Krankenpflege bei den Wikinger

Die Geschichte der Krankenpflege bei den Wikingern

Die Krankenpflege bei den Wikingern war geprägt von einer Mischung aus traditionellem Wissen, praktischen Fähigkeiten und spirituellem Glauben.
Geschichte 5 Minuten

Die Geschichte der Krankenpflege bei den Wikingern ist ein faszinierendes Thema, das Einblicke in die medizinischen Praktiken und die gesellschaftlichen Strukturen der Wikingerzeit bietet. Obwohl es keine umfassenden schriftlichen Aufzeichnungen über die spezifischen Methoden der Krankenpflege gibt, können wir anhand von archäologischen Funden, Sagas und historischen Berichten einiges über das Gesundheitswesen der Wikinger erfahren.

Gesellschaftlicher Kontext und Bedeutung der Pflege

In der Wikingerzeit (ca. 800-1050 n. Chr.) spielte die Gemeinschaft eine zentrale Rolle. Familien und Dorfgemeinschaften waren eng verbunden und unterstützten einander. Diese enge soziale Struktur legte die Grundlage für die Pflege und Betreuung von Kranken und Verletzten. Es gab keine spezialisierten Krankenhäuser oder ausgebildeten Krankenpfleger im modernen Sinne. Vielmehr war die Pflege von Kranken eine Aufgabe, die von Familienmitgliedern, insbesondere Frauen, übernommen wurde.

Medizinische Kenntnisse und Heilpraktiken

Die Wikinger verfügten über ein erstaunliches Wissen in Bezug auf Heilkräuter und natürliche Heilmittel. Ihre medizinischen Kenntnisse stammten aus einer Mischung von überliefertem Wissen, persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen der Natur. Einige der verwendeten Heilpflanzen sind:

  • Schafgarbe (Achillea millefolium)
    • Diese Pflanze wurde zur Behandlung von Wunden und zur Blutstillung verwendet.
  • Thymian (Thymus vulgaris)
    • Bekannt für seine antiseptischen Eigenschaften, wurde Thymian bei Infektionen und Atemwegserkrankungen eingesetzt.
  • Kamille (Matricaria chamomilla)
    • Kamille war ein beliebtes Mittel gegen Magenbeschwerden und zur Beruhigung.

Behandlung von Wunden und Verletzungen

Die Wikinger waren berüchtigte Krieger, und Verletzungen waren häufig. Die Behandlung von Wunden und Verletzungen war daher von großer Bedeutung. Archäologische Funde von Waffen und die Untersuchung von Skelettresten zeigen, dass die Wikinger eine Vielzahl von Techniken zur Wundversorgung kannten, darunter das Nähen von Wunden mit Tiersehnen und die Verwendung von Honig als antiseptisches Mittel. Honig war wegen seiner bakteriziden Eigenschaften besonders wertvoll.

Die Behandlung von Wunden und Verletzungen nach einer Schlacht, waren bei den Wikingern von großer Bedeutung.
Die Behandlung von Wunden und Verletzungen nach einer Schlacht, waren bei den Wikingern von großer Bedeutung.

Spirituelle und magische Aspekte

Neben den physischen Behandlungsmethoden spielten auch spirituelle und magische Rituale eine wichtige Rolle in der Krankenpflege der Wikinger. Heilungsrituale, Gebete zu den Göttern und die Verwendung von Amuletten waren weit verbreitet. Der Glaube an die Heilkräfte von Göttern wie Eir, der Göttin der Medizin, und heiliger Orte verstärkte die Hoffnung und den Glauben an Genesung.

Eir: Die Göttin der Heilkunst

Eir ist eine relativ wenig bekannte Göttin in der nordischen Mythologie, doch ihre Verbindung zur Heilkunst macht sie zu einer wichtigen Figur. Sie wird in mehreren alten Texten und Sagas erwähnt, insbesondere in der Prosa-Edda und der Lieder-Edda, wo sie als eine der wichtigsten Heilerinnen der Götter beschrieben wird.

Bedeutung und Symbolik

Eir wird als Heilerin und Expertin in der medizinischen Kunst verehrt. Ihr Name bedeutet „Hilfe“ oder „Gnade“, was ihre Rolle als heilende Kraft unterstreicht. Sie wird oft in Verbindung mit Heilkräutern und der Anwendung von natürlichen Heilmitteln dargestellt.

Rolle der Frauen

Frauen hatten eine zentrale Rolle in der Krankenpflege bei den Wikingern. Sie waren verantwortlich für die Betreuung von Kranken und Verletzten in der Familie und der Gemeinschaft. Ihre Kenntnisse über Heilpflanzen und traditionelle Medizin wurden mündlich von Generation zu Generation weitergegeben. Diese Frauen, oft als weise Frauen oder Heilkundige bekannt, waren respektierte Mitglieder der Gemeinschaft.

Archäologische Belege

Archäologische Ausgrabungen haben Werkzeuge und Utensilien ans Licht gebracht, die in der Krankenpflege verwendet wurden. Dazu gehören Messer, Pinzetten und Gefäße, die zur Aufbewahrung von Heilkräutern und Salben dienten. Diese Funde, zusammen mit den Überresten von Knochen, die Anzeichen von medizinischen Eingriffen zeigen, geben uns wertvolle Hinweise auf die medizinischen Praktiken der Wikinger.

Einfluss von Handel und Austausch

Der Handel und der kulturelle Austausch mit anderen Kulturen hatten ebenfalls einen Einfluss auf die medizinischen Kenntnisse der Wikinger. Kontakte mit den Britischen Inseln, dem europäischen Festland und den arabischen Ländern brachten neue Heilmethoden und medizinisches Wissen in die nordische Welt. Die Wikinger waren bekannt für ihre Reisen und Eroberungen, und sie brachten nicht nur materielle Güter, sondern auch Wissen und Techniken mit nach Hause.

Zusammenfassung

Die Krankenpflege bei den Wikingern war geprägt von einer Mischung aus traditionellem Wissen, praktischen Fähigkeiten und spirituellem Glauben. In einer Zeit ohne moderne medizinische Einrichtungen waren die engen Gemeinschaftsstrukturen und das umfangreiche Wissen über Heilpflanzen und natürliche Heilmittel entscheidend für die Pflege von Kranken und Verletzten. Frauen spielten eine zentrale Rolle in dieser Pflege, und ihre Fähigkeiten wurden hoch geschätzt. Der kulturelle Austausch und der Handel erweiterten das medizinische Wissen der Wikinger und trugen zur Vielfalt ihrer Heilmethoden bei.

Quellen

  • Ármann Jakobsson and Sverrir Jakobsson (eds.). (2017). The Routledge Research Companion to the Medieval Icelandic Sagas. New York: Routledge.
  • Barrett, J. H. (ed.). (2003). Contact, Continuity, and Collapse: The Norse Colonization of the North Atlantic. Turnhout: Brepols.
  • Clover, C. J., & Lindow, J. (eds.). (2005). Old Norse-Icelandic Literature: A Critical Guide. Toronto: University of Toronto Press.
  • Crawford, B. E. (1987). Scandinavian Scotland: Scotland in the Early Middle Ages. Leicester: Leicester University Press.
  • Price, N. (2014). Viking Archaeology in Iceland: New Discoveries and Interpretations. Journal of the North Atlantic, 7(1), 1-15.
  • Sawyer, P. (2001). The Oxford Illustrated History of the Vikings. Oxford: Oxford University Press.
  • Solli, B. (1999). Seid: Myths, Shamanism, and Gender in Early Viking Scandinavia. In Acta Archaeologica, 70(1), 33-51.
  • Williams, G. (2014). Viking Britain: An Exploration. London: British Museum Press.
  • Orchard, A. (1997). Dictionary of Norse Myth and Legend. London: Cassell.
  • Simek, R. (2007). Dictionary of Northern Mythology. Translated by A. Hall. Cambridge: D.S. Brewer.
  • Lindow, J. (2002). Norse Mythology: A Guide to Gods, Heroes, Rituals, and Beliefs. Oxford: Oxford University Press.
  • Davidson, H. R. E. (1993). The Lost Beliefs of Northern Europe. London: Routledge.
  • Ellis Davidson, H. R. (1964). Gods and Myths of Northern Europe. London: Penguin Books.