Hypertonie

Hypertonie (Bluthochdruck), ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen und ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle und Nierenerkrankungen. Sie betrifft etwa 30-45% der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland.
Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[hypɐtoˈniː]
Plural:
Hypertonien
Trennung:
Hy|per|to|nie
Synonym:
Bluthochdruck, Hypertonus, Hypertension
Englisch:
hypertension
ICD-Klassifikation:
I10.0, I11.0, I11.9, I12.-, I13.-, I15.-
Med. Fachgebiet:

Hypertonie (Bluthochdruck), ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen und ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle und Nierenerkrankungen. Sie betrifft etwa 30-45% der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland.

Definition

Hypertonie, auch bekannt als Bluthochdruck, bezeichnet einen chronisch erhöhten Blutdruck in den Arterien. Typischerweise liegt der systolische Wert dauerhaft über 140 mmHg und der diastolische über 90 mmHg. Sie entwickelt sich oft schleichend und bleibt lange unbemerkt. Unbehandelt kann Hypertonie zu schweren Komplikationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und anderen Gefäßkrankheiten führen.

Epidemiologie

Prävalenz

  • Hypertonie betrifft etwa 30-45% der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland.
  • Die Prävalenz steigt mit dem Alter und ist bei Männern und Frauen ähnlich häufig.

Risikofaktoren

Genetische Veranlagung, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und Stress.

Klassifikation

Arterielle Hypertonie

Erhöhter Blutdruck in den systemischen Arterien, gemessen am Oberarm. Die Klassifikation der arteriellen Hypertonie basiert auf den Blutdruckwerten, die in mmHg gemessen werden und richten sich nach den ESC/ESH-Leitlinien (2018).

KategorieSystolischer Blutdruck (mmHg)Diastolischer Blutdruck (mmHg)
Optimal< 120< 80
Normal120-12980-84
Hochnormal130-13985-89
Hypertonie Grad 1140-15990-99
Hypertonie Grad 2160-179100-109
Hypertonie Grad 3≥ 180≥ 110
Isolierte systolische Hypertonie≥ 140< 90
Tab. 1.1: Blutdruckklassifikation nach ESC/ESH-Leitlinien (2018)

Pulmonale Hypertonie

  • Definition
    ➜ Erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf, definiert als mittlerer pulmonal-arterieller Druck (mPAP) ≥ 25 mmHg in Ruhe
  • Pathophysiologie
    ➜ Vasokonstriktion, Gefäßumbau und Thrombose in den Lungenarterien.
    ➜ Erhöhte pulmonale Gefäßresistenz und Druckbelastung des rechten Ventrikels.
KategorieSystolischer Blutdruck (mmHg)
Gruppe 1Pulmonale arterielle Hypertonie (PAH)
Gruppe 2Pulmonale Hypertonie infolge von Linksherzerkrankungen
Gruppe 3Pulmonale Hypertonie infolge von Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie
Gruppe 4Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
Gruppe 5Pulmonale Hypertonie mit unklaren oder multifaktoriellen Mechanismen
Tab. 1.2: Blutdruckklassifikation WHO bei pulmonaler Hypertonie

Portale Hypertonie

  • Definition
    ➜ Erhöhter Druck im Pfortadersystem, meist infolge einer Leberzirrhose.
  • Pathophysiologie
    ➜ Erhöhter Widerstand in der Leber aufgrund von fibrotischen Veränderungen und vaskulärem Umbau.
    ➜ Kollaterale Kreisläufe und Bildung von Krampfadern (Varizen) zur Umgehung des erhöhten Drucks.

Pathophysiologie

Hypertonie ist das Ergebnis komplexer Interaktionen zwischen genetischen, umweltbedingten und physiologischen Faktoren. Zu den Hauptmechanismen gehören:

  • Erhöhter peripherer Widerstand
    • Verengung der Arteriolen durch Endothel-Dysfunktion und strukturelle Veränderungen der Gefäße.
  • Erhöhtes Herzzeitvolumen
    • Erhöhte Herzfrequenz und/oder gesteigerte Kontraktilität des Herzens.
  • Natrium-Retention
    • Dysfunktion der Nieren, die zu einer erhöhten Natrium- und Flüssigkeitsretention führt.
  • Hormonelle Einflüsse
    • Erhöhter Aktivität des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) und erhöhte Sympathikus-Aktivität.

Diagnostik

Blutdruckmessung

  • Mehrere Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten, idealerweise zu Hause oder ambulant, um „Weißkittel-Hypertonie“ auszuschließen.
  • 24-Stunden-Blutdruckmessung (ABPM = Automatic Blood Pressure Measurement) zur Bestätigung der Diagnose und Bewertung des Blutdruckprofils über den Tag.

Anamnese und klinische Untersuchung

  • Erhebung der persönlichen und familiären Krankengeschichte, Lebensstilfaktoren und Begleiterkrankungen.
  • Klinische Untersuchung zur Erkennung von Endorganschäden und sekundären Ursachen der Hypertonie.

Labordiagnostik

  • Blutuntersuchungen zur Bestimmung von Elektrolyten, Nierenfunktion, Blutzucker und Lipidprofil.
  • Urinanalyse zur Erkennung von Proteinurie und anderen Anomalien.

Bildgebende Verfahren

  • Echokardiographie zur Beurteilung der linksventrikulären Hypertrophie und Herzfunktion.
  • Sonographie der Nieren und der Nierenarterien bei Verdacht auf sekundäre Hypertonie.

Therapie

Medikamentöse Therapie

  • Erstlinienmedikamente
    ➜ ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARBs), Kalziumkanalblocker, Thiaziddiuretika.
  • Zweitlinienmedikamente
    ➜ Betablocker, Aldosteronantagonisten, andere Diuretika, direkte Renin-Inhibitoren.
  • Kombinationstherapie
    ➜ Oft erforderlich, um den Blutdruck auf Zielwerte zu senken, insbesondere bei Patienten mit Hypertonie Grad 2 oder höher.

Lebensstilmodifikation

  • Gewichtsreduktion
    ➜ Bei Übergewichtigen Gewichtsreduktion um 5-10% des Körpergewichts.
  • Gesunde Ernährung
    ➜ DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension), reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, mageren Proteinen und wenig gesättigten Fettsäuren und Salz.
  • Regelmäßige körperliche Aktivität
    ➜ Mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche.
  • Alkoholreduktion
    ➜ Begrenzung des Alkoholkonsums auf maximal 2 Standardgetränke pro Tag für Männer und 1 Standardgetränk pro Tag für Frauen.
  • Raucherentwöhnung
    ➜ Unterstützung durch Raucherentwöhnungsprogramme und Medikamente.

Therapieziel

  • Senkung des Blutdrucks auf <140/90 mmHg bei den meisten Patienten.
  • Bei Hochrisikopatienten (z.B. Patienten mit Diabetes oder chronischer Nierenerkrankung) strengere Ziele von <130/80 mmHg.

Komplikationen

  • Kardiovaskuläre Komplikationen
  • Renale Komplikationen
    • Chronische Nierenerkrankung, Niereninsuffizienz.
  • Zerebrovaskuläre Komplikationen
  • Augenkomplikationen
    • Hypertensive Retinopathie, Sehverlust.

Prävention

Primärprävention

  • Förderung eines gesunden Lebensstils in der Bevölkerung zur Reduzierung der Inzidenz von Hypertonie.
  • Aufklärungskampagnen und Screening-Programme zur Früherkennung und Behandlung von Risikofaktoren.

Sekundärprävention

  • Regelmäßige Blutdruckkontrollen und Anpassung der Therapie zur Vermeidung von Komplikationen.
  • Langfristige Betreuung und Nachsorge zur Sicherstellung der Blutdruckkontrolle und Prävention von Endorganschäden.

Pflege bei Hypertonie

Pflegepersonal spielt eine entscheidende Rolle bei der Betreuung von Patienten mit Hypertonie. Durch regelmäßige Blutdruckkontrollen und Patientenaufklärung kann die Pflege dazu beitragen, die Blutdruckkontrolle zu verbessern und das Risiko kardiovaskulärer Komplikationen zu reduzieren.

Zusammenfassung

Hypertonie, auch bekannt als Bluthochdruck, ist eine chronische Erkrankung, bei der der Blutdruck in den Arterien dauerhaft erhöht ist. Der Blutdruck wird in zwei Werten gemessen: systolisch (oberer Wert) und diastolisch (unterer Wert). Von Hypertonie spricht man, wenn der systolische Blutdruck 140 mmHg oder höher und der diastolische Wert 90 mmHg oder höher beträgt. Unbehandelt kann Bluthochdruck zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen, wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und anderen kardiovaskulären Erkrankungen. Ursachen können genetische Faktoren, ungesunde Lebensgewohnheiten, Stress oder andere Grunderkrankungen sein.

Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch ersetzt er eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte zusätzlich den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Quellen

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  • Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). (2020). Management der arteriellen Hypertonie.
  • Urban & Fischer Verlag (Hrsg.). (2006). Roche Lexikon Medizin Sonderausgabe (5. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Andreae, S. (Hrsg.). (2008). Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen (2. Aufl.). Thieme.
  • Williams, B., Mancia, G., Spiering, W., Agabiti Rosei, E., Azizi, M., Burnier, M., … & Kerins, M. (2018). 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. European Heart Journal, 39(33), 3021-3104. doi:10.1093/eurheartj/ehy339
  • Whelton, P. K., Carey, R. M., Aronow, W. S., Casey, D. E., Collins, K. J., Dennison Himmelfarb, C., … & Wright, J. T. (2018). 2017 ACC/AHA/AAPA/ABC/ACPM/AGS/APhA/ASH/ASPC/NMA/PCNA guideline for the prevention, detection, evaluation, and management of high blood pressure in adults. Journal of the American College of Cardiology, 71(19), e127-e248. doi:10.1016/j.jacc.2017.11.006
  • Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL® (2023). Bluthochdruck.Abgerufen 8. Juli 2024, von Deutsche Hochdruckliga e.V website: https://www.hochdruckliga.de
  • Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK). (2023). Leitlinien und Empfehlungen.Abgerufen 8. Juli 2024, von Dgk.org website: https://www.dgk.org