Diabetes mellitus

Diabetes Mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet ist. Dies kann entweder durch eine verminderte Insulinproduktion (Typ 1 Diabetes) oder durch eine Insulinresistenz (Typ 2 Diabetes) verursacht werden.
Wortart:
Substantiv, maskulin
Aussprache (IPA):
[diaˌbeːtɛs ˈmɛlitʊs]
Trennung:
Di|a|be|tes mel|li|tus
Synonym:
Zuckerkrankheit
Englisch:
diabetes mellitus, diabetes
Abstammung:
griech.: διαβαίνειν (diabainein) = hindurchfließen; latein.: mellitus = honigsüß
ICD-Klassifikation:
E10, E11 (ICD-11 = 5A10, 5A11, JA63)

Diabetes Mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet ist. Dies kann entweder durch eine verminderte Insulinproduktion (Typ 1 Diabetes) oder durch eine Insulinresistenz (Typ 2 Diabetes) verursacht werden. Diese Erkrankung erfordert eine lebenslange Betreuung und Management, um Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Definition

Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei der der Blutzuckerspiegel erhöht ist. Dies geschieht entweder durch unzureichende Insulinproduktion (Typ 1) oder durch Insulinresistenz und unzureichende Insulinproduktion (Typ 2). Unbehandelt kann Diabetes zu schweren Komplikationen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenversagen und Nervenschäden führen.

Epidemiologie

Die Prävalenz von Diabetes mellitus steigt weltweit, besonders in Industrieländern. Typ-2-Diabetes macht etwa 90 % der Fälle aus, oft aufgrund von Übergewicht und Bewegungsmangel. Etwa 463 Millionen Menschen lebten 2019 mit Diabetes, und diese Zahl könnte bis 2045 auf 700 Millionen ansteigen. Typ-1-Diabetes ist seltener, tritt jedoch meist im Kindesalter auf. Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes umfassen genetische Veranlagung, ungesunde Ernährung und ein inaktiver Lebensstil. Diabetes verursacht signifikante gesundheitliche Komplikationen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenschäden.

Ätiologie

Die Ätiologie von Diabetes mellitus unterscheidet sich je nach Typ:

  • Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört. Dies führt zu einem absoluten Insulinmangel. Genetische Faktoren und Umweltfaktoren, wie Virusinfektionen, spielen eine Rolle.
  • Typ-2-Diabetes ist multifaktoriell bedingt. Hauptursachen sind Insulinresistenz und eine verminderte Insulinsekretion. Risikofaktoren sind Übergewicht, Bewegungsmangel, genetische Veranlagung und ungesunde Ernährung.

Beide Formen haben genetische Prädispositionen, jedoch spielen Umweltfaktoren eine wichtige Rolle bei der Krankheitsentwicklung.

Typen von Diabetes Mellitus

Typ 1 Diabetes

Diabetes mellitus - Typ 1
  • Ursache:
    ➜ Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die insulinproduzierenden Beta-Zellen in den Langerhans-Inseln des Pankreas zerstört.
  • Häufigkeit
    ➜ Ungefähr 5 – 10% aller Diabetesfälle.
  • Alter
    ➜ Meistens bei Kindern und Jugendlichen diagnostiziert, kann aber in jedem Alter auftreten.

Typ 2 Diabetes

Diabetes mellitus - Typ 2
  • Ursache
    ➜ Kombination aus Insulinresistenz und relativem Insulinmangel.
  • Häufigkeit
    ➜ Ungefähr 90 – 95% aller Diabetesfälle.
  • Alter
    ➜ Häufig bei Erwachsenen über 45 Jahren, aber zunehmend auch bei jüngeren Menschen aufgrund von Adipositas und Bewegungsmangel.

Gestationsdiabetes

  • Ursache
    ➜ Diabetes, der während der Schwangerschaft (Schwangerschaftsdiabetes) auftritt und nach der Geburt meist wieder verschwindet.
  • Risiken
    ➜ Erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Typ 2 Diabetes später im Leben.

Weitere spezifische Diabetes-Typen

  • Monogenetischer Diabetes
    ➜ Durch genetische Mutationen verursacht.
  • Sekundärer Diabetes
    ➜ Als Folge anderer Erkrankungen oder Medikamente, z.B. Pankreatitis, Cushing-Syndrom, Langzeit-Steroidtherapie.

Symptome

Allgemeine Symptome

  • Polyurie (häufiges Wasserlassen)
    ➜ Vermehrte Ausscheidung von Urin, da der Körper versucht, überschüssige Glukose aus dem Blut über die Nieren auszuscheiden.
  • Polydipsie (erhöhter Durst)
    ➜ Ständiger Durst als Reaktion auf den Flüssigkeitsverlust durch häufiges Wasserlassen.
  • Polyphagie (erhöhter Hunger)
    ➜ Verstärkter Hunger, da die Zellen des Körpers trotz hohem Blutzuckerspiegel nicht genügend Glukose zur Energiegewinnung erhalten.
  • Gewichtsverlust
    ➜ Unbeabsichtigter Gewichtsverlust, insbesondere bei Typ 1 Diabetes, da der Körper beginnt, Fett und Muskelgewebe zur Energiegewinnung abzubauen.
  • Müdigkeit und Schwäche
    ➜ Erschöpfung und reduzierte Leistungsfähigkeit aufgrund des Energiemangels in den Zellen.
  • Verschwommenes Sehen
    ➜ Temporäre Veränderungen der Linse des Auges durch hohe Blutzuckerspiegel, die zu Sehstörungen führen.
  • Langsam heilende Wunden:
    Verzögerte Wundheilung durch beeinträchtigte Durchblutung und geschwächtes Immunsystem.
  • Erhöhte Infektionsanfälligkeit
    ➜ Häufigere Infektionen, besonders der Haut und Schleimhäute, da hohe Blutzuckerspiegel das Immunsystem schwächen.
  • Trockene Haut und Juckreiz
    ➜ Dehydration der Haut durch Flüssigkeitsverlust und verringerte Durchblutung.

Symptome: Typ 1 Diabetes

  • Schneller Beginn der Symptome
    ➜ Die Symptome treten oft plötzlich auf und können innerhalb von Wochen oder Monaten deutlich werden.
  • Diabetische Ketoazidose (DKA)
    ➜ Eine akute und lebensbedrohliche Komplikation, bei der der Körper beginnt, Fett zur Energiegewinnung abzubauen, was zur Bildung von Ketonen führt. Symptome umfassen Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, tiefe und schnelle Atmung (Kussmaul-Atmung), süßlicher Atemgeruch und Bewusstseinsstörungen.

Symptome: Typ 2 Diabetes

  • Langsamer Beginn der Symptome
    ➜ Die Symptome entwickeln sich oft schleichend über mehrere Jahre hinweg und können anfangs mild und unspezifisch sein.
  • Taubheitsgefühl und Kribbeln
    ➜ Periphere Neuropathie, besonders in den Füßen und Händen, die durch langfristig erhöhte Blutzuckerspiegel verursacht wird.
  • Dunkle Hautflecken (Acanthosis nigricans)
    ➜ Verdickte und dunkler pigmentierte Hautbereiche, häufig in den Achselhöhlen und am Nacken, die ein Zeichen für Insulinresistenz sein können.

Symptome: Gestationsdiabetes

  • Häufig ohne auffällige Symptome
    ➜ Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) wird oft durch routinemäßige Screening-Tests während der Schwangerschaft entdeckt.
  • Symptome ähnlich wie bei Typ 2 Diabetes:
    ➜ Falls Symptome auftreten, können diese Polyurie, Polydipsie und Müdigkeit umfassen.

Diagnostik

Blutzuckermessungen

  • Nüchternblutzucker
    ➜ ≥ 126 mg/dl (7,0 mmol/l) nach mindestens 8 Stunden Fasten.
  • Zufälliger Blutzucker
    ➜ ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l) bei Symptomen einer Hyperglykämie.
  • Oraler Glukosetoleranztest (OGTT)
    ➜ 2-Stunden-Wert ≥ 200 mg/dl (11.1 mmol/l) nach Einnahme von 75 g Glukose.
  • HbA1c,
    HbA1c-Wert ≥ 6.5%, spiegelt den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 2 – 3 Monate wider.

Der pysiologische Nüchternblutzucker liegt bei Erwachsenen zwischen 60 und 99 mg/dl.
Bei Werten unter 60 mg/dl spricht man von Hypoglykämie, bei Werten über 100 mg/dl von einer Hyperglykämie

Urinuntersuchungen

  • Glukose
    ➜ Nachweis von Glukose im Urin.
  • Ketone
    ➜ Nachweis von Ketonen im Urin bei Verdacht auf diabetische Ketoazidose.

Weitere Tests

  • C-Peptid
    ➜ Beurteilung der endogenen Insulinproduktion.
  • Autoantikörper
    ➜ Zur Diagnose von Typ 1 Diabetes.

Therapie

Medikamentöse Therapie

Typ 1 Diabetes

  • Insulintherapie
    ➜ Basal- und Bolusinsulin zur Nachahmung der physiologischen Insulinsekretion.
  • Insulinpumpen
    ➜ Kontinuierliche subkutane Insulininfusion.

Typ 2 Diabetes

  • Orale Antidiabetika
    ➜ Metformin, Sulfonylharnstoffe, DPP-4-Inhibitoren, SGLT2-Inhibitoren, Thiazolidindione.
  • GLP-1-Agonisten
    ➜ Für Patienten mit unzureichender Kontrolle durch orale Medikamente.
  • Insulin
    ➜ Bei fortgeschrittener Erkrankung oder unzureichender Kontrolle durch andere Medikamente.

Ernährungsmanagement

  • Ausgewogene Ernährung
    ➜ Reich an Ballaststoffen, wenig gesättigte Fette und Zucker.
  • Kohlenhydratzählung
    ➜ Besonders wichtig für Typ 1 Diabetes.
  • Kalorienkontrolle
    ➜ Zur Gewichtskontrolle bei Typ 2 Diabetes.

Körperliche Aktivität

  • Regelmäßige Bewegung
    ➜ Mindestens 150 Minuten moderate aerobe Aktivität pro Woche.
  • Krafttraining
    ➜ An zwei oder mehr Tagen pro Woche.

Blutzuckerselbstkontrolle

  • Regelmäßige Messungen
    ➜ Überwachung des Blutzuckerspiegels zur Anpassung der Therapie.
  • Kontinuierliche Glukosemesssysteme (CGM)
    ➜ Für eine kontinuierliche Überwachung.

Patientenschulung und Selbstmanagement

  • Diabetes-Schulungen
    ➜ Information über Krankheit, Behandlung und Selbstmanagement.
  • Selbstmanagement-Unterstützung
    ➜ Schulung in Blutzuckermessung, Insulininjektionen und Notfallmanagement.

Komplikationen und deren Therapie

Akute Komplikationen

  • Hypoglykämie
    ➜ Plötzlich niedriger Blutzuckerspiegel, Management durch sofortige Einnahme von schnell wirkenden Kohlenhydraten (Nüchternglukosegehalt von < 60 mg/dl)
  • Hyperglykämie
    ➜ erhöhten Blutzuckerspiegel (Nüchternglukosegehalt von mehr als 100 mg/dl bzw. 140 mg/dl (7,8 mmol/l) 2 Stunden nach einer Mahlzeit
  • Diabetische Ketoazidose (DKA)
    ➜ Lebensbedrohlicher Zustand durch Insulinmangel, erfordert sofortige medizinische Behandlung.
  • Hyperosmolares hyperglykämisches Syndrom (HHS)
    ➜ Schwere Hyperglykämie ohne Ketose, häufig bei Typ 2 Diabetes.
  • Diabetisches Koma
    ➜ komplexe Stoffwechselentgleisung mit Bewusstseinsverlust im Rahmen eines Diabetes mellitus = lebensbedrohlicher Zustand

Chronische Komplikationen

  • Diabetische Retinopathie
    ➜ Regelmäßige augenärztliche Untersuchungen zur Früherkennung und Behandlung.
  • Diabetische Nephropathie
    ➜ Regelmäßige Überprüfung der Nierenfunktion, Kontrolle des Blutdrucks.
  • Diabetische Neuropathie
    ➜ Schmerzmanagement, Pflege und Überwachung der Füße zur Vermeidung von Geschwüren und Infektionen.
  • Kardiovaskuläre Erkrankungen
    ➜ Kontrolle von Blutdruck, Cholesterin und Raucherentwöhnung zur Reduktion des Risikos.

Weitere Komplikationen

  • Diabetisches Fußsyndrom
    kurz DFS, häufige Komplikation des Diabetes mellitus meist bedingt durch eine diabetische Neuropathie
  • Diabetische Gastroparese
    ➜ Lähmung der Magenperistaltik (Gastroparese)

Prävention

Primärprävention

  • Förderung eines gesunden Lebensstils zur Vermeidung von Übergewicht und Insulinresistenz.
  • Regelmäßige körperliche Aktivität und gesunde Ernährung.

Sekundärprävention

  • Früherkennung und Behandlung von Prädiabetes.
  • Regelmäßige Screening-Untersuchungen bei Risikopatienten.

Tertiärprävention

  • Vermeidung von Komplikationen durch gutes Management der Blutzuckerspiegel.
  • Regelmäßige ärztliche Kontrollen und Anpassung der Therapie.

Pflege bei Diabetes mellitus

Die Pflege von Patienten mit Diabetes mellitus erfordert ein umfassendes Wissen über die Erkrankung, deren Management, akute Notfallsituationen und die spezifischen Bedürfnisse der Patienten.

Zusammenfassung

Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei der der Körper entweder kein oder nicht ausreichend Insulin produziert (Typ 1) oder eine Insulinresistenz entwickelt (Typ 2). Insulin ist ein Hormon, das den Blutzuckerspiegel reguliert. Ein Mangel an Insulin oder eine gestörte Insulinwirkung führt zu erhöhten Blutzuckerwerten (Hyperglykämie), was langfristig zu Schäden an Organen wie Herz, Nieren, Augen und Nerven führen kann. Typ 1 tritt oft im Kindes- oder Jugendalter auf, während Typ 2 häufiger im Erwachsenenalter diagnostiziert wird und stark mit Übergewicht und Lebensstilfaktoren zusammenhängt.

Quellen

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  • Urban & Fischer Verlag (Hrsg.). (2006). Roche Lexikon Medizin Sonderausgabe (5. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Andreae, S. (Hrsg.). (2008). Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen (2. Aufl.). Thieme.
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  • Diabetes research, education, advocacy (ohne Datum) Diabetes.org. Verfügbar unter: https://www.diabetes.org/ (Zugegriffen: 7. Juli 2024).