ICN-Ethikkodex für Pflegende
Der ICN-Ethikkodex für Pflegende ist ein globaler Standard, der die ethischen Grundsätze und Handlungsrichtlinien für Pflegefachkräfte festlegt. Er fördert den Respekt vor Menschenrechten, die Würde und Autonomie von Patienten, professionelles Verhalten und Verantwortlichkeit. Dieser Kodex leitet Pflegende bei der Entscheidungsfindung und im täglichen Handeln.
Hintergrund
1953 wurde vom International Council of Nurses (ICN) erstmals ein internationaler Ethikkodex für Pflegende eingeführt. Der Kodex wurde bis dato mehrfach angepasst und erweitert (letzte Überarbeitung 2021). Dem Ethikkodex zu Folge, haben Pflegende vier grundlegende Aufgaben:
Als Pflegende werden Personen definiert, die eine Pflegeausbildung abgeschlossen haben und in ihrem Land über die Berechtigung zur Ausübung eines Pflegeberufs verfügen.
Kontakt zum ICN
International Council of Nurses (ICN)
Conseil International des Infirmières
3, Place Jean Marteau
CH-1201 Genf
Tel.: +41 22 908 01 00
Webseite: www.icn.ch
ICN-Kodex
Der ICN-Ethikkodex für Pflegekräfte umfasst vier Grundelemente, die den Standard für ethische Verhaltensweisen festlegen (Stand 2021).
Pflegende und ihre Mitmenschen
Die primäre berufliche Verantwortung der Pflegenden gilt den Menschen, die jetzt oder in Zukunft Pflege und Dienstleistungen benötigen, seien es Einzelpersonen, Familien, Gemeinschaften oder Bevölkerungsgruppen (im Folgenden entweder als „Patienten“ oder „Pflegebedürftige“ bezeichnet).
Pflegende fördern ein Umfeld, in dem die Menschenrechte, die Werte, die Sitten und Gebräuche sowie die religiösen und spirituellen Ãœberzeugungen des Einzelnen, der Familien und Gemeinschaften von allen anerkannt und respektiert werden. Die Rechte des Pflegepersonals fallen unter die Menschenrechte und sollten gewahrt und geschützt werden.
Das Pflegepersonal stellt sicher, dass der Einzelne und seine Familie verständliche, genaue, ausreichende und rechtzeitige Informationen erhalten, die der Kultur, der Sprache, den kognitiven und körperlichen Bedürfnissen des Patienten entsprechen, den kulturellen, sprachlichen, kognitiven und körperlichen Bedürfnissen des Patienten angemessen sind, und dem psychischen Zustand des Patienten angemessen sind, um die Zustimmung zur Pflege und der damit verbundenen Behandlung zu erhalten.
Das Pflegepersonal behandelt personenbezogene Daten vertraulich und respektiert die Privatsphäre, die Vertraulichkeit und die Interessen der Patienten bei der rechtmäßigen Erhebung, Verwendung, dem Zugang, der Ãœbermittlung, Speicherung und Offenlegung von persönlichen Informationen.
Pflegende respektieren die Privatsphäre und Vertraulichkeit von Kollegen und pflegebedürftigen Menschen und wahren die Integrität des Pflegeberufs in Person und in allen Medien, einschließlich der sozialen Medien.
Pflegekräfte tragen gemeinsam mit der Gesellschaft die Verantwortung um Maßnahmen zu initiieren und zu unterstützen, um die gesundheitlichen und sozialen Bedürfnisse aller Menschen zu erfüllen.
Pflegende setzen sich für Gleichheit und soziale Gerechtigkeit bei der Zuweisung von Ressourcen, dem Zugang zur Gesundheitsversorgung und anderen sozialen und wirtschaftlichen Dienstleistungen ein.
Pflegekräfte zeigen berufliche Werte wie Respekt, Gerechtigkeit, Reaktionsfähigkeit, Fürsorge, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Vertrauenswürdigkeit und Integrität. Sie unterstützen und respektieren die Würde und die universellen Rechte aller Menschen, einschließlich Patienten, Kollegen und Familien.
Pflegende fördern eine Sicherheitskultur in der Gesundheitsversorgung, indem sie Gefahren für Menschen und eine sichere Versorgung in Gesundheitspraktiken, -diensten und -einrichtungen erkennen und ihnen begegnen.
Pflegekräfte bieten eine evidenzbasierte, personenzentrierte Pflege, die die Werte und Grundsätze der primären Gesundheitsversorgung und der Gesundheitsförderung über die gesamte Lebensspanne hinweg anerkennt und anwendet.
Pflegende sorgen dafür, dass der Einsatz von Technologie und wissenschaftlichen Fortschritten mit der Sicherheit, der Würde und den Rechten der Menschen vereinbar ist. Im Falle von künstlicher Intelligenz oder Geräten wie Pflegerobotern oder Drohnen stellen die Pflegekräfte sicher, dass die Pflege personenzentriert bleibt und dass solche Geräte menschliche Beziehungen unterstützen und nicht ersetzen.
Pflegende und die Berufsausübung
Pflegende tragen persönliche Verantwortung und Rechenschaftspflicht für eine ethische Pflegepraxis und für die Aufrechterhaltung ihrer Kompetenz, indem sie sich kontinuierlich beruflich weiterbilden (lebenslanges Lernen).
Pflegekräfte erhalten ihre Berufsfähigkeit aufrecht, um durch ihre Fähigkeit eine hochwertige und sichere Pflege zu gewährleisten.
Pflegende üben ihre Tätigkeit innerhalb der Grenzen ihrer individuellen Kompetenz und ihres geregelten oder genehmigten Tätigkeitsbereichs und nutzen ihr berufliches Urteilsvermögen bei der Ãœbernahme und Delegation von Verantwortung.
Pflegende schätzen ihre eigene Würde, ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit. Um dies zu erreichen, ist ein positives Praxisumfeld erforderlich, das sich durch berufliche Anerkennung, Ausbildung, Reflexion, Unterstützungsstrukturen, angemessene Ressourcen, solide Managementpraktiken sowie Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz auszeichnet.
Pflegekräfte halten jederzeit Standards für ihr persönliches Verhalten ein. Sie werfen ein gutes Licht auf den Beruf und fördern sein Image und das Vertrauen der Öffentlichkeit. In ihrer beruflichen Rolle erkennen die Pflegekräfte die Grenzen ihrer persönlichen Beziehungen und halten diese ein.
Pflegende geben ihr Wissen und ihre Erfahrung weiter, geben Feedback und unterstützen die berufliche Entwicklung von Krankenpflegeschülern, Berufsanfängern, Kollegen und anderen Gesundheitsdienstleistern.
Pflegekräfte sind Anwälte der Patienten und pflegen eine Praxiskultur, die ein ethisches Verhalten und einen offenen Dialog fördert.
Pflegende können aus Gewissensgründen die Teilnahme an bestimmten Verfahren oder an pflegerischer oder gesundheitsbezogener Forschung ablehnen, müssen aber respektvolles und rechtzeitiges Handeln ermöglichen, um sicherzustellen, dass Menschen eine ihren individuellen Bedürfnissen entsprechende Pflege erhalten.
Pflegekräfte schützen das Recht (Zustimmung und Widerruf) einer Person um Zugang zu persönlichen, gesundheitlichen und genetischen Informationen zu erhalten. Sie schützen die Verwendung, die Privatsphäre und die Vertraulichkeit von genetischen Informationen und Humangenomtechnologien.
Pflegekräfte ergreifen geeignete Maßnahmen zum Schutz von Einzelpersonen, Familien, Gemeinschaften und Bevölkerungsgruppen, wenn deren Gesundheit durch einen Mitarbeiter, eine andere Person, eine Richtlinie, eine Praxis oder den Missbrauch von der Technik gefährdet ist.
Pflegende sind aktive Teilnehmer an der Förderung der Patientensicherheit. Sie setzen sich für ethisches Verhalten ein, wenn Fehler oder Beinahe-Fehler auftreten, melden sich zu Wort, wenn die Patientensicherheit gefährdet ist, setzen sich für Transparenz ein und arbeiten mit anderen zusammen, um das Fehlerpotenzial zu verringern.
Pflegekräfte sind für die Integrität der Daten verantwortlich, um ethische Pflegestandards zu unterstützen und zu fördern.
Pflegende und die Profession
Pflegende übernehmen die wichtigste Führungsrolle bei der Festlegung und der Umsetzung evidenzbasierter, akzeptabler Standards für die klinische Pflegepraxis, das Management, die Forschung und die Ausbildung.
Pflegekräfte und Pflegewissenschaftler sind aktiv an der Erweiterung des forschungsbasierten, aktuellen Fachwissens beteiligt, das eine evidenzbasierte Praxis unterstützt.
Das pflegende Personal ist aktiv an der Entwicklung und Aufrechterhaltung eines Kerns von beruflichen Werten beteiligt
Pflegekräfte beteiligen sich über ihre Berufsverbände an der Schaffung eines positiven und konstruktiven Praxisumfelds, in dem die Praxis klinische Pflege, Ausbildung, Forschung, Management und Führung umfasst. Dazu gehört ein Umfeld, das es den Pflegekräften ermöglicht, ihre Tätigkeit optimal auszuüben und eine sichere, wirksame und zeitnahe Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, und zwar unter Arbeitsbedingungen, die für die Pflegekräfte sicher sowie sozial und wirtschaftlich gerecht sind.
Pflegende tragen zu einem positiven und ethischen Organisationsumfeld bei und stellen unethische Praktiken und Rahmenbedingungen in Frage. Pflegende arbeiten mit Kolleginnen und Kollegen aus der Pflege, anderen (Gesundheits-)Disziplinen und relevanten Gemeinschaften zusammen, um sich für die ethische Entwicklung, Durchführung und Verbreitung von durch Fachkollegen geprüfter und ethisch verantwortlicher Forschung und Praxisentwicklung in Bezug auf Patientenversorgung, Pflege und und Gesundheit einzusetzten.
Pflegekräfte engagieren sich für die Entwicklung, Verbreitung und Anwendung der Forschung, die die Ergebnisse für Einzelpersonen, die Familien und die Gemeinschaften verbessert.
Pflegende bereiten sich auf Notfälle und Katastrophen vor und reagieren auf, Konflikte, Epidemien, Pandemien, soziale Krisen und Bedingungen knapper Ressourcen. Die Sicherheit der Menschen, die Aufrechterhaltung der Pflege und der Dienstleistungen, liegt in der gemeinsamen Verantwortung der einzelnen Pflegekräfte und den Leitern von Gesundheitssystemen und Organisationen. Dazu gehören die Bewertungen von Risiken und die Entwicklung, Umsetzung und Bereitstellung von ausgewogenen Ressourcen.
Pflegende und globale Gesundheit
Pflegende schätzen die Gesundheitsversorgung als ein Menschenrecht und bekräftigen das Recht auf allgemeinen Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle.
Pflegende setzen sich für die Würde, die Freiheit und den Wert aller Menschen ein und wenden sich gegen alle Formen der Ausbeutung, wie Menschenhandel und Kinderarbeit.
Pflegekräfte sind federführend oder tragen zur Entwicklung einer soliden Gesundheitspolitik bei.
Pflegekräfte tragen zur Gesundheit der Bevölkerung bei und arbeiten auf die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs). (UN n.d.) hin.
Pflegende erkennen die Bedeutung der sozialen Determinanten der Gesundheit an. Sie tragen zu politischen Maßnahmen und Programmen bei, die diese Faktoren berücksichtigen.
Pflegende arbeiten zusammen und setzen sich für die Erhaltung und den Schutz der natürlichen Umwelt ein und sind sich der gesundheitlichen Folgen der Umweltzerstörung, z. B. des Klimawandels bewußt. Sie setzen sich für Initiativen, die umweltschädliche Praktiken reduzieren, um Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern ein.
Pflegekräfte arbeiten mit anderen Gesundheits- und Sozialberufen und der Öffentlichkeit zusammen, um die Grundsätze der Gerechtigkeit aufrechtzuerhalten, indem sie die Verantwortung für Menschenrechte, Gleichheit und Fairness fördern und sich für das Gemeinwohl und einen gesunden Planeten einsetzen.
Pflegende arbeiten länderübergreifend zusammen, um die globale Gesundheit zu entwickeln und aufrechtzuerhalten und entsprechende Strategien und Grundsätze zu gewährleisten.
Zusammenfassung
Der ICN-Ethikkodex für Pflegende ist ein international anerkannter Standard, der die ethischen Prinzipien und Handlungsrichtlinien für Pflegefachpersonen festlegt. Er umfasst vier zentrale Bereiche: Pflegende und ihre Mitmenschen, Pflegende und die Pflegepraxis, Pflegende und die Profession, sowie Pflegende und Kolleginnen. Der Kodex betont die Bedeutung von Würde, Respekt, Kompetenz und Verantwortung im Pflegeberuf. Er dient als Leitfaden für ethisches Verhalten und Entscheidungsfindung im beruflichen Alltag und fördert die Qualität der Pflege sowie das Wohl der Patienten weltweit.
Quellen
- Titelbild: Gruppe von Pflegekräften (Shutterstock.com – sutlafk)
- ICN-Ethikkodex für professionell Pflegende aktualisiert. (o. J.). Dbfk.de. Abgerufen 10. Mai 2023, von https://www.dbfk.de
- Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2014). Pflege Heute (6. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
- Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.