Bradykardie

Bradykardie ist eine Herzrhythmusstörung, bei der die Herzfrequenz unter 60 Schlägen pro Minute fällt. Sie kann physiologisch (z. B. bei Sportlern) oder pathologisch sein und durch kardiale oder extrakardiale Ursachen wie Herzblockaden, Medikamenten oder Stoffwechselstörungen ausgelöst werden.
Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[ˌbʁaːdiˈkaʁdi̯ə]
Plural:
Bradykardien
Synonym:
Pulsverlangsamung
Englisch:
bradycardia
Abstammung:
griech.: βραδυκαρδία (bradykardía) = Langsamherzigkeit
ICD-Klassifikation:
R00.1
Med. Fachgebiet:

Bradykardie, eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen, beschreibt eine Verlangsamung der Herzfrequenz unter 60 Schläge pro Minute. In vielen Fällen bleibt sie asymptomatisch, doch in bestimmten klinischen Situationen kann sie schwerwiegende Folgen haben. In diesem Artikel wird ein detaillierter Überblick über Definition, Epidemiologie, Ätiologie, Risikofaktoren, Symptome, Diagnostik, Therapie, Komplikationen und Prävention der Bradykardie gegeben.

Definition

Bradykardie wird allgemein als eine Herzfrequenz von weniger als 60 Schlägen pro Minute (bpm) definiert. Diese Grenzzahl basiert auf der durchschnittlichen Ruheherzfrequenz bei Erwachsenen, die zwischen 60 und 100 bpm liegt. Bei Kindern variiert die Normfrequenz nach Alter, und daher wird Bradykardie in dieser Population anders definiert. Bradykardie kann physiologisch (z. B. bei Sportlern) oder pathologisch (z. B. bei strukturellen Herzerkrankungen) sein.

Das Gegenteil der Bradykardie ist die Tachykardie ➜ beim erwachsenen Menschen eine Pulsfrequenz von über 100 Schlägen pro Minute in Ruhe.

Epidemiologie

Bradykardie tritt in verschiedenen Bevölkerungsgruppen auf, wobei ältere Menschen häufiger betroffen sind. Aufgrund altersbedingter Veränderungen des Reizleitungssystems steigt die Prävalenz der Bradykardie bei Personen über 65 Jahren signifikant an. Einige Studien schätzen, dass bis zu 30 % der Senioren über 65 eine Form der Bradykardie entwickeln können. In Bezug auf Geschlechtsunterschiede sind Männer etwas häufiger betroffen als Frauen, was auf hormonelle und anatomische Unterschiede zurückgeführt werden könnte.

Ätiologie

Die Ätiologie der Bradykardie kann komplex und multifaktoriell sein, da viele verschiedene Zustände und Mechanismen zu einer langsamen Herzfrequenz führen können. Im Allgemeinen wird die Bradykardie durch eine Störung des Herzreizleitungssystems verursacht, die zu einer verzögerten oder unregelmäßigen Erregungsausbreitung führt. Die Ursachen lassen sich in extrakardiale (außerhalb des Herzens liegende) und kardiale (im Herzen selbst liegende) Kategorien einteilen.

Extrakardiale Ursachen

Diese Ursachen betreffen Faktoren, die außerhalb des Herzens selbst liegen, aber indirekt Einfluss auf die Herzfrequenz haben.

Medikamenteninduzierte Bradykardie

Verschiedene Medikamente können durch ihre Wirkung auf das autonome Nervensystem oder das Herzleitungssystem eine Bradykardie auslösen. Zu den häufigsten Medikamenten, die eine Bradykardie verursachen können, gehören:

  • Betablocker
    ➜ Diese Medikamente reduzieren die Wirkung des sympathischen Nervensystems, das die Herzfrequenz steigert. Beispiele sind Metoprolol und Bisoprolol.
  • Kalziumkanalblocker
    ➜ Verlangsamen den Einstrom von Kalziumionen in die Zellen des Herzens, wodurch die Herzkraft und -frequenz sinkt. Beispiel: Verapamil und Diltiazem.
  • Digitalispräparate (z. B. Digoxin)
    ➜ Sie erhöhen den Vagustonus, was zu einer Reduktion der Herzfrequenz führt.
  • Antiarrhythmika
    ➜ Medikamente wie Amiodaron und Sotalol, die zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden, können ebenfalls Bradykardien induzieren.

Endokrine Störungen

Hormonelle Ungleichgewichte können die Herzfunktion und den Stoffwechsel direkt beeinflussen:

  • Hypothyreose
    ➜ Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse werden weniger Schilddrüsenhormone (T3 und T4) produziert, was den gesamten Stoffwechsel, einschließlich der Herzfunktion, verlangsamt. Bradykardie ist eine klassische Manifestation der Hypothyreose.
  • Nebenniereninsuffizienz
    ➜ Ein Mangel an Kortisol und Aldosteron kann zu Elektrolytstörungen und verminderter Herzfunktion führen, was Bradykardie begünstigen kann.

Elektrolytstörungen

Elektrolyte spielen eine entscheidende Rolle bei der Erregungsweiterleitung im Herzen:

  • Hyperkaliämie
    ➜ Ein erhöhter Kaliumspiegel im Blut kann die Depolarisation der Herzmuskelzellen beeinträchtigen und zu Bradykardie führen.
  • Hypokalzämie
    ➜ Eine niedriger Kalziumspiegel im Blut kann ebenfalls eine verminderte Herzfrequenz verursachen.

Vagusnervstimulation

Eine Überstimulation des Parasympathikus, insbesondere des Vagusnervs, kann zu einer pathologischen Verlangsamung des Herzschlags führen. Situationen, die eine solche Stimulation auslösen können, sind:

  • Valsalva-Manöver
    ➜ Ein starkes Ausatmen gegen den geschlossenen Mund und die Nase, wie es manchmal beim Heben schwerer Gegenstände vorkommt.
  • Druck auf den Karotissinus
    z. B. bei Krawatten oder einem engen Kragen
  • Erbrechen oder starker Husten
    ➜ Diese Aktivitäten können durch Reflexmechanismen eine Bradykardie verursachen.

Hypothermie

Eine Abnahme der Körpertemperatur verlangsamt viele physiologische Prozesse, einschließlich der Herzfrequenz. In schweren Fällen von Hypothermie kann die Bradykardie sehr ausgeprägt sein und sogar zu Asystolie (Herzstillstand) führen.

Kardiale Ursachen

Diese Ursachen beziehen sich auf Störungen oder Erkrankungen, die direkt das Herz oder das Herzleitungssystem betreffen.

Sick-Sinus-Syndrom (Sinusknotensyndrom)

Das Sick-Sinus-Syndrom ist eine Funktionsstörung des Sinusknotens, der die Hauptquelle für den Herzrhythmus darstellt. Hierbei entstehen entweder zu wenige elektrische Impulse oder der Sinusknoten setzt vorübergehend aus. Dies führt zu intermittierenden Bradykardien, die sich oft mit Phasen von Tachykardie (schneller Herzschlag) abwechseln.

AV-Block (Atrioventrikulärer Block)

Der AV-Block ist eine Störung der Überleitung elektrischer Impulse vom Vorhof zur Kammer. Es gibt drei Schweregrade:

  • Grad I
    ➜ Verzögerte Überleitung der Impulse, aber alle Impulse erreichen die Ventrikel.
  • Grad II
    ➜ Einige Impulse werden blockiert und erreichen die Ventrikel nicht.
  • Grad III (totaler AV-Block)
    ➜ Es besteht eine vollständige Unterbrechung der Impulsweiterleitung, sodass die Ventrikel autonom mit einer sehr langsamen Eigenfrequenz schlagen.

Ischämische Herzkrankheit

Eine koronare Herzkrankheit (KHK), insbesondere bei Befall der rechten Koronararterie, die den Sinus- und AV-Knoten versorgt, kann zu Bradykardien führen. Eine Minderversorgung dieser Regionen mit Sauerstoff führt zu einer gestörten Erregungsbildung oder -weiterleitung.

Kardiomyopathien

Erkrankungen des Herzmuskels wie dilatative oder hypertrophe Kardiomyopathie können zu strukturellen und funktionellen Veränderungen führen, die das Reizleitungssystem des Herzens beeinträchtigen. Diese Veränderungen können zu einer Bradykardie beitragen.

Herzchirurgie

Eingriffe am Herzen, insbesondere an den Klappen oder dem Reizleitungssystem, können postoperativ zu einer Bradykardie führen. Beispielsweise kann eine Herzklappenoperation zu einer Schädigung des AV-Knotens oder seiner Zuflüsse führen und eine Bradykardie induzieren.

Weitere Ursachen

Schlafapnoe-Syndrom

Beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom kommt es während des Schlafs zu wiederholten Atemstillständen, die zu einer Reflexaktivierung des Parasympathikus führen. Dies kann eine nächtliche Bradykardie verursachen, die gelegentlich auch tagsüber bestehen bleibt.

Neurokardiogene Synkopen (Vasovagale Synkopen)

Bei neurokardiogenen Synkopen führt ein plötzlicher Blutdruckabfall, der durch eine übermäßige Aktivierung des Parasympathikus ausgelöst wird, zu Bradykardie und manchmal zu Bewusstlosigkeit. Diese Synkopen können durch Stress, Schmerz oder andere Stimuli ausgelöst werden.

Physiologische Bradykardie

Es ist wichtig, zwischen pathologischer und physiologischer Bradykardie zu unterscheiden. Einige Menschen, insbesondere gut trainierte Sportler, haben eine Ruheherzfrequenz unter 60 bpm, ohne dass dies auf eine krankhafte Ursache hindeutet. Diese Bradykardie ist Ausdruck einer effizienten Herzfunktion und erfordert keine Behandlung.

Risikofaktoren

Die Risikofaktoren für Bradykardie umfassen sowohl modifizierbare als auch nicht modifizierbare Einflüsse.

  • Alter
    • Mit zunehmendem Alter, insbesondere ab 65 Jahren, steigt das Risiko aufgrund der Degeneration des Herzleitungssystems.
  • Herzerkrankungen
    • Erkrankungen wie koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz können das Risiko einer Bradykardie erhöhen.
  • Medikamente
    • Bestimmte Medikamente wie Betablocker, Kalziumkanalblocker, Antiarrhythmika und Digitalispräparate verlangsamen die Herzfrequenz.
  • Endokrine Störungen
    • Hypothyreose und Hyperkaliämie stören die Herzfunktion und begünstigen Bradykardie.
  • Elektrolytstörungen
    • Ein Ungleichgewicht bei Kalium- oder Kalziumspiegeln kann das Herzleitungssystem beeinträchtigen.
  • Übermäßige vagale Aktivität
    • Reflexaktivitäten wie Valsalva-Manöver oder Karotisdruck führen zu einer Verlangsamung der Herzfrequenz.
  • Schlafapnoe
    • Atempausen im Schlaf können nächtliche Bradykardien auslösen.
  • Postoperative Zustände
    • Nach Herzoperationen, insbesondere am Reizleitungssystem, kann Bradykardie auftreten.
  • Genetische Prädisposition
    • Angeborene Störungen des Herzleitungssystems erhöhen das Risiko.
  • Physiologische Bradykardie
    • Sportler können aufgrund einer gesteigerten kardialen Effizienz eine niedrigere Ruhefrequenz aufweisen.

Symptome und Klinik

Die Symptome der Bradykardie können je nach Schweregrad, Ursache und Dauer der niedrigen Herzfrequenz stark variieren. Bei einigen Patienten bleibt eine Bradykardie asymptomatisch, insbesondere wenn sie leicht ausgeprägt ist oder sich langsam entwickelt. In anderen Fällen, insbesondere bei einer Herzfrequenz unter 50 Schlägen pro Minute, kann es zu deutlichen Symptomen kommen, die auf eine unzureichende Durchblutung von Organen wie dem Gehirn, dem Herzen und den Muskeln hinweisen.

Häufige Symptome

  • Müdigkeit und Erschöpfung
    ➜ Eine verminderte Herzfrequenz reduziert das Herzzeitvolumen, was zu einer verringerten Sauerstoffversorgung der Gewebe führt. Patienten berichten häufig von anhaltender Müdigkeit, auch bei leichten Tätigkeiten.
  • Schwindel und Benommenheit
    ➜ Eine unzureichende Durchblutung des Gehirns kann Schwindel verursachen, insbesondere beim Aufstehen (orthostatische Hypotonie).
  • Synkope (Bewusstlosigkeit)
    ➜ Bei ausgeprägter Bradykardie kann es zu Ohnmachtsanfällen kommen, da das Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird.
  • Brustschmerzen
    ➜ Eine sehr niedrige Herzfrequenz kann eine koronare Minderversorgung auslösen, die als Angina pectoris empfunden wird.
  • Kurzatmigkeit (Dyspnoe)
    ➜ Durch das reduzierte Herzzeitvolumen kann es zu einer verminderten Sauerstoffaufnahme in den Lungen kommen, insbesondere bei körperlicher Aktivität.
  • Kognitive Beeinträchtigungen
    ➜ Konzentrationsschwierigkeiten und Verwirrung können als Folge einer verminderten Hirndurchblutung auftreten.
  • Herzklopfen
    ➜ Paradoxerweise berichten einige Patienten von einem Gefühl des Herzklopfens, obwohl die Herzfrequenz langsam ist. Dies kann auf intermittierende Extrasystolen oder Tachykardiephasen im Rahmen des Sick-Sinus-Syndroms zurückzuführen sein.

Klinische Befunde

  • Langsamer Puls
    ➜ Bei der körperlichen Untersuchung fällt in der Regel ein langsamer, regelmäßiger oder bei Herzblock unregelmäßiger Puls auf.
  • Blässe und kalte Extremitäten
    ➜ Eine verminderte Durchblutung kann zu einer Blässe der Haut und kalten Händen und Füßen führen.
  • Blutdruckabfall
    ➜ Bei ausgeprägter Bradykardie kann der Blutdruck durch das reduzierte Herzzeitvolumen sinken.
  • Hörbare Herzgeräusche
    ➜ Herzklappenfehler oder strukturelle Herzerkrankungen können bei der Auskultation auffallen.
  • Verzögerte Kapillarfüllung
    ➜ Eine verlängerte Zeit, bis sich Kapillaren nach Druckausübung wieder mit Blut füllen, deutet auf eine schlechte periphere Durchblutung hin.

Spezifische klinische Szenarien

  • Sick-Sinus-Syndrom
    ➜ Diese Patienten zeigen typischerweise eine intermittierende Bradykardie, die sich mit Phasen von Tachykardie abwechseln kann. Dies führt zu unregelmäßigen Episoden von Schwindel, Palpitationen und Synkopen.
  • AV-Block
    ➜ Je nach Schweregrad des AV-Blocks kann die Herzfrequenz sehr langsam oder unregelmäßig sein. Bei einem AV-Block dritten Grades schlagen Vorhöfe und Ventrikel unabhängig voneinander, was zu einer ausgeprägten Bradykardie und Synkopen führen kann (Adams-Stokes-Anfälle).
  • Bradykardie bei Sportlern
    ➜ Bei gut trainierten Menschen, insbesondere bei Ausdauersportlern, ist eine Ruheherzfrequenz von unter 60 bpm oft physiologisch und asymptomatisch. Diese Form der Bradykardie ist ein Ausdruck der hohen Effizienz des Herz-Kreislauf-Systems und erfordert in der Regel keine Therapie.

Komplikationen

Unbehandelte oder ausgeprägte Bradykardie kann zu schweren Komplikationen führen:

  • Synkope mit Sturzgefahr
    ➜ Wiederholte Bewusstlosigkeitsanfälle, insbesondere bei älteren Menschen, erhöhen das Risiko für Stürze und Frakturen.
  • Herzinsuffizienz
    ➜ Bei langanhaltender Bradykardie kann das Herz durch die unzureichende Pumpleistung dauerhaft geschädigt werden.
  • Plötzlicher Herztod
    ➜ Hochgradige Bradykardie, insbesondere bei AV-Block dritten Grades, kann ohne rechtzeitige Behandlung in einen plötzlichen Herztod münden.

Diagnostik

Die Diagnosestellung der Bradykardie erfolgt in mehreren Schritten:

  • Anamnese und körperliche Untersuchung
    • Berücksichtigung von Medikamenten, Vorerkrankungen und Symptomen.
  • Ruhe-EKG
    • Eine erste Bewertung der Herzfrequenz und der Erregungsleitung. Hier werden oft Bradykardieformen wie Sinusbradykardie oder AV-Block sichtbar.
  • Langzeit-EKG (Holter-Monitoring)
    • Zur Erfassung von intermittierenden Bradykardien oder Sick-Sinus-Syndrom.
  • Elektrophysiologische Untersuchung
    • Bei unklarer Genese kann diese Untersuchung zur Identifikation spezifischer Reizleitungsstörungen durchgeführt werden.
  • Laboruntersuchungen
    • Bestimmung von Elektrolyten, Schilddrüsenwerten und anderen Stoffwechselparametern zur Identifikation extrakardialer Ursachen.

Therapie

Die Behandlung der Bradykardie hängt von der Ursache, dem Schweregrad und den Symptomen ab. Asymptomatische Patienten, insbesondere wenn die Bradykardie durch physiologische Anpassungen (z. B. bei Sportlern) bedingt ist, benötigen meist keine spezifische Therapie. Symptomatische Bradykardien hingegen, die zu Müdigkeit, Schwindel, Synkopen oder anderen schwerwiegenden Symptomen führen, erfordern in der Regel eine gezielte Behandlung. Die Therapieoptionen reichen von konservativen Maßnahmen bis hin zu invasiven Eingriffen wie der Implantation eines Herzschrittmachers.

Behandlung asymptomatischer Bradykardien

In Fällen, in denen Patienten asymptomatisch sind und die Bradykardie als physiologisch betrachtet wird (z. B. bei Sportlern), besteht kein Bedarf an einer spezifischen Behandlung. Es genügt eine regelmäßige Überwachung, um sicherzustellen, dass sich die Bradykardie nicht verschlechtert oder zu Symptomen führt. Eine Therapie ist nur dann erforderlich, wenn sekundäre Symptome oder Komplikationen auftreten.

Ursachenorientierte Therapie

Die Behandlung der Bradykardie sollte immer auf der Beseitigung oder Behandlung der zugrunde liegenden Ursache basieren. Dazu gehören:

  • Medikamenteninduzierte Bradykardie
    ➜ Die Überprüfung der eingenommenen Medikamente ist entscheidend. Bei Betablockern, Kalziumkanalblockern, Digitalispräparaten oder Antiarrhythmika, die Bradykardie verursachen, sollte eine Anpassung der Dosis oder ein Wechsel des Medikaments in Betracht gezogen werden. In vielen Fällen normalisiert sich die Herzfrequenz nach einer Änderung der Medikation.
  • Elektrolytstörungen
    ➜ Bei Bradykardien, die durch Elektrolytstörungen wie Hyperkaliämie oder Hypokalzämie verursacht werden, ist eine Korrektur der Elektrolyte entscheidend. Eine schnelle Normalisierung der Elektrolytwerte kann oft die Bradykardie beheben.
  • Endokrine Störungen
    ➜ Bei Hypothyreose-bedingter Bradykardie ist die Substitution von Schilddrüsenhormonen (z. B. Levothyroxin) eine wirksame Therapie. Nach Beginn der Hormontherapie sollte die Herzfrequenz überwacht werden, um sicherzustellen, dass sich die Bradykardie verbessert.
  • Vagusnervstimulation
    ➜ Falls eine übermäßige vagale Stimulation (z. B. durch Karotisdruck) die Ursache der Bradykardie ist, kann der Auslöser vermieden oder minimiert werden. In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, können Medikamente wie Anticholinergika (z. B. Atropin) verabreicht werden, um die vagale Wirkung zu blockieren.

Medikamentöse Therapie

Wenn eine schnelle Linderung der Symptome notwendig ist, insbesondere bei akuten Bradykardien, können folgende Medikamente verwendet werden:

  • Atropin
    ➜ Atropin ist das Mittel der Wahl bei symptomatischer Bradykardie und wirkt durch Blockierung des Parasympathikus. Es wird intravenös verabreicht und kann die Herzfrequenz schnell steigern. Atropin ist besonders nützlich bei Bradykardien, die durch eine erhöhte vagale Aktivität oder einen AV-Block verursacht werden.
  • Isoproterenol
    ➜ Dieses Medikament stimuliert die Beta-Rezeptoren des Herzens und steigert somit die Herzfrequenz. Es wird bei Patienten angewendet, die auf Atropin nicht ansprechen oder eine kurzfristige Unterstützung benötigen, bevor eine definitive Behandlung wie die Schrittmacherimplantation erfolgen kann.
  • Dopamin/Dobutamin
    ➜ Diese Medikamente können bei schwerer Bradykardie mit Kreislaufversagen eingesetzt werden, um sowohl die Herzfrequenz als auch die Kontraktilität des Herzens zu verbessern.

Schrittmachertherapie

Die Implantation eines Herzschrittmachers ist die Standardbehandlung bei chronischer, symptomatischer Bradykardie, insbesondere wenn sie durch irreversible Ursachen wie das Sick-Sinus-Syndrom oder einen AV-Block dritten Grades verursacht wird.

  • Indikationen für einen Herzschrittmacher
    ➜ Symptomatische Bradykardie mit einer Herzfrequenz von weniger als 40 Schlägen pro Minute.
    ➜ AV-Block zweiten oder dritten Grades, insbesondere wenn Synkopen auftreten.
    ➜ Sick-Sinus-Syndrom, bei dem es zu abwechselnden Phasen von Bradykardie und Tachykardie kommt (Tachy-Brady-Syndrom).
    ➜ Postoperativ persistierende Bradykardie nach Herzoperationen oder Myokardinfarkt.
  • Funktionsweise
    ➜ Der Herzschrittmacher überwacht kontinuierlich die Herzfrequenz und gibt elektrische Impulse ab, wenn die Herzfrequenz unter eine voreingestellte Schwelle fällt. Dadurch wird eine konstante Herzfrequenz aufrechterhalten.
  • Arten von Schrittmachern
    Einkammer-Schrittmacher: Wird bei Patienten eingesetzt, bei denen nur eine der Herzkammern (entweder Vorhof oder Ventrikel) stimuliert werden muss.
    Zweikammer-Schrittmacher: Diese Geräte stimulieren sowohl den Vorhof als auch den Ventrikel und sind nützlich bei Patienten mit AV-Block oder Sick-Sinus-Syndrom.

Behandlung des Sick-Sinus-Syndroms

Beim Sick-Sinus-Syndrom, das durch eine dysfunktionale Erregungsbildung im Sinusknoten gekennzeichnet ist, besteht die Hauptbehandlung ebenfalls in der Implantation eines Herzschrittmachers. Bei Patienten mit einer Kombination aus Bradykardie und Tachykardie (Tachy-Brady-Syndrom) kann zusätzlich eine medikamentöse Behandlung der Tachykardie notwendig sein, z. B. durch die Gabe von Betablockern oder Antiarrhythmika. Diese Medikamente werden jedoch nur in Kombination mit einem Schrittmacher verwendet, da sie die Bradykardie verschlimmern können.

Temporäre Schrittmacher

In Notfällen oder bei akuter Bradykardie, die eine sofortige Intervention erfordert, kann ein temporärer externer Schrittmacher eingesetzt werden. Dies ist eine kurzfristige Maßnahme, die oft während der Wartezeit auf die Implantation eines permanenten Schrittmachers oder bei reversiblen Ursachen wie Myokardinfarkt angewendet wird.

Langzeitmanagement und Nachsorge

Patienten mit Bradykardie, insbesondere nach der Implantation eines Herzschrittmachers, benötigen eine regelmäßige Nachsorge, um sicherzustellen, dass der Schrittmacher korrekt funktioniert und keine Komplikationen wie Infektionen oder Fehlfunktionen auftreten. Die Überprüfung der Medikation und die Behandlung zugrunde liegender Ursachen sind ebenfalls wichtige Bestandteile der Langzeittherapie.

Prävention

Die Prävention richtet sich in erster Linie nach den Risikofaktoren:

  • Medikamentenmanagement
    • Regelmäßige Kontrolle und Anpassung von Medikamenten, die die Herzfrequenz beeinflussen.
  • Management von Grunderkrankungen
    • Die Behandlung von Stoffwechsel- und kardialen Erkrankungen kann das Risiko einer Bradykardie senken.
  • Regelmäßige Kontrolle bei Risikopatienten
    • Insbesondere bei älteren Menschen oder Personen mit bekannten Herzerkrankungen sollten regelmäßige kardiologische Kontrollen durchgeführt werden.

Pflege bei Bradykardie

Die Pflege bei Bradykardie umfasst die Überwachung der Herzfrequenz, das Erkennen von Symptomen wie Schwindel oder Ohnmacht, die Überprüfung der Medikation, das Management von Elektrolyten sowie die Bereitstellung von Notfallmaßnahmen. Pflegekräfte unterstützen Patienten durch kontinuierliche Beobachtung und enge Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Team.

Zusammenfassung

Bradykardie ist eine häufige Herzrhythmusstörung, die durch eine verlangsamte Herzfrequenz gekennzeichnet ist. Sie kann durch verschiedene kardiale und extrakardiale Faktoren verursacht werden. Die Diagnostik umfasst neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung vor allem elektrokardiographische Verfahren. Die Therapie reicht von medikamentösen Anpassungen bis hin zur Schrittmacherimplantation bei symptomatischen Patienten. Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden. Regelmäßige Kontrollen und das Management von Risikofaktoren spielen eine Schlüsselrolle in der Prävention.

Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch ersetzt er eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte zusätzlich den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Quellen

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