Pflege bei COPD
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine fortschreitende Lungenerkrankung, die durch Atemwegsobstruktion und Lungengewebsschäden gekennzeichnet ist. Die Pflege von Patienten mit COPD stellt eine besondere Herausforderung für medizinisches Fachpersonal dar, da die Erkrankung eine ganzheitliche und kontinuierliche Betreuung erfordert.
Pathophysiologie und Stadien der COPD
COPD umfasst zwei Hauptzustände: chronische Bronchitis und Emphysem. Chronische Bronchitis ist durch eine anhaltende Entzündung der Bronchien und übermäßige Schleimproduktion gekennzeichnet. Emphysem hingegen betrifft die Alveolen und führt zu einem Verlust der Elastizität der Lungengewebe und zur Zerstörung der alveolären Wände. Die Stadien der COPD reichen von mild (Stadium I) bis sehr schwer (Stadium IV) und werden anhand des forcierten exspiratorischen Volumens in einer Sekunde (FEV1) und anderer klinischer Merkmale klassifiziert.
Pflegemanagement bei COPD
Diagnostik und Überwachung
- Lungenfunktionstests
➜ Regelmäßige Spirometrie zur Überwachung des Krankheitsverlaufs. - Blutgasanalyse
➜ Überwachung der Sauerstoff– und Kohlendioxidwerte im Blut. - Bildgebende Verfahren
➜ Röntgenaufnahmen und CT-Scans zur Beurteilung der Lungenstruktur und -funktion.
Medikamentöse Therapie
- Bronchodilatatoren:
➜ Kurz- und langwirksame Bronchodilatatoren zur Erweiterung der Atemwege. - Kortikosteroide
➜ Inhalative oder systemische Kortikosteroide zur Reduktion von Entzündungen. - Phosphodiesterase-4-Inhibitoren
➜ Zur Verringerung von Entzündungen und Schleimproduktion. - Antibiotika
➜ Bei bakteriellen Infektionen der Atemwege.
Nicht-medikamentöse Maßnahmen
- Sauerstofftherapie
➜ Langzeitsauerstofftherapie bei chronischer Hypoxie. - Atemtherapie
➜ Techniken wie Lippenbremse, Zwerchfellatmung und PEEP-Masken. - Pulmonale Rehabilitation
➜ Übungsprogramme zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Lebensqualität. - Ernährungsmanagement
➜ Angepasste Ernährung zur Vermeidung von Untergewicht und Muskelabbau. - Raucherentwöhnung
➜ Unterstützung bei der Raucherentwöhnung als wichtigste Maßnahme zur Verlangsamung des Krankheitsverlaufs.
Spezifische Pflegeinterventionen
Akute Exazerbationen
- Erkennung und Management
➜ Schnelle Identifikation und Behandlung von Exazerbationen zur Vermeidung von Krankenhausaufenthalten. - Notfallmedikation
➜ Verabreichung von schnellen Bronchodilatatoren und ggf. systemischen Kortikosteroiden.
Langzeitpflege und Unterstützung
- Patientenschulung
➜ Aufklärung über die Krankheit, Medikamentenmanagement und Selbsthilfe-Techniken. - Psychosoziale Unterstützung
➜ Umgang mit Angst und Depression, die häufig bei COPD-Patienten auftreten. - Palliativpflege
➜ Symptommanagement und Unterstützung bei fortgeschrittener COPD.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Pflege von COPD-Patienten erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Berufsgruppen:
- Ärzte
- Diagnostik, Therapieplanung und Überwachung.
- Pflegekräfte
- Direkte Patientenversorgung, Schulung und Unterstützung.
- Atemtherapeuten
- Durchführung spezieller Atemübungen und Techniken.
- Ernährungsberater
- Beratung zur Ernährungstherapie.
- Physiotherapeuten
- Gestaltung und Überwachung von Rehabilitationsprogrammen.
- Sozialarbeiter und Psychologen
- Unterstützung bei psychosozialen Aspekten der Krankheit.
Fallbeispiel: Pflege bei COPD
Patientenvorstellung
Herr Müller, 68 Jahre alt, ist seit 30 Jahren starker Raucher und wurde vor fünf Jahren mit COPD im Stadium III diagnostiziert. Er lebt allein in einer Mietwohnung und hat sich kürzlich über zunehmende Atemnot, besonders bei körperlicher Anstrengung, beklagt. Zudem leidet er unter chronischem Husten und vermehrter Schleimproduktion.
Anamnese und aktuelle Beschwerden
- Diagnose
➜ COPD Stadium III (Schwer) - Symptome
➜ Atemnot (Dyspnoe), chronischer Husten, vermehrte Schleimproduktion, Müdigkeit - Medikamente
➜ Langwirksame Bronchodilatatoren, inhalative Kortikosteroide, Bedarfssauerstoff - Lebensstil
➜ Starker Raucher, geringe körperliche Aktivität, schlechte Ernährungsgewohnheiten
Pflegeplanung
Pflegeproblem 1: Atemnot (Dyspnoe)
- Pflegeziel
➜ Reduktion der Atemnot auf ein erträgliches Maß.
➜ Verbesserung der Atemeffizienz.
Pflegeproblem 2: Schleimproduktion und Husten
- Pflegeziel
➜ Verringerung der Schleimproduktion.
➜ Erleichterung des Abhustens von Sekreten.
Pflegeproblem 3: Eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit
- Pflegeziel
➜ Steigerung der körperlichen Belastbarkeit
➜ Verbesserung der Lebensqualität durch erhöhte Mobilität.
Pflegeproblem 4: Raucherentwöhnung
- Pflegeziel
➜ Dauerhafte Rauchfreiheit zur Verlangsamung des Krankheitsverlaufs.
Pflegeproblem 5: Psychosoziale Belastungen
- Pflegeziel
➜ Unterstützung bei der Bewältigung von Angst und Depression.
➜ Verbesserung der psychosozialen Lebensqualität.
Pflegeproblem 6: Patientenschulung und Selbstmanagement
- Pflegeziel
➜ Verbesserung des Verständnisses der Krankheit und des Umgangs mit den Symptomen.
➜ Förderung der Selbstständigkeit im Krankheitsmanagement.
Pflegemaßnahmen
Pflegeproblem 1: Atemnot (Dyspnoe)
- Beobachtung und Dokumentation
➜ Regelmäßige Überwachung der Atemfrequenz und Atemtiefe.
➜ Dokumentation der Dyspnoeepisoden und deren Auslöser. - Atemtherapie
➜ Schulung und regelmäßige Anwendung der Lippenbremse.
➜ Training der Zwerchfellatmung zur Verbesserung der Atemeffizienz.
➜ Nutzung der PEP-Maske zur Verbesserung der Lungenbelüftung und Sekretmobilisation. - Sauerstofftherapie
➜ Bedarfssauerstoffverabreichung nach ärztlicher Anordnung, um die Sauerstoffsättigung zu verbessern. - Medikamentöse Unterstützung
➜ Regelmäßige Verabreichung der verschriebenen Bronchodilatatoren und Kortikosteroide.
➜ Sicherstellung der korrekten Anwendung der Inhalationsgeräte.
Pflegeproblem 2: Schleimproduktion und Husten
- Sekretmanagement
➜ Anleitung zu effektivem Abhusten und Sekretmobilisationstechniken.
➜ Regelmäßige Flüssigkeitszufuhr zur Verflüssigung des Schleims. - Medikamentöse Therapie
➜ Verabreichung von schleimlösenden Medikamenten nach ärztlicher Anordnung. - Atemtherapie
➜ Nutzung von Atemübungen und Atemhilfsmitteln (z.B. PEP-Maske) zur Förderung der Sekretlösung.
Pflegeproblem 3: Eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit
- Bewegungstherapie
➜ Teilnahme an einem individuell angepassten Bewegungs- und Trainingsprogramm.
➜ Unterstützung bei der Durchführung der Übungen und Überwachung der körperlichen Belastung. - Pulmonale Rehabilitation
➜ Förderung der Teilnahme an einem strukturierten Rehabilitationsprogramm. - Ernährungsberatung
➜ Beratung zur Optimierung der Ernährung zur Unterstützung der körperlichen Leistungsfähigkeit.
Pflegeproblem 4: Raucherentwöhnung
- Raucherentwöhnungsprogramme
➜ Vermittlung und Unterstützung bei der Teilnahme an Raucherentwöhnungsprogrammen.
➜ Bereitstellung von Informationsmaterialien und Ressourcen zur Raucherentwöhnung. - Nikotinersatztherapie
➜ Beratung und Begleitung bei der Anwendung von Nikotinersatzpräparaten.
Pflegeproblem 5: Psychosoziale Belastungen
- Psychologische Betreuung
➜ Vermittlung und Unterstützung bei der Inanspruchnahme von psychologischen Beratungsdiensten. - Soziale Unterstützung
➜ Organisation von Hilfe durch soziale Dienste, wie Haushaltshilfe oder Besuchsdienste.
➜ Unterstützung bei der Kontaktaufnahme zu Selbsthilfegruppen für COPD-Patienten.
Pflegeproblem 6: Patientenschulung und Selbstmanagement
- Patientenschulung
➜ Aufklärung über die Krankheit, Behandlungsmöglichkeiten und Selbsthilfetechniken.
➜ Schulung im korrekten Umgang mit Inhalationsgeräten und Medikamenten. - Notfallmanagement
➜ Erstellung eines individuellen Aktionsplans für akute Exazerbationen.
➜ Schulung zur Erkennung und Reaktion auf Notfallsymptome.
Verlauf und Evaluation
Nach drei Monaten intensiver Pflege und Betreuung zeigt Herr Müller deutliche Fortschritte. Seine Atemnot hat sich durch die regelmäßige Atemtherapie und körperliche Bewegung verbessert. Er hat mit dem Rauchen aufgehört und seine Ernährung umgestellt, was zu einer Gewichtszunahme und besserer allgemeiner Verfassung geführt hat. Die regelmäßigen Lungenfunktionstests und Blutgasanalyse zeigen stabile Werte, und akute Exazerbationen sind seltener geworden.
Zusammenfassung
Die Pflege von Patienten mit COPD erfordert umfassendes Wissen, spezialisierte Fähigkeiten und eine interdisziplinäre Herangehensweise. Durch eine Kombination aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Maßnahmen, gezielter Schulung und Unterstützung sowie einer engen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen kann die Lebensqualität von COPD-Patienten erheblich verbessert werden. Es ist wichtig, dass medizinisches Fachpersonal stets über die neuesten Entwicklungen und Best Practices in der COPD-Behandlung informiert ist, um eine optimale Patientenversorgung zu gewährleisten.
Quellen
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