Zecken (Ixodida)

Synonym:
Ixodida
Englisch:
tick
Aussprache (IPA):
[ˈtsɛkə]

Zecken sind kleine, blutsaugende Parasiten, die in vielen Teilen der Welt vorkommen und sowohl Menschen als auch Tiere befallen können. Sie sind für die Übertragung einer Vielzahl von Krankheitserregern verantwortlich, darunter Bakterien, Viren und Protozoen.

Biologie der Zecken

Zecken gehören zur Klasse der Arachnida und zur Ordnung der Parasitiformes. Es gibt zwei Hauptfamilien von Zecken: die Ixodidae (harte Zecken) und die Argasidae (weiche Zecken). Harte Zecken haben ein hartes Scutum, das ihren Körper bedeckt, während weiche Zecken ein weiches, lederartiges Exoskelett besitzen.

Zecken durchlaufen vier Entwicklungsstadien: Ei, Larve, Nymphe und Adult. Jede Entwicklungsstufe benötigt eine Blutmahlzeit, um zur nächsten Stufe überzugehen. Zecken sind obligate Ektoparasiten, das heißt, sie müssen Blut saugen, um zu überleben und sich fortzupflanzen. Ihre Wirte können Vögel, Reptilien, Säugetiere und Menschen sein.

Steckbrief einer Zecke

Taxonomie und Klassifikation

  • Reich: Animalia (Tiere)
  • Stamm: Arthropoda (Gliederfüßer)
  • Klasse: Arachnida (Spinnentiere)
  • Ordnung: Parasitiformes
  • Unterordnung: Ixodida (Zecken)

Familien und Arten

Man unterscheidet zwei Hauptfamilien von Zecken:

  1. Ixodidae (Harte Zecken, Schildzecken):
    • Beispiel: Ixodes ricinus (Gemeiner Holzbock)
    • Charakteristisch durch das harte, schildartige Scutum
  2. Argasidae (Weiche Zecken, Lederzecken):
    • Beispiel: Argas reflexus (Taubenzecke)
    • Besitzen ein weiches, lederartiges Exoskelett
Zeckenarten
Abb.1.1: Ixodidae (Harte Zecken) und Argasidae (Weiche Zecken)

Morphologie und Anatomie

  • Körperbau
    ➜ Zecken haben einen kompakten, ovalen Körper, der aus zwei Hauptteilen besteht: dem Gnathosoma (Mundwerkzeuge) und dem Idiosoma (Körper).
  • Mundwerkzeuge
    Cheliceren: Dienen zum Durchdringen der Haut des Wirts.
    Hypostom: Eine mit Widerhaken besetzte Struktur, die dem Saugen von Blut dient.
  • Beine
    ➜ Zecken haben acht Beine (vier Paare), die ihnen eine starke Haftung an ihren Wirten ermöglichen.
  • Scutum
    ➜ Bei harten Zecken bedeckt dieses Schild den vorderen Teil des Körpers und bietet Schutz.

Lebenszyklus

  1. Ei
    ➜ Weibliche Zecken legen Hunderte bis Tausende Eier auf den Boden.
  2. Larve
    ➜ Sechsbeinige Larven schlüpfen aus den Eiern und suchen nach einem ersten Wirt, um Blut zu saugen.
  3. Nymphe
    ➜ Nach der Blutmahlzeit häuten sich die Larven zu achtbeinigen Nymphen, die ebenfalls einen Wirt benötigen.
  4. Adult (Erwachsene Zecke)
    ➜ Nymphen häuten sich zu erwachsenen Zecken, die wieder einen Wirt suchen, um Blut zu saugen und sich fortzupflanzen.

Medizinische Bedeutung

Zecken sind als Vektoren für zahlreiche Krankheitserreger bekannt, die sowohl akute als auch chronische Erkrankungen verursachen können. Zu den wichtigsten durch Zecken übertragenen Krankheiten gehören:

Borreliose (Lyme-Borreliose)

  • Erreger
    ➜ Borrelia burgdorferi
  • Symptome
    ➜ Erythema migrans, Fieber, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, neurologische und kardiologische Komplikationen
  • Diagnose
    ➜ Serologische Tests, PCR
  • Behandlung
    ➜ Antibiotika (Doxycyclin, Amoxicillin)

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

  • Erreger
    ➜ FSME-Virus (Flavivirus)
  • Symptome
    ➜ Fieber, Kopfschmerzen, neurologische Symptome wie Meningitis, Enzephalitis
  • Diagnose
    ➜ Serologische Tests, Virusnachweis im Liquor
  • Behandlung
    ➜ Symptomatische Therapie, Impfung zur Prävention

Anaplasmose und Ehrlichiose

  • Erreger
    ➜ Anaplasma phagocytophilum, Ehrlichia chaffeensis
  • Symptome
    ➜ Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Leukopenie, Thrombozytopenie
  • Diagnose
    ➜ PCR, serologische Tests
  • Behandlung
    ➜ Antibiotika (Doxycyclin)

Rickettsiose

  • Erreger
    ➜ Rickettsia rickettsii (Erreger des Rocky Mountain spotted fever)
  • Symptome
    ➜ Fieber, Ausschlag, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen
  • Diagnose
    ➜ Serologische Tests, PCR
  • Behandlung
    ➜ Antibiotika (Doxycyclin)

Prävention und Kontrolle

Die Prävention von Zeckenstichen und die Kontrolle von Zeckenpopulationen sind entscheidend, um die Verbreitung zeckenübertragener Krankheiten zu reduzieren. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

  1. Persönlicher Schutz
    • Tragen von langärmeliger Kleidung und langen Hosen
    • Verwendung von Insektenschutzmitteln mit DEET, Picaridin oder Permethrin
    • Regelmäßiges Absuchen des Körpers nach Zecken, insbesondere nach Aufenthalten in Wald- und Grasgebieten
  2. Umweltkontrolle
    • Reduktion von Zeckenlebensräumen durch Rasenmähen, Entfernen von Laub und Unterholz
    • Verwendung von Akariziden in stark befallenen Gebieten
    • Kontrolle von Wildtierpopulationen, die als Wirte für Zecken dienen
  3. Aufklärung und Schulung
    • Sensibilisierung der Öffentlichkeit und des medizinischen Personals für die Risiken und Präventionsstrategien
    • Schulung im Erkennen und Entfernen von Zecken sowie im Umgang mit zeckenübertragenen Krankheiten

Diagnostik und Behandlung von Zeckenstichen

Zeckenbiss
Abb. 1.2: Zeckenstiche können zu Sekundärinfektionen oder allergischen Reaktionen führen.

Zeckenstiche selbst sind meist harmlos, können jedoch zu Sekundärinfektionen oder allergischen Reaktionen führen. Das frühzeitige Entfernen von Zecken reduziert das Risiko der Übertragung von Krankheitserregern erheblich. Medizinisches Personal sollte darin geschult sein, Zecken korrekt zu entfernen, indem die Zecke möglichst nahe an der Haut mit einer feinen Pinzette gefasst und langsam herausgezogen wird.

Im Falle einer Infektion sind serologische Tests und molekulare Methoden wie die PCR wertvolle Werkzeuge zur Diagnostik. Eine frühzeitige und adäquate antibiotische Behandlung ist entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und die Heilungschancen zu verbessern.

Zusammenfassung

Zecken stellen ein bedeutendes Gesundheitsrisiko dar, da sie viele schwerwiegende Krankheiten übertragen können. Medizinisches Personal spielt eine zentrale Rolle bei der Prävention, Diagnostik und Behandlung zeckenübertragener Krankheiten. Durch Aufklärung, Schulung und Anwendung geeigneter Präventionsstrategien können die Auswirkungen dieser Krankheiten deutlich reduziert werden.

Quellen

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