche und basale Rasselgeräusche in den Lungen zu hören.
  • Asthma
    ➜ Giemen und verlängertes Exspirium sind häufige Auskultationsbefunde.

Fehlerquellen und Herausforderungen

Häufige Fehler bei der Auskultation

  • Unzureichende Vorbereitung
    ➜ Mangelnde Hygiene oder schlechte Positionierung des Patienten können die Auskultation beeinträchtigen.
  • Störgeräusche
    ➜ Hintergrundgeräusche können die Identifikation von Körpergeräuschen erschweren.
  • Technikfehler
    ➜ Falsche Anwendung des Stethoskops oder unzureichende Kenntnis der anatomischen Auskultationspunkte.

Tipps zur Verbesserung der Auskultationstechnik

  • Übung und Erfahrung
    ➜ Regelmäßige Praxis und das Hören auf eine Vielzahl von normalen und pathologischen Geräuschen sind entscheidend.
  • Fortbildung
    ➜ Teilnahme an Schulungen und Workshops zur Verbesserung der Auskultationstechnik.
  • Feedback einholen
    ➜ Austausch mit Kollegen und Vorgesetzten zur Verbesserung der Technik und Interpretation der Befunde.

Zusammenfassung

Die Auskultation bleibt ein essenzielles Werkzeug in der klinischen Untersuchung. Ein fundiertes Verständnis der normalen und pathologischen Geräusche sowie eine sorgfältige Technik sind entscheidend für die korrekte Diagnose und Behandlung.

Die fortschreitende Technologie, wie digitale Stethoskope und KI-gestützte Analysesysteme, könnten die Auskultation weiter verbessern und standardisieren. Zukünftige Forschung könnte sich auf die Integration dieser Technologien in den klinischen Alltag und die Verbesserung der Diagnostik durch fortschrittliche Audiosignalanalyse konzentrieren.

Quellen

  • Faller, A., & Schünke, M. (2016). Der Körper des Menschen: Einführung in Bau und Funktion (A. Faller & M. Schünke, Hrsg.; 17. Aufl.). Thieme.
  • Menche, N. (Hrsg.). (2016). Biologie Anatomie Physiologie: Mit Zugang zu pflegeheute.de (8. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Urban & Fischer Verlag (Hrsg.). (2006). Roche Lexikon Medizin Sonderausgabe (5. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Andreae, S. (Hrsg.). (2008). Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen (2. Aufl.). Thieme.