Pulsoximetrie

Pulsoximeter
Klassisches Pulsoxymeter, dass mit einer Klemmfeder am Finger des Patienten befestigt wird
Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[[ˌpʊlsoˌksɪmeˈtriː]
Verb:
pulsoximetrisch, pulsoxymetrisch
Plural:
Pulsoximetrien
Trennung:
Puls|o|xie|me|trie
Synonym:
Pulsoximetrische Untersuchung, Pulsoxymetrie
Englisch:
pulse oximetry
Erhöhter Wert:
Puls > 80 bpm
Erniedrigter Wert:
Sauerstoff: < 90%, Puls < 60 bpm
Physiologisch:
Sauerstoff: 97 bis 100%, Puls: 60 bis 80 bpm

Die Pulsoximetrie ist ein nicht-invasives Verfahren zur Messung der Sauerstoffsättigung im Blut und der Herzfrequenz. Sie hat sich zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der modernen Medizin entwickelt und wird routinemäßig in verschiedenen klinischen Szenarien eingesetzt, von der Notfallversorgung bis zur Überwachung chronischer Erkrankungen. Die Fähigkeit, die Sauerstoffversorgung der Gewebe schnell und zuverlässig zu überwachen, ist von entscheidender Bedeutung für die Diagnose und Behandlung einer Vielzahl von gesundheitlichen Zuständen.

Grundlagen der Pulsoximetrie

Definition und Funktionsprinzip

Die Pulsoximetrie basiert auf der unterschiedlichen Lichtabsorption von oxyhämoglobin (HbO2) und desoxygeniertem Hämoglobin (Hb) im Blut. Ein Pulsoximeter besteht aus einem Sensor, der üblicherweise am Finger, Ohrläppchen oder Zeh angebracht wird. Der Sensor sendet zwei Lichtstrahlen unterschiedlicher Wellenlängen (üblicherweise rot und infrarot) durch das Gewebe. Die Menge des durchgelassenen Lichts wird gemessen und zur Berechnung der Sauerstoffsättigung (SpO2) und der Pulsfrequenz verwendet.

Historische Entwicklung

Die Pulsoximetrie wurde erstmals in den 1940er Jahren entwickelt, aber erst in den 1980er Jahren erlebte sie einen breiten Durchbruch in der klinischen Anwendung. Seitdem hat sie sich stetig weiterentwickelt, sowohl in technischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Anwendungsmöglichkeiten.

Technische Aspekte

Aufbau und Komponenten eines Pulsoximeters

Ein modernes Pulsoximeter besteht aus mehreren Hauptkomponenten: dem Sensor, der Elektronikeinheit und der Anzeigeeinheit. Der Sensor enthält Lichtquellen (LEDs) und einen Photodetektor. Die Elektronikeinheit verarbeitet die Signale und berechnet die Sauerstoffsättigung und Pulsfrequenz. Die Anzeigeeinheit zeigt die Ergebnisse in Echtzeit an.

Messprinzipien

Spektraleigenschaften des Hämoglobins und Lichtabsorption

Hämoglobin in seiner oxygenierten und desoxygenierten Form hat unterschiedliche Absorptionsspektren. Die roten und infraroten Lichtwellenlängen werden spezifisch gewählt, da oxyhämoglobin mehr infrarotes Licht und weniger rotes Licht absorbiert, während desoxygeniertes Hämoglobin mehr rotes Licht und weniger infrarotes Licht absorbiert.

Genauigkeit und mögliche Fehlerquellen

Die Genauigkeit der Pulsoximetrie kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, darunter Bewegungsartefakte, niedrige Perfusion, Hautpigmentierung und das Vorhandensein von Nagellack. Moderne Pulsoximeter verfügen über Algorithmen zur Minimierung dieser Störfaktoren, jedoch bleiben gewisse Einschränkungen bestehen.

Prinzip der pulsoximetrischen Messung
Abb. 1.1: Prinzip der pulsoximetrischen Messung

Anwendung in der Klinik

Indikationen zur Anwendung

Pulsoximeter werden in einer Vielzahl von klinischen Situationen eingesetzt. Dazu gehören die Überwachung der Sauerstoffsättigung bei Patienten mit respiratorischen Erkrankungen, während operativer Eingriffe und in der postoperativen Überwachung, in der Notfallmedizin sowie in der Langzeitüberwachung bei chronischen Erkrankungen wie COPD und Herzinsuffizienz.

Praktische Durchführung

Bei der Anwendung eines Pulsoximeters ist es wichtig, den Sensor korrekt zu platzieren und sicherzustellen, dass die Umgebung keine Interferenzen verursacht. Eine korrekte Handhabung und regelmäßige Kalibrierung des Geräts sind ebenfalls entscheidend für genaue Messwerte.

Interpretation der Messergebnisse

Die Interpretation der Sauerstoffsättigungswerte erfordert klinisches Wissen über normale und pathologische Werte. Eine Sauerstoffsättigung von 95 – 100% gilt in der Regel als normal, während Werte unter 90% auf eine Hypoxie hinweisen können, die sofortige medizinische Maßnahmen erfordert.

CAVE: Sauerstoffsättigungswerte unterhalb 85% sind als kritisch anzusehen.

Spezielle Anwendungsbereiche

Pulsoximetrie bei Neugeborenen

Die Überwachung der Sauerstoffsättigung bei Neugeborenen ist besonders kritisch, da sie anfällig für Atemstörungen sind. Spezielle Sensoren und Algorithmen sind erforderlich, um genaue Messungen bei dieser Patientengruppe zu gewährleisten.

Anwendung bei verschiedenen Erkrankungen

Pulsoximetrie wird häufig bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) eingesetzt, um die Sauerstoffsättigung zu überwachen und die Notwendigkeit von Sauerstofftherapie zu bestimmen. Auch bei Patienten mit Schlafapnoe wird die nächtliche Sauerstoffsättigung überwacht, um die Schwere der Erkrankung zu beurteilen und die Therapie anzupassen.

Verwendung in der Notfallmedizin

In der Notfallmedizin ist die schnelle und zuverlässige Messung der Sauerstoffsättigung von entscheidender Bedeutung. Pulsoximeter ermöglichen eine schnelle Einschätzung des Sauerstoffstatus von Patienten in kritischen Situationen, wie bei Herzinfarkten, Schock oder schweren Traumata.

Klassisches Pulsoxymeter, dass mit einer Klemmfeder am Finger des Patienten befestigt wird
Abb. 1.2: Klassisches Pulsoxymeter, das mit einer Klemmfeder am Finger des Patienten befestigt wird

Fortschritte und Innovationen

Technologische Weiterentwicklungen

Die technologische Entwicklung hat zur Einführung von tragbaren und kontinuierlich überwachenden Pulsoximetern geführt, die eine Langzeitüberwachung ermöglichen. Fortschritte in der Sensortechnologie und Signalverarbeitung haben die Genauigkeit und Zuverlässigkeit dieser Geräte weiter verbessert.

Integration mit anderen medizinischen Geräten

Moderne Pulsoximeter können in komplexe Überwachungssysteme integriert werden, die auch andere Vitalparameter wie Blutdruck, EKG und Atemfrequenz erfassen. Diese Integration ermöglicht eine umfassende Überwachung und eine bessere klinische Entscheidungsfindung.

Evidenzbasierte Praxis und Forschung

Studien und Forschungsergebnisse

Zahlreiche Studien haben die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der Pulsoximetrie in verschiedenen klinischen Szenarien bestätigt. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Verwendung von Pulsoximetern die Erkennung von Hypoxie verbessert und die Patientenversorgung optimiert.

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  • Gylys, R. u. a. (2023) „Quantifying pulse oximeter accuracy during hypoxemia and severe anemia using an in vitro circulation system“, Journal of clinical monitoring and computing, 37(6), S. 1441–1449. doi: 10.1007/s10877-023-01031-3. Studie lesen
  • Wilson, B. J. u. a. (2010) „The accuracy of pulse oximetry in emergency department patients with severe sepsis and septic shock: a retrospective cohort study“, BMC emergency medicine, 10(1). doi: 10.1186/1471-227x-10-9. Studie lesen

Empfehlungen und Leitlinien

Basierend auf den Forschungsergebnissen haben verschiedene medizinische Fachgesellschaften Leitlinien zur Anwendung der Pulsoximetrie entwickelt. Diese Leitlinien bieten Empfehlungen zur Indikation, Durchführung und Interpretation der Messungen.

Zusammenfassung

Pulsoximetrie ist ein nicht-invasives Verfahren zur Messung der Sauerstoffsättigung (SpO2) im Blut und der Pulsfrequenz. Ein Pulsoximeter, meist an Finger, Zeh oder Ohrläppchen angebracht, nutzt Lichtemission und -absorption zur Bestimmung des Sauerstoffgehalts im Hämoglobin. Durch die Differenzierung von sauerstoffreichem und sauerstoffarmem Hämoglobin ermöglicht die Pulsoximetrie eine kontinuierliche Überwachung der Sauerstoffversorgung im Körper, was besonders in der Notfallmedizin, Anästhesie und Intensivpflege entscheidend ist. Normale SpO2-Werte liegen zwischen 95% und 100%. Niedrigere Werte können auf Atemwegserkrankungen oder andere medizinische Probleme hinweisen.

Quellen

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