Troponin

Abkürzung:
Trop
Englisch:
troponin
Physiologisch:
< 0,4 µg/l
Probenmaterial:
2 ml Serum
Aussprache (IPA):
[ˌtrəˈpoʊnɪn]

Troponin ist ein essentielles Protein für die Funktion der Muskulatur und spielt eine Schlüsselrolle in der Diagnostik von Herzinfarkten. Aufgrund seiner hohen Spezifität und Sensitivität ist es ein unverzichtbarer Biomarker in der Kardiologie.

Definition

Troponin ist ein Proteinkomplex, der aus drei Untereinheiten besteht: Troponin C (TnC), Troponin I (TnI) und Troponin T (TnT). Diese Untereinheiten arbeiten zusammen, um die Kontraktion und Entspannung der Muskeln, insbesondere des Herzmuskels, zu regulieren. Troponin C bindet Calcium, Troponin I inhibiert die Aktin-Myosin-Interaktion, und Troponin T bindet den Troponinkomplex an das Tropomyosin.

Geschichte

Der japanische Biologen Dr. Setsuro Ebashi identifizierte des Protein Troponin im Jahr 1965. Zu dieser Zeit war die Rolle von Calcium in der Muskelkontraktion bekannt, aber der genaue Mechanismus war unklar.

  • 1965In einem Durchbruch in der Muskelphysiologie isolierten Ebashi und Kodama ein neues Protein, das sie Troponin nannten. Sie zeigten, dass Troponin zusammen mit Tropomyosin die Calcium-abhängige Kontraktion des Skelettmuskels reguliert.
  • 1963Ebashi und seine Kollegen entdeckten das Protein Calmodulin, das Calcium bindet und bei der Muskelkontraktion eine Rolle spielt.

Einteilung

Der Troponinkomplex besteht aus den drei genannten Untereinheiten:

  • Troponin C (TnC)
    • Bindet Calcium und initiiert die Kontraktion.
  • Troponin I (TnI)
    • Hemmt die Interaktion zwischen Aktin und Myosin, indem es die Bindungsstelle blockiert.
  • Troponin T (TnT)
    • Verankert den Troponinkomplex an das Tropomyosin auf dem Aktinfilament.

Funktion

Troponin spielt eine zentrale Rolle bei der Muskelkontraktion, insbesondere im Herzmuskel. Die Funktion des Troponinkomplexes kann wie folgt beschrieben werden:

  • Calciumbindung
    • Bei einem Anstieg des intrazellulären Calciumspiegels bindet Calcium an Troponin C.
  • Konformationsänderung
    • Diese Bindung führt zu einer Konformationsänderung im Troponinkomplex.
  • Aktin-Myosin-Interaktion
    • Die Konformationsänderung bewegt Troponin I von der Aktin-Myosin-Bindungsstelle, wodurch die Kontraktion ermöglicht wird.
  • Relaxation
    • Bei sinkendem Calciumspiegel kehrt Troponin I in seine hemmende Position zurück, wodurch die Relaxation der Muskelfasern eingeleitet wird.

Pathophysiologie

In der Pathophysiologie des Herzens ist Troponin von besonderer Bedeutung. Bei einem Myokardinfarkt werden Herzmuskelzellen geschädigt, was zur Freisetzung von Troponin in den Blutkreislauf führt. Erhöhte Troponinspiegel sind ein Indikator für Myokardschädigungen und werden zur Diagnose von akuten Koronarsyndromen (ACS) verwendet.

Labormedizin

Troponin ist ein zentraler Biomarker in der Labormedizin, insbesondere in der Kardiologie. Die Messung von Troponinspiegeln im Blut hilft bei der Diagnose von Myokardinfarkten und anderen Herzmuskelschäden. Moderne Labortests können sehr geringe Mengen von Troponin nachweisen, was eine frühzeitige Diagnose ermöglicht. Die Interpretation der Troponinwerte erfolgt in Kombination mit klinischen Befunden und anderen diagnostischen Tests.

Testverfahren

  • Standard Troponin Tests
    ➜ Diese Tests sind weniger empfindlich, werden aber immer noch in vielen Kliniken verwendet.
  • High-Sensitivity Troponin (hs-cTn)
    ➜ Diese Tests sind in der Lage, sehr geringe Konzentrationen von Troponin im Blut zu messen und ermöglichen eine frühzeitige Diagnose von Herzinfarkten.

Klinische Anwendung

  • Diagnose von Myokardinfarkten
    ➜ Erhöhte Troponinspiegel sind ein Indikator für Herzmuskelschäden.
  • Risikostratifizierung
    ➜ Troponinwerte helfen bei der Einschätzung des Risikos für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse.
  • Therapieüberwachung
    ➜ Troponin wird verwendet, um den Therapieerfolg bei Patienten mit akuten Koronarsyndromen zu überwachen.

Material

Das primäre Probenmaterial für die Troponinmessung ist Blut. In der Regel wird venöses Blut verwendet, das aus einer Vene des Arms entnommen wird.

Entnahmemethoden

  • Venöse Blutentnahme
    ➜ Dies ist die gängigste Methode zur Gewinnung von Probenmaterial für die Troponinmessung. Die Blutentnahme erfolgt durch Punktion einer peripheren Vene, meist in der Ellenbeuge.
  • Kapillare Blutentnahme
    ➜ In speziellen Fällen kann auch kapillares Blut aus einem Fingerstick verwendet werden, beispielsweise bei Patienten, bei denen eine venöse Entnahme schwierig ist. Diese Methode wird jedoch seltener angewendet und ist weniger präzise.

Handhabung

Die entnommene Blutprobe wird in spezielle Röhrchen gefüllt. Die häufig verwendeten Röhrchen enthalten entweder EDTA (Ethylenediamintetraessigsäure) als Antikoagulans oder Heparin. Es können auch Serumröhrchen verwendet werden, bei denen das Blut erst gerinnen darf und dann zentrifugiert wird, um das Serum zu gewinnen.

Interpretation

Die Interpretation von Troponinwerten sollte stets im klinischen Kontext erfolgen. Erhöhte Troponinwerte allein sind nicht diagnostisch für einen Myokardinfarkt, sondern müssen zusammen mit klinischen Symptomen und anderen diagnostischen Befunden betrachtet werden. Ein Patient mit Brustschmerzen und erhöhten Troponinwerten hat beispielsweise eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen Myokardinfarkt als ein asymptomatischer Patient mit ähnlichen Troponinwerten.

Normative Werte und Grenzwerte

Moderne Troponintests, insbesondere High-Sensitivity Troponin (hs-cTn) Tests, haben spezifische Grenzwerte, die zur Unterscheidung zwischen normalem und pathologischem Troponinspiegel verwendet werden. Diese Grenzwerte variieren je nach Test und Labor, jedoch gibt es allgemein anerkannte Richtwerte:

  • Normalbereich
    ➜ Troponinwerte innerhalb des Referenzbereichs deuten auf keine signifikanten Herzmuskelschäden hin.
  • Erhöhte Werte
    ➜ Werte oberhalb des 99. Perzentils der Referenzpopulation werden als pathologisch angesehen. Erhöhte Werte sind stark verdächtig für eine Myokardschädigung, insbesondere bei entsprechenden klinischen Symptomen.

Troponindynamik

Die Dynamik der Troponinwerte ist entscheidend für die Diagnose eines akuten Myokardinfarkts. Ein signifikanter Anstieg oder Abfall der Troponinwerte über die Zeit deutet auf eine akute Schädigung des Herzmuskels hin. Typischerweise wird der Troponinspiegel bei der Aufnahme gemessen und erneut nach 3 bis 6 Stunden, um die Dynamik zu beurteilen.

  • Anstieg
    ➜ Ein signifikanter Anstieg der Troponinwerte über mehrere Stunden ist charakteristisch für einen akuten Myokardinfarkt.
  • Abfall
    ➜ Ein Abfall der Troponinwerte nach einem initialen Anstieg kann auf eine Stabilisierung des Patienten und beginnende Heilung hinweisen.
  • Troponin-T-Wert
    ➜ Ein direkt nach dem Infarkt gemessener Troponin-T-Wert von mehr als 2,8 µg/L kann äußerst zuverlässig eine reduzierte Ejektionsfraktion (weniger als 40 %) erkennen.

Referenzbereich

Der normale Troponin-T-Wert liegt unter 0,4 µg/l. Bei Messwerten zwischen 0,4 und 2,3 µg/l kann eine Herzmuskelerkrankung vorliegen, jedoch kann ein Herzinfarkt nicht vollständig ausgeschlossen werden. Werte über 2,3 µg/l deuten stark auf einen Herzinfarkt hin.

Differenzialdiagnose

Erhöhte Troponinwerte können auch bei anderen Erkrankungen als einem Myokardinfarkt auftreten. Differenzialdiagnostisch müssen folgende Zustände berücksichtigt werden:

  • Myokarditis
    ➜ Entzündung des Herzmuskels, die zu erhöhten Troponinwerten führen kann.
  • Herzinsuffizienz
    ➜ Akute oder chronische Herzinsuffizienz kann ebenfalls erhöhte Troponinwerte verursachen.
  • Niereninsuffizienz
    ➜ Chronische Nierenerkrankungen können zu einer Akkumulation von Troponin führen.
  • Sepsis
    ➜ Systemische Infektionen und Sepsis können die Herzmuskelzellen schädigen und Troponinfreisetzung verursachen.
  • Pulmonale Erkrankungen
    ➜ Schwere pulmonale Erkrankungen, wie Lungenembolie, können ebenfalls zu einer Erhöhung der Troponinwerte führen.

Klinische Entscheidungsfindung

Die Troponinwerte sind ein wertvolles Instrument zur klinischen Entscheidungsfindung. Basierend auf den Troponinwerten und der klinischen Präsentation können folgende Schritte eingeleitet werden:

  • Diagnose eines Myokardinfarkts
    ➜ Erhöhte Troponinwerte in Verbindung mit typischen Symptomen und EKG-Veränderungen bestätigen die Diagnose eines akuten Myokardinfarkts.
  • Risikostratifizierung
    ➜ Troponinwerte helfen bei der Risikoeinschätzung von Patienten mit akuten Koronarsyndromen, um die Notwendigkeit weiterer interventioneller Maßnahmen zu bestimmen.
  • Therapieüberwachung
    ➜ Serienmessungen der Troponinwerte ermöglichen die Überwachung des Therapieerfolgs und die frühzeitige Erkennung von Komplikationen.

Zusammenfassung

Troponin ist ein essenzielles Protein für die Funktion des Herzmuskels und ein unverzichtbarer Biomarker in der Kardiologie. Die Messung von Troponinspiegeln im Blut ermöglicht die Diagnose und Überwachung von Herzmuskelschäden, insbesondere bei Myokardinfarkten. Fortschritte in der Labortechnologie haben die Sensitivität und Spezifität von Troponintests erheblich verbessert, was zu einer besseren Patientenversorgung geführt hat.

Quellen

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