Pflegeplanung

Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[p͡fleːɡəɘˈplaːnʊŋ]
Plural:
Pflegeplanungen
Trennung:
Pfle|ge|pla|nung
Englisch:
care planning

Die Pflegeplanung ist ein systematischer Prozess, der in der Pflegepraxis eine zentrale Rolle spielt. Sie dient der individuellen, strukturierten und zielgerichteten Versorgung von Pflegebedürftigen. Eine effektive Pflegeplanung trägt dazu bei, die Qualität der Pflege zu sichern, Ressourcen effizient zu nutzen und die Patientensicherheit zu gewährleisten.

Definition

Pflegeplanung ist ein strukturierter Prozess in der Pflege, der die individuelle Betreuung eines Patienten systematisch erfasst, plant, durchführt und evaluiert. Ziel ist es, die bestmögliche Pflege zu gewährleisten, indem Bedürfnisse, Pflegeziele und Pflegemaßnahmen festgelegt und regelmäßig angepasst werden. Sie fördert eine zielgerichtete, individuelle Pflege.

Ziele der Pflegeplanung

  • Individuelle Versorgung
    • Sicherstellung einer an den Bedürfnissen des Patienten orientierten Pflege.
  • Qualitätssicherung
    • Verbesserung der Pflegequalität durch strukturierte und nachvollziehbare Pflegeprozesse.
  • Kontinuität der Pflege
    • Gewährleistung einer kontinuierlichen und konsistenten Versorgung über verschiedene Pflegephasen hinweg.
  • Effiziente Ressourcenverwendung
    • Optimierung des Einsatzes von Pflegeressourcen und -materialien.
  • Patientensicherheit
    • Reduktion von Risiken und Vermeidung von Pflegefehlern.

Schritte der Pflegeplanung

Sechs-Phasen-Modell nach Fiechter und Meier

Nach dem Sechs-Phasen-Modell nach Fiechter und Meier setzt sich eine optimale Pflege aus folgenden Elementen zusammen:

1. Informationssammlung (Pflegeassessment):

  • Erfassen von Informationen über den Gesundheitszustand und die Lebenssituation des Patienten.
  • Einsatz von Instrumenten wie dem Pflegeanamnesebogen und standardisierten Skalen zur Erfassung spezifischer Pflegebedarfe.

2. Pflegediagnose

  • Analyse der gesammelten Informationen, um Pflegeprobleme zu identifizieren.
  • Formulierung von Pflegediagnosen, die als Grundlage für die Pflegeplanung dienen.
  • Beispielhafte Pflegediagnosen können sein: „Beeinträchtigte Mobilität“, „Chronische Schmerzen“ oder „Gefahr eines Flüssigkeitsmangels“.

3. Zielsetzung

  • Festlegung von konkreten, messbaren und erreichbaren Pflegezielen.
  • Unterscheidung zwischen kurzfristigen (z.B. Schmerzlinderung) und langfristigen Zielen (z.B. Verbesserung der Mobilität).

4. Pflegemaßnahmen planen

  • Entwicklung spezifischer Interventionen, die zur Erreichung der Pflegeziele beitragen.
  • Festlegung, wer welche Maßnahmen wann und wie durchführen soll.
  • Beispiele für Pflegemaßnahmen sind Mobilitätsübungen, Ernährungsberatung oder Schmerzmanagement.

5. Durchführung der Pflegemaßnahmen

Umsetzung der geplanten Maßnahmen in der Praxis.

Kontinuierliche Anpassung und Modifikation der Pflegeinterventionen je nach Bedarf und Reaktion des Patienten.

6. Evaluation

  • Überprüfung der Effektivität der durchgeführten Maßnahmen.
  • Bewertung, ob die Pflegeziele erreicht wurden und ob Anpassungen erforderlich sind.
  • Dokumentation der Ergebnisse zur Qualitätssicherung und Verbesserung der Pflegepraxis.

Aktivitäten des täglichen Lebens

Die 12 Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) nach Liliane Juchli sind ein Grundkonzept für die Pflegeplanung. Es gliedert alle wichtigen Elemente des Lebens in 12 Hauptgruppen ein:

  • Wach sein und schlafen
  • Sich bewegen
  • Sich waschen und kleiden
  • Essen und Trinken
  • Ausscheiden
  • Körpertemperatur regulieren
  • Atmen
  • Für Sicherheit sorgen
  • Raum und Zeit gestalten, arbeiten und spielen (sich beschäftigen)
  • Kommunizieren
  • Sinn finden im Werden, Sein, Vergehen
  • Kind, Frau, Mann sein

Arten der Pflegeplanung

  • Standardisierte Pflegeplanung
    • Verwendung vorgefertigter Pflegepläne für häufig vorkommende Pflegesituationen.
  • Individuelle Pflegeplanung
    • Anpassung der Pflegepläne an die spezifischen Bedürfnisse und Bedingungen des einzelnen Patienten.
  • Kurzzeitpflegeplanung
    • Planung für akute Pflegebedarfe, z.B. nach Operationen.
  • Langzeitpflegeplanung
    • Planung für chronische Pflegebedürftigkeit oder dauerhafte Unterstützung, z.B. bei chronischen Krankheiten oder Behinderungen.

Werkzeuge und Hilfsmittel in der Pflegeplanung

  • Pflegeplanungssysteme
    • Digitale Systeme zur Erstellung, Verwaltung und Dokumentation von Pflegeplänen.
  • Pflegediagnosen
    • Verwendung standardisierter Pflegediagnosen (z.B. nach NANDA) zur Strukturierung und Vereinheitlichung der Pflegeplanung.
  • Pflegeassessment-Instrumente
    • Skalen und Fragebögen zur detaillierten Erfassung des Pflegebedarfs (z.B. Barthel-Index, Norton-Skala).

Herausforderungen in der Pflegeplanung

  • Komplexität der Patientenbedürfnisse
    ➜ Unterschiedliche Gesundheitsprobleme und individuelle Bedürfnisse erfordern flexible und adaptive Pflegepläne.
  • Ressourcenknappheit
    ➜ Einschränkungen in Personal und Zeit können die Umsetzung der Pflegepläne beeinträchtigen.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit
    ➜ Koordination und Kommunikation zwischen verschiedenen Fachbereichen und Pflegekräften sind essenziell für eine ganzheitliche Versorgung.

Fallbeispiel: Pflegeplanung

Patientenvorstellung

Herr Müller, 78 Jahre alt, lebt allein in einer kleinen Wohnung. Er ist verwitwet und hat zwei erwachsene Kinder, die in einer anderen Stadt wohnen. Herr Müller hat eine Geschichte von Herzinsuffizienz und Typ-2-Diabetes. Vor kurzem hatte er einen leichten Schlaganfall, der seine Beweglichkeit und kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt hat. Er hat Schwierigkeiten beim Gehen und benötigt Hilfe bei alltäglichen Aktivitäten. Herr Müller ist kognitiv noch weitgehend klar, leidet jedoch unter gelegentlichen Verwirrtheitszuständen.

Pflegeplanung

Pflegeassessment

Ziele

  • Feststellen des aktuellen Gesundheitszustands und der Pflegebedürfnisse von Herrn Müller.
  • Einschätzung der körperlichen, psychischen und sozialen Bedürfnisse.
  • Identifizierung von Ressourcen und Defiziten.

Maßnahmen

  • Durchführung eines umfassenden Pflegeassessments, inklusive einer Anamneseerhebung und körperlichen Untersuchung.
  • Anwendung von standardisierten Assessment-Instrumenten wie dem Barthel-Index, Mini-Mental-Status-Test (MMST) und der Geriatrischen Depressionsskala (GDS).
  • Dokumentation der Ergebnisse im Pflegebericht.

Pflegeprobleme und Ressourcen

Pflegeprobleme

  • Eingeschränkte Mobilität aufgrund der Folgen des Schlaganfalls.
  • Schwierigkeiten bei der Selbstversorgung (z.B. Körperpflege, Anziehen, Toilettengang).
  • Risiko von Dekubitus durch eingeschränkte Beweglichkeit.
  • Risiko einer Hypo- oder Hyperglykämie aufgrund von Diabetes.
  • Verwirrtheitszustände und kognitive Beeinträchtigungen.
  • Soziale Isolation und Einsamkeit.

Ressourcen

  • Kognitive Fähigkeiten sind weitgehend erhalten.
  • Motivation zur Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen.
  • Unterstützung durch ambulante Pflegedienste und soziale Netzwerke.
  • Zugang zu medizinischer Versorgung und therapeutischen Maßnahmen.

Pflegeziele

Kurzfristige Ziele

  • Verbesserung der Mobilität durch gezielte Übungen und Hilfsmittel.
  • Sicherstellung der adäquaten Selbstversorgung mit Unterstützung.
  • Prävention von Hautschäden durch regelmäßige Umlagerung und Hautpflege.
  • Stabilisierung des Blutzuckerspiegels durch regelmäßige Kontrollen und Anpassung der Medikation.
  • Förderung der Orientierung und Reduktion von Verwirrtheitszuständen.

Langfristige Ziele

  • Erhaltung der größtmöglichen Selbstständigkeit.
  • Verbesserung der Lebensqualität und Zufriedenheit.
  • Aufbau und Erhaltung sozialer Kontakte.
  • Prävention von weiteren gesundheitlichen Komplikationen.

Pflegemaßnahmen

Mobilität

  • Erstellung eines individuellen Trainingsplans in Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten.
  • Nutzung von Gehhilfen und Rollatoren.
  • Förderung regelmäßiger Bewegungsübungen im Alltag.

Selbstversorgung

  • Unterstützung bei der Körperpflege, Anziehen und Toilettengang durch Pflegedienst.
  • Anleitung und Förderung der Selbstpflegefähigkeiten.

Hautpflege

  • Regelmäßige Hautinspektion und Dokumentation.
  • Anwendung von prophylaktischen Maßnahmen zur Dekubitusprävention, wie spezielle Matratzen und Lagerungstechniken.

Diabetesmanagement

  • Regelmäßige Blutzuckerkontrollen.
  • Anpassung der Diät in Absprache mit einem Ernährungsberater.
  • Schulung und Anleitung zur selbstständigen Blutzuckermessung und Insulinapplikation.

Kognitive Förderung

  • Teilnahme an Gedächtnistraining und kognitiven Übungen.
  • Orientierungshilfen in der Wohnung (z.B. Kalender, Uhren, Beschriftungen).
  • Regelmäßige soziale Interaktionen und Aktivitäten.

Soziale Unterstützung

  • Kontaktaufnahme zu Selbsthilfegruppen und sozialen Einrichtungen.
  • Förderung regelmäßiger Besuche von Familienangehörigen und Freunden.
  • Einbindung in Gemeinschaftsaktivitäten.

Evaluation

Ziele

  • Überprüfung der Wirksamkeit der Pflegeinterventionen.
  • Anpassung der Pflegeplanung basierend auf den Ergebnissen.

Maßnahmen

  • Regelmäßige Evaluation der Pflegeziele und -maßnahmen durch Team-Meetings und Pflegevisiten.
  • Dokumentation der Fortschritte und auftretenden Probleme.
  • Feedbackgespräche mit Herrn Müller und seinen Angehörigen.
  • Anpassung des Pflegeplans bei Bedarf.

Fazit

Die Pflegeplanung für Herrn Müller erfordert eine ganzheitliche und individuelle Herangehensweise, die seine körperlichen, psychischen und sozialen Bedürfnisse berücksichtigt. Durch regelmäßige Evaluierung und Anpassung der Pflegeziele und -maßnahmen kann eine optimale Versorgung und Unterstützung gewährleistet werden, die Herrn Müller hilft, seine Selbstständigkeit zu bewahren und seine Lebensqualität zu verbessern.

Zusammenfassung

Die Pflegeplanung umfasst die systematische Erfassung, Planung, Durchführung und Evaluation von Pflegeleistungen für Patienten. Sie beginnt mit einer umfassenden Pflegeanamnese, bei der die Bedürfnisse und Probleme des Patienten erfasst werden. Darauf basierend werden Pflegeziele definiert und entsprechende Maßnahmen geplant. Während der Durchführung werden diese Maßnahmen kontinuierlich überwacht und bei Bedarf angepasst. Abschließend erfolgt die Evaluation, um den Erfolg der Pflege zu bewerten und gegebenenfalls die Planung zu optimieren. Ziel ist die bestmögliche Versorgung und Unterstützung der Patienten zur Förderung ihrer Gesundheit und Lebensqualität.

Quellen

  • Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • Elsevier GmbH (Hrsg.) (2017) PFLEGEN: Grundlagen und Interventionen. 2. Aufl. München: Urban & Fischer in Elsevier.
  • Wiederhold, D. (2009) PflegeFakten: Entscheidungshilfen, Übersichten, Normwerte – mit www.pflegeheute.de-Zugang. München: Urban & Fischer in Elsevier.
  • Wied, S., & Warmbrunn, A. (Hrsg.). (2012). Pschyrembel Pflege (3. Aufl.). Walter de Gruyter.
  • American Diabetes Association, 2022. Standards of Medical Care in Diabetes—2022. Diabetes Care, 45(Supplement_1), pp.S1-S264.
  • Folstein, M.F., Folstein, S.E. und McHugh, P.R., 1975. “Mini-mental state”. A practical method for grading the cognitive state of patients for the clinician. Journal of psychiatric research, 12(3), pp.189-198.