Phlebothrombose

Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[[ˌfleːboˈtʁɔmboːzə]
Plural:
Phlebothrombosen
Trennung:
Phle|bo|throm|bo|sen
Synonym:
Tiefe Venenthrombose (TVT)
Englisch:
phlebothrombosis, deep vein thrombosis (DVT)
Abstammung:
griech.: phléps = Blutgefäß, thrómbos = Klumpen
ICD-Klassifikation:
I82.9
Med. Fachgebiet:

Phlebothrombose, auch als tiefe Venenthrombose (TVT) bekannt, ist eine häufige und potenziell schwerwiegende Erkrankung, die durch die Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) in den tiefen Venen, typischerweise in den Beinen, gekennzeichnet ist. Die rechtzeitige Erkennung und Behandlung sind entscheidend, um Komplikationen wie die Lungenembolie zu vermeiden, die eine lebensbedrohliche Situation darstellen kann.

Definition

Bei der Phlebothrombose (auch tiefe Venenthrombose (TVT)) handelt es sich um einen thrombotischen Verschluss tiefer Venen, der mit der Gefahr einer Lungenembolie oder der Entwicklung einer chronisch venösen Insuffizienz verbunden sind. Ursächlich sind Veränderung der Blutzusammensetzung (Hyperkoagulation), der Strömungsverhältnisse (Stase) oder durch eine Endothelschädigung.

Epi­demiologie

Die Inzidenz der tiefen Venenthrombose variiert je nach Population und Risikofaktoren. Schätzungsweise 1-2 Personen pro 1.000 Einwohner erkranken jährlich an einer TVT. Das Risiko steigt mit dem Alter, wobei Menschen über 60 Jahre am häufigsten betroffen sind. Frauen haben ein höheres Risiko während der Schwangerschaft und im Wochenbett, während das Risiko bei beiden Geschlechtern bei Immobilität, Operationen und malignen Erkrankungen erhöht ist.

Schon eine Immobilisation (bspw. postoperativ, bei Langstreckenflug oder Verletzungen mit eingeschränkter Mobilität) führt zu einer ca. 20-fachen Risikosteigerung für eine Thrombose.

Ätiologie

Die Ätiologie der Phlebothrombose wird durch die Virchow-Trias erklärt: Stase des Blutes, Gefäßwandschäden und Hyperkoagulabilität. Diese drei Faktoren können unabhängig voneinander oder in Kombination das Risiko für die Bildung eines Thrombus erhöhen. Ursachen umfassen längere Immobilisierung, Operationen, Trauma, Krebs, genetische Störungen der Blutgerinnung und hormonelle Einflüsse.

Risikofaktoren

Risikofaktoren für die Entwicklung einer TVT umfassen:

  • Längere Immobilisierung (z.B. lange Flug- oder Autoreisen)
  • Chirurgische Eingriffe (insbesondere orthopädische und gynäkologische Operationen)
  • Traumata und Verletzungen
  • Bösartige Erkrankungen (Krebserkrankungen)
  • Angeborene oder erworbene Thrombophilien
  • Schwangerschaft und Wochenbett
  • Hormonelle Therapien, einschließlich oraler Kontrazeptiva
  • Herzinsuffizienz und andere kardiovaskuläre Erkrankungen
  • Adipositas
  • Rauchen
  • Vorangegangene TVT oder Lungenembolie
Tiefe Beinvenenthrombose (Phlebothrombose)
Abb: 1.1: Unter einer Phlebothrombose versteht man eine Stenose oder einen vollständigen Verschluss einer tiefen Vene mit Beeinträchtigung des venösen Abflusses. In Folge kann es zu Entstehung eines Embolus kommen.

Symptome und Klinik

Die Symptome einer TVT können variieren und reichen von asymptomatisch bis hin zu schweren Beschwerden. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

Typische Symptome

Die Symptome der TVT sind oft unspezifisch und können mild bis schwer sein. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

Schwellung

  • Einseitige Schwellung des betroffenen Beins oder Arms ist eines der häufigsten Anzeichen. Die Schwellung kann sich über die gesamte Extremität oder nur einen Teil erstrecken.
  • Ödeme: Das Gewebe wird durch Flüssigkeitsansammlung gespannt, was bei Druck zu einer Delle führen kann (pitting edema).

Schmerzen

  • Lokalisierte Schmerzen in der betroffenen Extremität, die als dumpf oder stechend beschrieben werden.
  • Druckschmerzhaftigkeit entlang der Vene, besonders im Bereich der Wade oder des Oberschenkels.

Verfärbung der Haut

  • Rötung oder eine bläuliche Verfärbung der Haut im Bereich der betroffenen Vene.
  • Überwärmung der betroffenen Stelle im Vergleich zur gesunden Seite.

Schwere- oder Spannungsgefühl

  • Betroffene Patienten berichten oft über ein Schweregefühl oder ein Gefühl der Spannung im betroffenen Bein.

Erweiterung oberflächlicher Venen

  • Sichtbare erweiterte oberflächliche Venen, die als Kollateralvenen fungieren, um den Blutfluss um die blockierte tiefe Vene herumzuleiten.

Symptome einer Lungenembolie

  • In schweren Fällen kann eine TVT zu einer Lungenembolie führen, was sich durch plötzliche Atemnot, Brustschmerzen, Husten (möglicherweise mit blutigem Auswurf), Tachykardie und Ohnmacht äußert.

Atypische Symptome

Einige Patienten können atypische Symptome oder nur minimale Beschwerden haben, was die Diagnose erschwert. Dazu gehören:

  • Geringfügige Schwellung oder Schmerzen, die leicht mit anderen Ursachen wie Muskelzerrungen verwechselt werden können.
  • Leichte Verfärbung der Haut ohne ausgeprägte Rötung oder Blaufärbung.

Klinische Zeichen

Neben den subjektiven Symptomen gibt es objektive klinische Zeichen, die auf eine TVT hinweisen können:

  • Homans-Zeichen
    ➜ Schmerzen in der Wade bei dorsaler Flexion des Fußes (nicht sehr spezifisch oder sensitiv).
  • Payr-Zeichen
    ➜ Schmerzhaftigkeit der Fußsohle bei Druck.
  • Meyer-Zeichen
    ➜ Schmerzen beim Zusammendrücken der Wade.

Differentialdiagnosen

Da die Symptome einer TVT unspezifisch sein können, ist es wichtig, andere mögliche Ursachen für die Beschwerden auszuschließen. Differentialdiagnosen umfassen:

  • Muskelzerrung oder -riss
  • Erysipel (bakterielle Hautinfektion)
  • Baker-Zyste (popliteale Zyste)
  • Chronische venöse Insuffizienz
  • Herzinsuffizienz (bei beidseitiger Schwellung)

Komplikationen

Die wichtigste und gefährlichste Komplikation der TVT ist die Lungenembolie (LE). Andere mögliche Komplikationen umfassen:

  • Postthrombotisches Syndrom
    ➜ Chronische Schmerzen, Schwellungen und Hautveränderungen im betroffenen Bein aufgrund von bleibenden Venenklappeninsuffizienzen.
  • Venöse Gangrän
    ➜ Seltene, aber schwerwiegende Komplikation, die durch vollständigen venösen Rückstau und resultierende Gewebeschädigung entsteht.

Beim Auftreten von Luftnot, Kollapsereignissen oder plötzlicher Verschlechterung des Allgemeinzustandes sollte immer an die Möglichkeit einer Lungenembolie gedacht werden.

Klassifikationen

Phlebothrombosen können nach ihrem Entstehungsort klassifiziert werden:

Proximale TVT

  • Definition
    ➜ Proximale TVTs betreffen die tiefen Venen oberhalb des Knies, einschließlich der V. poplitea, V. femoralis, V. iliaca und der V. cava inferior.
  • Bedeutung
    ➜ Diese Thrombosen sind klinisch bedeutsamer als distale TVTs, da sie ein höheres Risiko für Lungenembolien darstellen. Sie erfordern eine intensivere Überwachung und Therapie.

Distale TVT

  • Definition
    ➜ Distale TVTs betreffen die tiefen Venen unterhalb des Knies, einschließlich der V. tibialis anterior, V. tibialis posterior und der V. peronea.
  • Bedeutung
    ➜ Diese Thrombosen haben ein geringeres Risiko für eine Lungenembolie, können jedoch in proximalen TVTs fortschreiten, wenn sie nicht behandelt werden. Die Therapie kann variieren, von enger Überwachung bis zur Antikoagulation.

Diagnostik

Die Diagnostik der Phlebothrombose umfasst mehrere Schritte:

  1. Anamnese und klinische Untersuchung
    • Detaillierte Erhebung der Risikofaktoren und klinischen Symptome.
  2. D-Dimer-Test
    • Ein negativer D-Dimer-Test kann eine TVT weitgehend ausschließen, ein positiver Test muss jedoch weiter abgeklärt werden.
  3. Duplex-Sonographie
    • Ultraschall ist die Methode der Wahl zur Bestätigung der Diagnose, indem thrombotische Veränderungen in den tiefen Venen sichtbar gemacht werden.
  4. Phlebographie
    • Kontrastmitteldarstellung der Venen, wird selten verwendet, wenn Ultraschall nicht aussagekräftig ist.
  5. MRT oder CT
  6. Bildgebende Verfahren bei unklaren Befunden oder Verdacht auf Komplikationen wie Lungenembolie.

Therapie

Die Behandlung der Phlebothrombose verfolgt mehrere Ziele: die Verhinderung der Thrombusausbreitung, die Vermeidung einer Lungenembolie und die Prävention von Langzeitkomplikationen.

  • Antikoagulation
    • Erste Wahl zur Behandlung sind Antikoagulanzien wie Heparin, niedermolekulares Heparin (NMH) oder direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs). Die Therapie beginnt oft mit einer initialen Heparinisierung, gefolgt von einer langfristigen oralen Antikoagulation.
  • Kompressionstherapie
    • Kompressionsstrümpfe der Klasse II oder III helfen, die Symptome zu lindern und die Thromboseprogression zu verhindern.
  • Mobilisation
    • Frühzeitige Mobilisation wird empfohlen, um die Blutzirkulation zu fördern.
  • Thrombolyse
    • In ausgewählten Fällen, insbesondere bei ausgedehnten Thrombosen und drohenden Gewebeschäden, kann eine systemische oder kathetergestützte Thrombolyse erwogen werden.
  • Interventionelle Maßnahmen
    • Selten, aber in einigen Fällen notwendig, wie die Platzierung eines Vena-Cava-Filters zur Prävention von Lungenembolien bei Kontraindikationen zur Antikoagulation.

Bei einer tiefen Beinvenenthrombose (TBVT) handelt es sich immer um einen Notfall. Hier muss das Auflösen eines Blutgerinnsels innerhalb der ersten Tage nach Entstehung erfolgen da der Thrombus sonst schon zu fest mit der Gefäßwand verwachsen ist.

Zusammenfassung

Phlebothrombose ist eine häufige und potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, die eine schnelle Diagnose und adäquate Behandlung erfordert. Die Kenntnis der Risikofaktoren, klinischen Zeichen und diagnostischen Verfahren ist essentiell, um Komplikationen zu verhindern. Die Therapie umfasst hauptsächlich die Antikoagulation und unterstützende Maßnahmen wie die Kompressionstherapie. Durch frühzeitige und zielgerichtete Interventionen können die meisten Patienten effektiv behandelt und schwerwiegende Komplikationen vermieden werden.

Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch ersetzt er eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte zusätzlich den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Quellen

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