Alkoholikertypologie nach Jellinek

Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[[ˌalkoˈhoːlɪkɐtyˌpoˈloːɡiː]
Plural:
Alkoholikertypologien
Trennung:
Al|ko|ho|li|ker|ty|po|lo|gie
Synonym:
Alkoholiker-Typen
Englisch:
alcoholic typology
Med. Fachgebiet:

E. M. Jellinek, ein bedeutender Forscher auf dem Gebiet der Alkoholabhängigkeit, entwickelte in den 1950er Jahren eine Klassifikation der Alkoholiker in verschiedene Typen. Diese Typologie basierte auf seinen Beobachtungen und Studien und diente dazu, die unterschiedlichen Muster und Verläufe des Alkoholismus zu beschreiben.

Definition

Die Alkoholikertypologie nach Jellinek unterteilt Alkoholabhängige in fünf Typen: Alpha-Typ (psychisch abhängig), Beta-Typ (Gelegenheitstrinker), Gamma-Typ (süchtig, Kontrollverlust), Delta-Typ (Gewohnheitstrinker, körperlich abhängig) und Epsilon-Typ (periodisch trinkend). Diese Klassifikation hilft, verschiedene Trinkmuster zu verstehen.

Hintergrund

E. M. Jellinek war ein führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Alkoholabhängigkeit. In den 1940er und 1950er Jahren führte er umfangreiche Forschungen durch, um die verschiedenen Formen und Verläufe der Alkoholabhängigkeit besser zu verstehen. Sein Ziel war es, ein Klassifikationssystem zu entwickeln, das die unterschiedlichen Muster des Alkoholismus beschreibt und so eine gezieltere Diagnose und Therapie ermöglicht. So entstand neben der Alkoholikertypologie auch das Alkoholsucht-Phasenmodell.

Die 5 Alkoholikertypen nach Jellinek

Alpha-Typ (Erleichterungstrinker)

  • Merkmale
    ➜ Dieser Typ trinkt, um mit Stress, emotionalen oder sozialen Problemen umzugehen. Es handelt sich hierbei um einen psychologischen, nicht aber körperlichen Zwang.
  • Symptome
    ➜ Kein Kontrollverlust, aber starkes Verlangen nach Alkohol bei emotionaler Belastung.
  • Verlauf
    ➜ Kann sich zu schwerwiegenderen Formen entwickeln, aber körperliche Abhängigkeit ist selten.

Beta-Typ (Gesellschafts-, Gelegenheitstrinker)

  • Merkmale
    ➜ Trinkt regelmäßig aus sozialen Gründen, ohne körperliche oder psychische Abhängigkeit. Die Gesundheit kann durch schlechte Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil beeinträchtigt werden.
  • Symptome
    ➜ Keine Entzugssymptome oder Kontrollverlust.
  • Verlauf
    ➜ Dieser Typ entwickelt keine Alkoholabhängigkeit, kann aber durch den Alkoholkonsum gesundheitliche Probleme wie Leberzirrhose oder Magenbeschwerden entwickeln.

Gamma-Typ (Rauschtrinker)

  • Merkmale
    ➜ Dieser Typ ist durch eine fortschreitende Abhängigkeit gekennzeichnet, die sowohl psychisch als auch physisch ist. Der Gamma-Typ zeigt einen Kontrollverlust über den Alkoholkonsum.
  • Symptome
    ➜ Toleranzentwicklung, Entzugssymptome, unkontrollierbares Verlangen nach Alkohol.
  • Verlauf
    ➜ Typischerweise gekennzeichnet durch Phasen des exzessiven Trinkens und Abstinenz. Dies ist der klassische Typus der Alkoholabhängigkeit, der oft zu schwerwiegenden gesundheitlichen, sozialen und beruflichen Problemen führt.

Delta-Typ (Spiegeltrinker oder Pegeltrinker)

  • Merkmale
    ➜ Dieser Typ ist körperlich abhängig von Alkohol, kann jedoch die Menge des Konsums kontrollieren, um schwere Intoxikationen zu vermeiden. Es besteht ein kontinuierliches Bedürfnis, Alkohol zu trinken, um Entzugssymptome zu verhindern.
  • Symptome
    ➜ Täglicher Alkoholkonsum, Entzugssymptome bei Abstinenz, aber keine Rauschzustände.
  • Verlauf
    ➜ Der Delta-Typ kann lange Zeit ohne sichtbare Probleme funktionieren, aber das ständige Trinken führt zu langfristigen gesundheitlichen Schäden.

Epsilon-Typ (Quartalstrinker)

  • Merkmale
    ➜ Auch als „Quartalssäufer“ bekannt, trinkt dieser Typ in unregelmäßigen, aber extremen Trinkepisoden, die von längeren Perioden der Abstinenz unterbrochen werden.
  • Symptome
    ➜ Phasenweise exzessiver Konsum, Kontrollverlust während der Trinkphasen, starkes Verlangen nach Alkohol (Craving)
  • Verlauf
    ➜ Die Trinkepisoden können durch bestimmte Auslöser wie Stress oder emotionale Probleme ausgelöst werden. Zwischen den Episoden kann der Betroffene abstinent leben.

Geschichte der Jellinek-Typologie

Entstehung der Klassifikation

  • Jellineks Arbeit basierte auf der Analyse von Tausenden von Fallstudien und Befragungen. Er sammelte Daten von Alkoholikern in verschiedenen Kontexten und wertete diese aus, um Muster und gemeinsame Merkmale zu identifizieren.
  • Seine Forschung führte zur Veröffentlichung seines bahnbrechenden Buches „The Disease Concept of Alcoholism“ im Jahr 1960, in dem er die verschiedenen Typen von Alkoholikern beschrieb.

Veröffentlichung und Akzeptanz

  • Die Jellinek-Typologie fand schnell breite Akzeptanz in der medizinischen und psychologischen Gemeinschaft. Sie wurde als hilfreiches Instrument zur Diagnose und Behandlung von Alkoholabhängigkeit anerkannt.
  • Jellineks Ansatz half, das Verständnis von Alkoholismus als eine Krankheit zu fördern, die verschiedene Formen annehmen kann, und trug dazu bei, Stigmatisierung zu reduzieren.

Einfluss auf die Behandlung

  • Die Klassifikation ermöglichte es Therapeuten und Ärzten, gezieltere und individuellere Behandlungspläne zu entwickeln. Indem sie den spezifischen Typ des Alkoholismus eines Patienten identifizierten, konnten sie effektiver auf dessen Bedürfnisse eingehen.
  • Die Typologie förderte auch die Entwicklung von Selbsthilfegruppen und Programmen wie den Anonymen Alkoholikern, die unterschiedliche Ansätze zur Unterstützung von Alkoholikern nutzen.

Anwendung in der Pflege und Therapie

Das Jellinek-Modell bietet eine Grundlage für die individualisierte Pflege und Therapie von Alkoholabhängigen, indem es ermöglicht, spezifische Merkmale und Verhaltensweisen zu identifizieren. Dies hilft Pflegekräften und Therapeuten, maßgeschneiderte Interventionsstrategien zu entwickeln.

  • Pflegeinterventionen
    • Pflegekräfte können auf Grundlage der Typen spezifische Pflegepläne erstellen, die sowohl körperliche als auch psychische Aspekte berücksichtigen.
  • Therapieansätze
    • Die Therapie kann entsprechend der Klassifikation angepasst werden, um gezielt auf die individuellen Bedürfnisse und Probleme der Patienten einzugehen.

Zusammemfassung

Die Alkoholikertypologie nach Jellinek teilt Alkoholabhängige in fünf Kategorien ein: Der Alpha-Typ trinkt, um Spannungen abzubauen, aber ist noch nicht körperlich abhängig. Der Beta-Typ trinkt regelmäßig, ohne Abhängigkeit, erleidet aber alkoholbedingte Schäden. Der Gamma-Typ ist der klassische Suchttrinker: Er verliert die Kontrolle über den Konsum und entwickelt körperliche Abhängigkeit. Der Delta-Typ ist ein Spiegeltrinker, der ständig trinkt, um Entzugserscheinungen zu vermeiden. Der Epsilon-Typ ist ein Quartalstrinker, der in Phasen extrem trinkt, gefolgt von Abstinenzphasen.

Quellen

  • Haupt, W. F., & Gouzoulis-Mayfrank, E. (2016). Neurologie und Psychiatrie für Pflegeberufe (W. F. Haupt & E. Gouzoulis-Mayfrank, Hrsg.; 11. Aufl.). Thieme.
  • Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Jellinek, E. M. (1960). The Disease Concept of Alcoholism. Hillhouse Press.
  • National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism (NIAAA). (2023). Alcohol Use Disorder: A Comparison of Different Classifications.Abgerufen 13. Juli 2023, von Nih.gov Webseite: http://niaaa.nih.gov
  • Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS). (2023). Typen von Alkoholabhängigkeit nach Jellinek. Abgerufen 13. Juli 2023, von Dhs.de Webseite: http://dhs.de