Geschichte der Krankenpflege in Deutschland

Die Geschichte der Krankenpflege in Deutschland

Die Wurzeln der Krankenpflege in Deutschland lassen sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. In dieser Zeit waren es hauptsächlich Klöster und religiöse Gemeinschaften, die Kranke pflegten.
Geschichte 6 Minuten

Die Krankenpflege hat in Deutschland eine lange und vielschichtige Geschichte, die von den frühen Klöstern des Mittelalters bis zu den modernen Gesundheitssystemen des 21. Jahrhunderts reicht. Diese Entwicklung spiegelt nicht nur medizinische Fortschritte wider, sondern auch tiefgreifende gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen.

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Die Wurzeln der Krankenpflege in Deutschland lassen sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. In dieser Zeit waren es hauptsächlich Klöster und religiöse Gemeinschaften, die Kranke pflegten. Die Benediktinerregel, die im 6. Jahrhundert von Benedikt von Nursia verfasst wurde, legte großen Wert auf die Pflege von Kranken als Ausdruck christlicher Nächstenliebe (Wachsmann, 2018). Viele Klöster gründeten eigene Hospitäler und leisteten so einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung.

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden in vielen deutschen Städten Hospitäler, die oft von religiösen Orden betrieben wurden. Im 13. Jahrhundert gründete der Deutsche Orden zahlreiche Krankenhäuser, insbesondere im östlichen Teil des Heiligen Römischen Reiches. Diese Einrichtungen kombinierten medizinische Versorgung mit spiritueller Betreuung und waren häufig die einzigen Orte, an denen Kranke Hilfe finden konnten.

Reformation und Barock

Mit der Reformation im 16. Jahrhundert änderten sich auch die Strukturen der Krankenpflege. Martin Luther und andere Reformatoren kritisierten die katholische Kirche und ihre Institutionen, was zur Säkularisierung vieler kirchlicher Hospitäler führte. Gleichzeitig förderte die Reformation die Gründung neuer, städtisch oder staatlich organisierter Einrichtungen. Diese neuen Hospitäler legten weniger Wert auf religiöse Praktiken und konzentrierten sich stärker auf die medizinische Behandlung.

Aufklärung und 19. Jahrhundert

Im Zeitalter der Aufklärung und der industriellen Revolution kam es zu erheblichen Veränderungen in der Krankenpflege. Die Fortschritte in der Medizin und den Naturwissenschaften führten zu einem besseren Verständnis von Krankheiten und deren Behandlung. Gleichzeitig wuchs das Bedürfnis nach professionell ausgebildeten Pflegekräften.

Ein entscheidender Wendepunkt war die Gründung der Diakonissenanstalt in Kaiserswerth im Jahr 1836 durch Theodor Fliedner und seine Frau Friederike. Diese Einrichtung bot erstmals eine systematische Ausbildung für Krankenpflegerinnen an und legte den Grundstein für die moderne Krankenpflege in Deutschland. Florence Nightingale, die als Begründerin der modernen Krankenpflege gilt, besuchte Kaiserswerth und ließ sich von den dortigen Methoden inspirieren.

20. Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert war geprägt von enormen Fortschritten in der Medizin und der Technologie, die auch die Krankenpflege revolutionierten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Beruf der Krankenschwester zunehmend professionalisiert. 1903 wurde der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) gegründet, der sich für bessere Arbeitsbedingungen und eine fundierte Ausbildung einsetzte.

Während des Zweiten Weltkriegs spielte die Krankenpflege eine entscheidende Rolle in der Versorgung der Verwundeten. Nach dem Krieg kam es zu einem Mangel an Pflegekräften, was die Notwendigkeit einer weiteren Professionalisierung und besseren Ausbildung verdeutlichte. In den 1950er und 1960er Jahren wurden die Ausbildungsgänge weiter reformiert und akademisiert.

Agnes Karll und die Professionalisierung der Pflege

Ein weiterer bedeutender Meilenstein in der Geschichte der Krankenpflege in Deutschland war das Wirken von Agnes Karll. Geboren 1868 in Embsen bei Lüneburg, begann Karll ihre Karriere als Krankenschwester und erlangte bald darauf internationale Erfahrung in den USA und England. Sie erkannte die Notwendigkeit einer Professionalisierung und besseren Ausbildung für Pflegekräfte. 1903 gründete sie den „Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands“ (BOKD), der später im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) aufging (Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, 2020).

Karll setzte sich unermüdlich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Anerkennung der Pflege als eigenständigen und respektierten Beruf ein. Unter ihrer Führung wurden Standards für die Ausbildung und Arbeitszeiten von Pflegekräften entwickelt, die bis heute nachwirken. Ihr Engagement trug wesentlich dazu bei, das Bild der Pflege als Beruf zu verändern und ihre gesellschaftliche Anerkennung zu erhöhen (Schumacher, 2021).

Gegenwart und Zukunft

Heute ist die Krankenpflege in Deutschland ein hochprofessionalisierter Beruf, der eine fundierte Ausbildung und ständige Weiterbildung erfordert. Der Pflegeberuf hat sich zu einem wichtigen Teil des Gesundheitssystems entwickelt, das eine zentrale Rolle in der Versorgung der Bevölkerung spielt. Aktuelle Herausforderungen wie der demografische Wandel und der Fachkräftemangel erfordern innovative Lösungen und eine weitere Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten.

Die Geschichte der Krankenpflege in Deutschland zeigt, wie eng die Entwicklung dieses Berufs mit den gesellschaftlichen und medizinischen Fortschritten verbunden ist. Von den klösterlichen Anfängen über die Reformen der Reformation und die Professionalisierung im 19. und 20. Jahrhundert bis hin zu den modernen Herausforderungen bietet sie einen faszinierenden Einblick in die Evolution eines unverzichtbaren Berufs.

Zusammenfassung

Die Krankenpflege in Deutschland hat eine tief verwurzelte und facettenreiche Geschichte, die vom Mittelalter bis in die Gegenwart reicht. Ursprünglich waren es Klöster und religiöse Gemeinschaften, die die Pflege von Kranken übernahmen, inspiriert durch die Benediktinerregel, die christliche Nächstenliebe betonte. Im 13. Jahrhundert gründete der Deutsche Orden zahlreiche Hospitäler, die medizinische und spirituelle Betreuung kombinierten.

Mit der Reformation im 16. Jahrhundert änderten sich die Strukturen der Krankenpflege grundlegend. Viele kirchliche Hospitäler wurden säkularisiert, und neue städtische oder staatliche Einrichtungen entstanden, die sich stärker auf die medizinische Behandlung konzentrierten. Im Zeitalter der Aufklärung und der industriellen Revolution wurde die Krankenpflege zunehmend professionalisiert, was durch die Gründung der Diakonissenanstalt in Kaiserswerth 1836 durch Theodor und Friederike Fliedner gefördert wurde.

Ein bedeutender Meilenstein in der Professionalisierung der Pflege war das Wirken von Agnes Karll im frühen 20. Jahrhundert. Sie gründete 1903 den Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands (BOKD), der später im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) aufging, und setzte sich für bessere Arbeitsbedingungen und eine fundierte Ausbildung ein.

Das 20. Jahrhundert brachte erhebliche Fortschritte in der Medizin und Technologie, die auch die Krankenpflege revolutionierten. Der Beruf der Krankenschwester wurde zunehmend professionalisiert, und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Ausbildungsgänge reformiert und akademisiert. Heute ist die Krankenpflege ein hochprofessionalisierter Beruf, der eine fundierte Ausbildung und ständige Weiterbildung erfordert. Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel stellen aktuelle Herausforderungen dar, die innovative Lösungen und Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten erfordern.

Diese Geschichte zeigt, wie eng die Entwicklung der Krankenpflege mit gesellschaftlichen und medizinischen Fortschritten verbunden ist, und bietet einen faszinierenden Einblick in die Evolution dieses unverzichtbaren Berufs.

Quellen

  • Gundermann, S. (2017). Hospitäler und ihre Geschichte im Mittelalter. Historische Zeitschrift, 305(2), 289-312.
  • Reinhardt, J. (2020). Florence Nightingale und die Diakonissenanstalt Kaiserswerth. In: Pflegende im Wandel der Zeit. Springer.
  • Schindler, W. (2019). Die Reformation und ihre Auswirkungen auf die Krankenpflege. Theologische Rundschau, 85(1), 45-67.
  • Wachsmann, K. (2018). Die Krankenpflege im Mittelalter. In: Medizin und Gesellschaft im Mittelalter. Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Schumacher, P. (2021). Agnes Karll: Pionierin der modernen Krankenpflege. Pflegedienst, 39(4), 215-227.