Pflege bei Erysipel

Das Erysipel, auch als Wundrose bekannt, ist eine akute bakterielle Infektion der Haut und des subkutanen Gewebes. Es stellt eine erhebliche Herausforderung für das medizinische Pflegepersonal dar, da eine frühzeitige Erkennung, adäquate Behandlung und umfassende pflegerische Betreuung entscheidend für den Heilungsverlauf und die Prävention von Komplikationen sind.

Entstehung und Symptome

Ursachen und Risikofaktoren

Ein Erysipel entsteht durch eine bakterielle Infektion, meist verursacht durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes). Diese Bakterien dringen durch kleine Hautverletzungen in die oberflächlichen Schichten der Haut und des subkutanen Gewebes ein. Zu den Eintrittspforten gehören:

  • Hautverletzungen
    ➜ Selbst kleinste Schnitte, Kratzer, Insektenstiche oder Wunden können als Eingangspforte für die Bakterien dienen.
  • Hauterkrankungen
    ➜ Chronische Hauterkrankungen wie Ekzeme, Pilzinfektionen oder Geschwüre, die die Hautbarriere schwächen.
  • Lymphabflussstörungen
    ➜ Patienten mit gestörtem Lymphabfluss, etwa durch vorausgegangene Operationen, Bestrahlungen oder chronische venöse Insuffizienz, haben ein erhöhtes Risiko.
  • Ödeme
    ➜ Schwellungen, insbesondere bei Herzinsuffizienz oder nach Operationen, können die Haut dehnen und anfälliger für Verletzungen machen.

Nachdem die Bakterien eingedrungen sind, breiten sie sich im subkutanen Gewebe aus und verursachen eine akute Entzündungsreaktion. Dabei setzen sie Enzyme und Toxine frei, die das Gewebe schädigen und die typischen Symptome des Erysipels hervorrufen.

Symptome

Die Symptome des Erysipels entwickeln sich meist rasch und können sehr ausgeprägt sein. Zu den wichtigsten klinischen Merkmalen gehören:

  • Rötung (Erythem)
    ➜ Das auffälligste Symptom des Erysipels ist die intensive, scharf begrenzte Rötung der Haut. Diese Rötung ist oft deutlich von der umgebenden gesunden Haut abgegrenzt und breitet sich schnell aus. Die betroffenen Hautstellen sind in der Regel glatt, glänzend und angespannt.
  • Schwellung (Ödem)
    ➜ Die betroffenen Hautareale sind geschwollen und fühlen sich fest an. Diese Schwellung wird durch die Entzündungsreaktion und die Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe verursacht.
  • Wärmegefühl
    ➜ Die entzündeten Hautstellen sind typischerweise warm oder sogar heiß bei Berührung, was auf die erhöhte Durchblutung und die entzündliche Aktivität hinweist.
  • Schmerzen
    ➜ Die betroffenen Bereiche sind oft schmerzhaft, insbesondere bei Berührung. Die Schmerzen können von einem leichten Unbehagen bis zu starkem Druckschmerz reichen.
  • Fieber und Schüttelfrost
    ➜ In vielen Fällen geht das Erysipel mit systemischen Symptomen wie Fieber und Schüttelfrost einher. Das Fieber kann plötzlich auftreten und auf eine systemische Ausbreitung der Infektion hinweisen.
  • Allgemeines Krankheitsgefühl
    ➜ Patienten mit Erysipel fühlen sich oft krank und abgeschlagen. Es können Kopfschmerzen, Übelkeit und allgemeine Schwäche auftreten.
  • Geschwollene Lymphknoten
    ➜ Die Lymphknoten in der Nähe der Infektionsstelle (z.B. in der Leiste bei einem Erysipel des Beines) sind oft geschwollen und schmerzhaft, was auf eine Beteiligung des Lymphsystems hinweist.
  • Lymphangitis
    ➜ In einigen Fällen kann sich die Infektion entlang der Lymphbahnen ausbreiten, was sich als rote, streifenartige Verfärbung der Haut zeigt, die sich von der Infektionsstelle weg erstreckt.

Pflegeinterventionen

Die Pflege bei Erysipel ist von entscheidender Bedeutung, um den Heilungsprozess zu unterstützen, Komplikationen zu vermeiden und das Wohlbefinden des Patienten zu fördern. Hier sind die zentralen Pflegeinterventionen:

Überwachung des klinischen Zustands

  • Vitalzeichenkontrolle
    ➜ Regelmäßige Überwachung von Temperatur, Puls, Blutdruck und Atemfrequenz, um Fieber, Tachykardie oder andere Anzeichen einer Verschlechterung frühzeitig zu erkennen.
  • Dokumentation der Hautveränderungen
    ➜ Tägliche Inspektion und Dokumentation der betroffenen Hautareale, einschließlich der Größe, Farbe, Schwellung und eventueller Ausbreitung des Erythems.
  • Schmerzerfassung
    ➜ Regelmäßige Schmerzerfassung und Bewertung mit standardisierten Skalen, um die Effektivität der Schmerztherapie zu überwachen.

Haut- und Wundpflege

  • Sanfte Reinigung der betroffenen Haut
    ➜ Reinigung der infizierten Hautstellen mit antiseptischen Lösungen oder milder Seife und Wasser. Dabei sollte die Haut schonend abgetupft und nicht gerieben werden, um weitere Irritationen zu vermeiden.
  • Anwendung von sterilen Verbänden
    ➜ Bei offenen Wunden oder wenn das Erysipel mit Hautläsionen einhergeht, sollten sterile, nicht adhärente Verbände verwendet werden, um die Wundheilung zu fördern und die Infektionsausbreitung zu verhindern.
  • Hochlagerung der betroffenen Extremität
    ➜ Bei Erysipel der Beine oder Arme sollte die betroffene Extremität hochgelagert werden, um Ödeme zu reduzieren und den venösen Rückfluss zu verbessern.

Medikamentenmanagement

  • Verabreichung von Antibiotika
    ➜ Sicherstellung der rechtzeitigen und korrekten Verabreichung der verordneten Antibiotika. Dabei ist die Einhaltung des gesamten Therapieplans entscheidend, um die Bakterien vollständig zu eliminieren.
  • Schmerz- und Fiebermanagement
    ➜ Gabe von Analgetika und Antipyretika nach ärztlicher Anordnung zur Kontrolle von Schmerzen und Fieber. Der Einsatz von Paracetamol oder Ibuprofen ist häufig indiziert.

Flüssigkeits- und Ernährungstherapie

  • Sicherstellung einer adäquaten Flüssigkeitszufuhr
    ➜ Patienten sollten ermutigt werden, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, insbesondere bei Fieber oder wenn sie sich allgemein unwohl fühlen. Bei Bedarf können intravenöse Flüssigkeiten verabreicht werden.
  • Ernährungsunterstützung
    ➜ Eine ausgewogene Ernährung, reich an Proteinen und Vitaminen, unterstützt den Heilungsprozess. Ernährungsberatung kann hilfreich sein, um die Ernährung an den individuellen Zustand des Patienten anzupassen.

Schulung und Aufklärung des Patienten

  • Information über die Erkrankung
    ➜ Aufklärung des Patienten und seiner Angehörigen über das Erysipel, einschließlich der Ursachen, Symptome, Behandlung und der Notwendigkeit, die verordneten Medikamente vollständig einzunehmen.
  • Hygienemaßnahmen
    ➜ Schulung in effektiven Hygienemaßnahmen, um eine erneute Infektion oder die Übertragung der Infektion auf andere Körperstellen zu verhindern. Dies umfasst regelmäßiges Händewaschen, Vermeidung von Kratzen an der betroffenen Stelle und angemessene Hautpflege.
  • Erkennung von Warnzeichen
    ➜ Der Patient sollte über Warnzeichen informiert werden, die auf eine Verschlechterung hinweisen, wie z.B. zunehmende Rötung, anhaltendes oder steigendes Fieber, verstärkter Schmerz oder neue Schwellungen. Eine sofortige ärztliche Rücksprache ist in solchen Fällen erforderlich.

Mobilitätsförderung und Lagerung

  • Förderung der Mobilität
    ➜ Auch wenn die betroffene Extremität geschont werden sollte, ist es wichtig, den Patienten zur Mobilisation anzuregen, um Thrombosen und Muskelatrophie zu vermeiden. Passive Bewegungsübungen können bei immobilen Patienten hilfreich sein.
  • Vermeidung von Druckstellen
    ➜ Regelmäßiges Umlagern des Patienten zur Prävention von Dekubitus, insbesondere bei bettlägerigen Patienten. Die Verwendung von speziellen Matratzen oder Lagerungshilfen kann dazu beitragen.

Psychosoziale Unterstützung

  • Unterstützung bei Angst und Unsicherheit
    ➜ Da das Erysipel mit Schmerzen und einer sichtbaren Hautveränderung einhergeht, können Patienten ängstlich oder verunsichert sein. Die Pflegekraft sollte den Patienten emotional unterstützen, Fragen beantworten und beruhigen.
  • Einbindung der Angehörigen
    ➜ Die Angehörigen sollten in die Pflege und die Aufklärung einbezogen werden, um den Patienten zu unterstützen und sicherzustellen, dass er nach der Entlassung aus dem Krankenhaus die Pflegehinweise weiterhin befolgt.

Prävention von Komplikationen

  • Thromboseprophylaxe
    ➜ Bei immobilen Patienten sollten Maßnahmen zur Verhinderung von tiefen Venenthrombosen ergriffen werden, z.B. durch die Anwendung von Kompressionsstrümpfen oder die Gabe von Antikoagulantien nach ärztlicher Anordnung.
  • Früherkennung von Komplikationen
    ➜ Wachsamkeit gegenüber Anzeichen von Komplikationen wie Sepsis, Abszessbildung oder Lymphödem. Bei Verdacht auf solche Komplikationen ist eine sofortige ärztliche Konsultation erforderlich.

Herausforderungen

Die Pflege von Patienten mit Erysipel bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich, die sowohl für das Pflegepersonal als auch für den Patienten selbst bedeutend sein können. Diese Herausforderungen betreffen die Erkennung, Behandlung und langfristige Versorgung der Patienten sowie die Vermeidung von Komplikationen.

Frühzeitige Erkennung und Diagnosestellung

  • Ähnliche klinische Präsentationen
    ➜ Das Erysipel kann leicht mit anderen Hauterkrankungen wie Cellulitis, Kontaktdermatitis oder tiefen Venenthrombosen verwechselt werden. Eine fehlerhafte oder verzögerte Diagnose kann zu einer inadäquaten Behandlung führen und das Risiko für Komplikationen erhöhen.
  • Atypische Symptome
    ➜ Besonders bei immungeschwächten oder älteren Patienten können die klassischen Symptome des Erysipels wie scharf begrenzte Rötung und Fieber weniger ausgeprägt oder anders dargestellt sein. Dies erschwert die Erkennung und erfordert eine sorgfältige klinische Beurteilung.

Schmerzmanagement

  • Intensive Schmerzen
    ➜ Das Erysipel kann mit erheblichen Schmerzen verbunden sein, die nicht nur die Lebensqualität des Patienten stark beeinträchtigen, sondern auch die Mitarbeit bei der Therapie und Pflege erschweren. Ein effektives Schmerzmanagement ist daher entscheidend, aber oft schwierig umzusetzen, insbesondere bei Patienten mit zusätzlichen chronischen Schmerzzuständen.
  • Nebenwirkungen von Analgetika
    ➜ Die langfristige Gabe von Schmerzmitteln kann zu Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden, Nierenproblemen oder Abhängigkeit führen, was das Schmerzmanagement weiter kompliziert.

Verhinderung der Ausbreitung der Infektion

  • Hygienestandards
    ➜ Die strikte Einhaltung von Hygienestandards ist unerlässlich, um die Ausbreitung der Infektion auf andere Körperteile oder andere Personen zu verhindern. Dies erfordert eine ständige Wachsamkeit und Schulung des Pflegepersonals sowie die Zusammenarbeit mit dem Patienten.
  • Risikofaktoren für eine erneute Infektion
    ➜ Patienten mit Erysipel haben häufig prädisponierende Faktoren wie Diabetes mellitus oder chronische venöse Insuffizienz, die das Risiko für wiederholte Infektionen erhöhen. Die langfristige Betreuung dieser Patienten stellt eine besondere Herausforderung dar, um Rückfälle zu vermeiden.

Patientencompliance

  • Einhaltung der Therapie
    ➜ Patienten, insbesondere ältere oder kognitiv eingeschränkte Personen, haben möglicherweise Schwierigkeiten, die verordnete Therapie genau einzuhalten, einschließlich der vollständigen Einnahme von Antibiotika. Eine unvollständige Behandlung kann zu einem Rückfall oder zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen führen.
  • Verständnis und Akzeptanz der Erkrankung
    ➜ Manche Patienten verstehen möglicherweise nicht die Schwere ihrer Erkrankung oder lehnen die vorgeschlagenen Pflege- und Behandlungsmethoden ab, was die Pflege erheblich erschwert.

Management von Komorbiditäten

  • Vorhandene Grunderkrankungen
    ➜ Viele Patienten mit Erysipel leiden unter chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Herzinsuffizienz oder Lymphödemen, die das Risiko für Komplikationen erhöhen und die Pflege komplexer machen. Die Pflegekraft muss in der Lage sein, die Pflegebedürfnisse dieser Komorbiditäten mit den spezifischen Anforderungen der Erysipelbehandlung in Einklang zu bringen.
  • Polypharmazie
    ➜ Patienten mit mehreren chronischen Erkrankungen nehmen oft zahlreiche Medikamente ein. Die Pflegekraft muss Wechselwirkungen zwischen diesen Medikamenten und den zur Behandlung des Erysipels verwendeten Antibiotika und Schmerzmitteln berücksichtigen.

Risikomanagement und Prävention von Komplikationen

  • Sepsis und andere schwerwiegende Komplikationen
    ➜ Das Erysipel kann sich rasch zu einer schweren Infektion ausweiten, einschließlich Sepsis, die lebensbedrohlich sein kann. Die Früherkennung von Anzeichen einer Sepsis oder anderer Komplikationen wie Abszessbildung oder Lymphödem erfordert ein hohes Maß an klinischer Wachsamkeit und Fachwissen.
  • Langfristige Folgen
    ➜ Chronische Lymphödeme oder wiederkehrende Infektionen können langfristige Probleme darstellen, die eine kontinuierliche pflegerische Betreuung und therapeutische Interventionen erfordern.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

  • Koordination der Versorgung
    ➜ Die effektive Pflege eines Patienten mit Erysipel erfordert die enge Zusammenarbeit eines interdisziplinären Teams, einschließlich Ärzten, Pflegekräften, Physiotherapeuten, Ernährungsberatern und Sozialarbeitern. Die Koordination dieser verschiedenen Fachrichtungen kann eine organisatorische Herausforderung darstellen, insbesondere in stark frequentierten Gesundheitseinrichtungen.
  • Kommunikation
    ➜ Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Teammitgliedern und mit dem Patienten selbst muss klar und effektiv sein, um Missverständnisse zu vermeiden und eine konsistente Pflege sicherzustellen.

Psychosoziale Unterstützung

  • Angst und Depression
    ➜ Die sichtbaren Hautveränderungen, Schmerzen und das allgemeine Krankheitsgefühl können bei Patienten zu Angstzuständen und Depressionen führen. Die Pflegekraft muss in der Lage sein, diese psychosozialen Bedürfnisse zu erkennen und entsprechende Unterstützung anzubieten.
  • Isolation
    ➜ Aufgrund der Ansteckungsgefahr oder der Notwendigkeit, die betroffenen Hautareale zu schützen, können Patienten sich isoliert fühlen. Die Förderung sozialer Interaktionen und die psychologische Unterstützung sind hier besonders wichtig.

Fallbeispiel: Pflege bei Erysipel

Patientenvorstellung

Name: Frau Müller
Alter: 67 Jahre

Vorerkrankungen

  • Diabetes mellitus Typ 2 seit 10 Jahren, medikamentös eingestellt mit Metformin.
  • Chronische venöse Insuffizienz (CVI) beider Beine, behandelt mit Kompressionstherapie.
  • Vor sechs Monaten bereits einmaliges Auftreten eines Erysipels am linken Bein, das erfolgreich mit Antibiotika behandelt wurde.
  • Allergie gegen Penicillin.

Aktuelle Aufnahme

Frau Müller wurde in die Notaufnahme eingeliefert mit stark geröteter, geschwollener und schmerzhafter Haut am rechten Unterschenkel. Sie berichtet über plötzlichen Beginn der Symptome vor 24 Stunden, begleitet von Fieber (38,5°C) und allgemeinem Krankheitsgefühl. Bei der Untersuchung zeigt sich eine deutliche, scharf begrenzte Rötung und Schwellung des rechten Unterschenkels, begleitet von Schmerzen und Wärmegefühl. Die regionale Lymphknotenvergrößerung in der Leiste ist tastbar und schmerzhaft. Aufgrund der klinischen Präsentation und der Vorgeschichte wird die Diagnose eines erneuten Erysipels gestellt.

Pflegeplanung

Pflegediagnose 1: Akute Infektion mit Schmerzen, Schwellung und Rötung des rechten Unterschenkels

  • Pflegeziele
    ➜ Die Infektion soll innerhalb von 7-10 Tagen unter Kontrolle gebracht werden.
    ➜ Die Schwellung, Rötung und der Schmerz sollen sich innerhalb von 5 Tagen deutlich reduzieren.
    ➜ Die betroffene Hautstelle zeigt innerhalb von 7 Tagen eine sichtbare Heilung ohne Anzeichen einer Ausbreitung.

Pflegediagnose 2: Erhöhtes Risiko für Komplikationen wie Sepsis oder tiefe Venenthrombose (TVT)

  • Pflegeziele
    ➜ Es sollen keine Komplikationen wie Sepsis oder Thrombosen auftreten.
    ➜ Anzeichen einer Verschlechterung (z.B. Fieberanstieg, Ausbreitung der Rötung) werden frühzeitig erkannt und gemeldet.

Pflegediagnose 3: Beeinträchtigte Mobilität durch Schmerzen und Schwellung

  • Pflegeziele
    ➜ Frau Müller soll innerhalb von 5 Tagen wieder in der Lage sein, sich ohne erhebliche Schmerzen fortzubewegen.
    ➜ Vermeidung von Immobilitätsfolgen wie Thrombosen und Dekubitus.

Pflegediagnose 4: Wissensdefizit über die Erkrankung und deren Management

  • Pflegeziele
    ➜ Frau Müller wird über die Ursachen, Behandlung und Prävention von Erysipel informiert und versteht die Bedeutung der Therapie.
    ➜ Sie soll in der Lage sein, selbstständig Maßnahmen zur Hautpflege und Prävention zu ergreifen.

Pflegediagnose 5: Psychosoziale Belastung durch Schmerzen, eingeschränkte Mobilität und Angst vor Komplikationen

  • Pflegeziele
    ➜ Frau Müller fühlt sich unterstützt und sicher im Umgang mit ihrer Erkrankung.
    ➜ Sie berichtet über eine Reduktion von Angst und Unsicherheit innerhalb der nächsten 3 Tage.

Pflegemaßnahmen

Maßnahmen zur Pflegediagnose 1: Akute Infektion mit Schmerzen, Schwellung und Rötung des rechten Unterschenkels

  • Tägliche Kontrolle und Dokumentation der Hautveränderungen (Größe, Farbe, Schmerz, Schwellung).
  • Verabreichung von Clindamycin nach ärztlicher Verordnung zur Infektionsbekämpfung.
  • Hochlagerung des rechten Beins zur Reduktion der Schwellung.
  • Sanfte Reinigung des betroffenen Bereichs mit antiseptischen Lösungen.
  • Schmerzmanagement mit Paracetamol nach ärztlicher Verordnung und regelmäßige Schmerzevaluation.

Maßnahmen zur Pflegediagnose 2: Erhöhtes Risiko für Komplikationen wie Sepsis oder tiefe Venenthrombose (TVT)

  • Tägliche Überwachung der Vitalzeichen (Temperatur, Puls, Blutdruck) zur Früherkennung einer möglichen Sepsis.
  • Förderung der Mobilität trotz Schonung der betroffenen Extremität zur Thromboseprophylaxe (leichte Bewegungsübungen im Bett).
  • Thromboseprophylaxe durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen und, falls vom Arzt angeordnet, die Gabe von Antikoagulanzien.
  • Schulung des Patienten zur Erkennung von Warnzeichen einer Sepsis (z.B. Verwirrtheit, anhaltendes Fieber).

Maßnahmen zur Pflegediagnose 3: Beeinträchtigte Mobilität durch Schmerzen und Schwellung

  • Unterstützung bei der Mobilisation im Bett und im Zimmer, je nach Schmerzzustand.
  • Anleitung zu passiven und aktiven Bewegungsübungen zur Förderung der Durchblutung und Vermeidung von Muskelatrophie.
  • Regelmäßige Umlagerung alle 2 Stunden, um Druckstellen vorzubeugen.

Maßnahmen zur Pflegediagnose 4: Wissensdefizit über die Erkrankung und deren Management

  • Aufklärung über die Ursachen des Erysipels, den Verlauf der Erkrankung und die Bedeutung der Antibiotikatherapie.
  • Schulung zur Hautpflege, insbesondere bei chronischer venöser Insuffizienz (Anwendung von Feuchtigkeitscremes, Vermeidung von Verletzungen).
  • Information über präventive Maßnahmen, wie das Tragen von Kompressionsstrümpfen und regelmäßige Bewegung.
  • Beratung zur Blutzuckerkontrolle und deren Bedeutung für die Wundheilung bei Diabetes.

Maßnahmen zur Pflegediagnose 5: Psychosoziale Belastung durch Schmerzen, eingeschränkte Mobilität und Angst vor Komplikationen

  • Regelmäßige Gespräche mit Frau Müller zur emotionalen Unterstützung und Klärung von Fragen.
  • Einbindung der Angehörigen, um soziale Unterstützung zu gewährleisten und Isolation zu vermeiden.
  • Angebot von Entspannungstechniken oder die Organisation von Seelsorge, um Angst zu reduzieren.

Evaluation

Nach einer Woche der Pflege und Behandlung von Frau Müller wird eine umfassende Evaluation durchgeführt, um festzustellen, ob die gesetzten Pflegeziele erreicht wurden und ob Anpassungen erforderlich sind.

Evaluation der Pflegediagnose 1: Akute Infektion mit Schmerzen, Schwellung und Rötung des rechten Unterschenkels

  • Rötung und Schwellung
    ➜ Die scharf begrenzte Rötung hat sich signifikant verkleinert, und die Schwellung am rechten Unterschenkel ist zurückgegangen. Dies deutet darauf hin, dass die antibiotische Therapie erfolgreich war.
  • Schmerzen
    ➜ Frau Müller berichtet über eine deutliche Reduktion der Schmerzen. Die regelmäßige Verabreichung von Paracetamol war effektiv, und sie benötigte keine zusätzlichen Schmerzmittel.
  • Heilung der Haut
    ➜ Bei der täglichen Inspektion wurde festgestellt, dass die Haut an der betroffenen Stelle beginnt, sich zu regenerieren. Es gibt keine Anzeichen einer Ausbreitung der Infektion oder der Bildung von Blasen oder nekrotischen Stellen.

Evaluation der Pflegediagnose 2: Erhöhtes Risiko für Komplikationen wie Sepsis oder tiefe Venenthrombose (TVT)

  • Vitalzeichen
    ➜ Die regelmäßige Überwachung der Vitalzeichen zeigte stabile Werte. Es gab keine Hinweise auf Fieberanstiege, Tachykardie oder andere Anzeichen einer systemischen Infektion.
  • Thromboseprophylaxe
    ➜ Frau Müller wurde ermutigt, sich trotz Schonung der betroffenen Extremität regelmäßig zu bewegen. Es wurden keine Anzeichen einer tiefen Venenthrombose festgestellt. Sie trug konsequent die verordneten Kompressionsstrümpfe, und es wurden keine Anzeichen von Schwellungen in anderen Körperregionen beobachtet.
  • Sepsisprävention
    ➜ Durch die frühzeitige antibiotische Behandlung und die sorgfältige Überwachung konnte eine Sepsis vermieden werden. Frau Müller zeigte keine Anzeichen einer Verwirrtheit oder anderen systemischen Symptomen, die auf eine Sepsis hindeuten könnten.

Evaluation der Pflegediagnose 3: Beeinträchtigte Mobilität durch Schmerzen und Schwellung

  • Mobilität
    ➜ Frau Müller konnte sich nach einigen Tagen wieder mit Unterstützung frei im Zimmer bewegen. Die Schmerzen in ihrem rechten Bein waren unter Kontrolle, was die Mobilität erleichterte. Leichte Bewegungsübungen halfen, die Durchblutung zu fördern und die Muskulatur zu stärken.
  • Dekubitusprophylaxe
    ➜ Durch regelmäßige Umlagerung und eine gut abgestimmte Mobilisierung konnte die Entwicklung von Druckstellen erfolgreich verhindert werden.

Evaluation der Pflegediagnose 4: Wissensdefizit über die Erkrankung und deren Management

  • Aufklärung und Schulung
    ➜ Frau Müller wurde umfassend über ihre Erkrankung aufgeklärt. Sie zeigte Verständnis für die Notwendigkeit der vollständigen Einnahme ihrer Medikamente und die Bedeutung der Hautpflege, insbesondere bei chronischer venöser Insuffizienz.
  • Eigenständigkeit
    ➜ Bei der Entlassung konnte Frau Müller selbstständig ihre Kompressionsstrümpfe anlegen und hatte ein gutes Verständnis der Hautpflege. Sie war sich der Warnzeichen eines erneuten Erysipels bewusst und wusste, wann sie ärztliche Hilfe suchen sollte.

Evaluation der Pflegediagnose 5: Psychosoziale Belastung durch Schmerzen, eingeschränkte Mobilität und Angst vor Komplikationen

  • Emotionale Unterstützung
    ➜ Die Pflegekraft führte regelmäßige Gespräche mit Frau Müller, um ihre Ängste zu besprechen und ihr Sicherheit zu geben. Frau Müller berichtete über eine Abnahme ihrer Angst und fühlte sich gut betreut.
  • Einbindung der Angehörigen
    ➜ Frau Müller hielt regelmäßig Kontakt zu ihrer Tochter, was ihr half, sich weniger isoliert zu fühlen. Diese Unterstützung trug ebenfalls zur Reduktion ihrer Ängste bei.

Alle gesetzten Pflegeziele wurden erreicht. Die Infektion konnte erfolgreich behandelt werden, und es traten keine Komplikationen auf. Frau Müllers Mobilität wurde verbessert, und sie war in der Lage, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um zukünftige Erysipel-Episoden zu vermeiden. Zudem wurde ihre psychosoziale Belastung erfolgreich gemindert. Die Pflegeplanung für Frau Müller war insgesamt erfolgreich und hat wesentlich zu ihrem Heilungsprozess und ihrer allgemeinen Zufriedenheit beigetragen. Künftige Maßnahmen konzentrieren sich darauf, Frau Müller weiter zu unterstützen und sicherzustellen, dass sie die erlernten Maßnahmen zur Prävention und Pflege auch zu Hause konsequent umsetzt. Ein Nachsorgetermin bei ihrem Hausarzt wurde vereinbart, um den Heilungsverlauf weiter zu überwachen und die Pflegeziele langfristig zu sichern.

Zusammenfassung

Die Pflege bei Erysipel umfasst die Überwachung des klinischen Zustands, insbesondere der Hautveränderungen, und die konsequente Durchführung der verordneten Antibiotikatherapie. Wichtige Pflegeinterventionen sind die Schmerzlinderung, die sanfte Reinigung und sterile Abdeckung der betroffenen Hautstellen sowie die Hochlagerung der betroffenen Extremitäten zur Reduktion von Schwellungen. Zusätzlich erfordert die Pflege die Aufklärung des Patienten über Hygienemaßnahmen, die Bedeutung der Therapieeinhaltung und die Prävention von Rückfällen, um eine vollständige Genesung zu unterstützen und Komplikationen zu verhindern.

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