Patientencompliance

Wortart:
Substantiv, feminin
Aussprache (IPA):
[paˈt͡si̯ɛntənkɔmˈplaɪ̯ənsə]
Plural:
Patientencompliances
Trennung:
Pa|ti|en|ten|com|pli|an|ce
Synonym:
Therapietreue
Englisch:
(patient) compliance
Abstammung:
latein.: compliere = erfüllen

Die Patientencompliance, kurz Compliance, ist entscheidend für den Erfolg medizinischer Behandlungen. Sie beschreibt, inwieweit Patienten ärztlichen Anweisungen folgen, etwa bei der Medikamenteneinnahme oder der Umsetzung von Lebensstiländerungen. Eine hohe Compliance trägt wesentlich zur Verbesserung der Gesundheit und zur Vermeidung von Komplikationen bei. Trotz ihrer Bedeutung bleibt die Sicherstellung der Compliance eine Herausforderung für medizinisches Fachpersonal und erfordert eine gezielte, patientenzentrierte Herangehensweise.

Definition

Patientencompliance bezeichnet das Ausmaß, in dem Patienten die Empfehlungen und Anweisungen ihres Arztes befolgen, wie die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, das Einhalten von Diäten oder das Befolgen von Verhaltensänderungen. Eine gute Compliance ist entscheidend für den Therapieerfolg und die Gesundheit des Patienten, wird jedoch durch Faktoren wie Verständnismängel, Nebenwirkungen oder komplexe Behandlungspläne beeinflusst.

Bedeutung der Patientencompliance

Eine hohe Patientencompliance ist unerlässlich, um therapeutische Ziele zu erreichen, Krankheitsverläufe positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Studien zeigen, dass mangelnde Compliance zu suboptimalen Behandlungsergebnissen, erhöhten Hospitalisierungsraten und letztlich zu höheren Gesundheitskosten führen kann. Beispielsweise kann bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck eine schlechte Compliance zur Medikation schwerwiegende Komplikationen nach sich ziehen.

Umgangssprachlich wird die Patientencompliance oft auch als Adhärenz bezeichnet. Compliance wird eher als „Gehorsam“ betrachtet, während Adhärenz eine kooperative, partizipative Beziehung zwischen Patient und Arzt beschreibt, bei der der Patient eine aktive Rolle in seiner Behandlung einnimmt.

Faktoren, die die Patientencompliance beeinflussen

Die Einhaltung von Therapieempfehlungen ist ein komplexes Verhalten, das von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Zu den häufigsten gehören:

  • Verständnis der Erkrankung und der Therapie
    • Patienten, die ihre Krankheit und die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Behandlung verstehen, sind eher bereit, den Empfehlungen zu folgen. Ein Mangel an Wissen oder Missverständnisse können hingegen zur Non-Compliance führen.
  • Patient-Arzt-Beziehung
    • Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Patient und Arzt ist ein wesentlicher Faktor für die Compliance. Patienten, die das Gefühl haben, gehört und respektiert zu werden, sind eher bereit, den Anweisungen ihres Arztes zu folgen.
  • Komplexität der Therapie
    • Komplexe Behandlungspläne, die mehrere Medikamente oder häufige Dosierungsänderungen erfordern, können die Compliance verringern. Je einfacher und überschaubarer die Therapie, desto wahrscheinlicher ist die Einhaltung.
  • Nebenwirkungen
    • Unangenehme Nebenwirkungen können dazu führen, dass Patienten ihre Medikamente nicht wie vorgeschrieben einnehmen. Eine offene Kommunikation über mögliche Nebenwirkungen und deren Management ist entscheidend.
  • Sozioökonomische Faktoren
    • Finanzielle Einschränkungen, mangelnder Zugang zu Medikamenten oder Unterstützungssystemen können die Einhaltung erschweren. Auch kulturelle Überzeugungen und das soziale Umfeld spielen eine Rolle.

Strategien zur Verbesserung der Patientencompliance

Angesichts der Herausforderungen, die mit der Sicherstellung einer hohen Patientencompliance verbunden sind, gibt es verschiedene Strategien, die von medizinischem Fachpersonal angewendet werden können:

  • Aufklärung und Schulung
    • Die Bereitstellung klarer und verständlicher Informationen über die Krankheit und die Behandlung ist der erste Schritt. Patienten sollten wissen, warum sie ihre Medikamente einnehmen müssen und welche Konsequenzen eine Nicht-Einhaltung haben könnte.
  • Verbesserung der Kommunikation
    • Eine offene, ehrliche und empathische Kommunikation ist entscheidend. Fragen Sie nach den Bedenken und Erwartungen der Patienten und beziehen Sie sie in die Entscheidungsfindung mit ein.
  • Therapiesimplifizierung
    • Wenn möglich, sollten Behandlungspläne so einfach wie möglich gestaltet werden. Dies kann durch die Wahl von Medikamenten mit längerer Wirkungsdauer oder durch die Kombination von Wirkstoffen in einer einzigen Tablette erreicht werden.
  • Motivierende Gesprächsführung
    • Diese Technik kann helfen, die intrinsische Motivation der Patienten zu stärken, indem sie ihre eigenen Gründe für die Einhaltung der Therapie erkennen und formulieren.
  • Einsatz von Erinnerungshilfen
    • Technologische Hilfsmittel wie Smartphone-Apps, Erinnerungs-SMS oder Pillenboxen mit Alarmfunktion können dazu beitragen, dass Patienten ihre Medikamente regelmäßig einnehmen.
  • Einbeziehung der Familie
    • Die Unterstützung durch Familienmitglieder oder andere nahe stehende Personen kann die Einhaltung der Therapie fördern. Dies ist besonders bei älteren oder chronisch kranken Patienten von Bedeutung.

Kontrolle

Die Kontrolle der Patientencompliance ist ein wesentlicher Aspekt, um sicherzustellen, dass Therapiepläne effektiv umgesetzt und die bestmöglichen Behandlungsergebnisse erzielt werden. Dabei geht es nicht nur darum, zu überprüfen, ob Patienten ihre Medikamente wie vorgeschrieben einnehmen, sondern auch darum, potenzielle Barrieren zu identifizieren und anzusprechen, die eine vollständige Compliance verhindern könnten.

Methoden zur Überprüfung der Compliance

Direkte Methoden

  • Blut- und Urintests
    ➜ Diese Tests können verwendet werden, um die Anwesenheit bestimmter Medikamente im Körper zu überprüfen, wodurch nachgewiesen wird, ob der Patient das Medikament eingenommen hat.
  • Tabletten-Zählung
    ➜ Diese Methode beinhaltet das Zählen der verbleibenden Tabletten in einer Pillenbox, um zu ermitteln, ob der Patient die Medikamente wie verschrieben eingenommen hat.

Indirekte Methoden

  • Selbstbericht des Patienten
    ➜ Patienten werden gefragt, wie oft und in welcher Menge sie ihre Medikamente eingenommen haben. Obwohl diese Methode einfach ist, kann sie durch bewusste oder unbewusste Falschangaben beeinflusst werden.
  • Rezeptverfolgung
    ➜ Durch die Überprüfung, ob ein Patient Rezepte rechtzeitig einlöst und nachfüllt, kann eine Abschätzung der Compliance vorgenommen werden.
  • Elektronische Überwachung
    ➜ Spezielle Pillenboxen oder Verschlusskappen für Medikamentenbehälter können registrieren, wann und wie oft sie geöffnet wurden, was Aufschluss über die Einnahmehäufigkeit geben kann.

Herausforderungen bei der Kontrolle

  • Verlässlichkeit der Berichte
    ➜ Patienten könnten ungenaue Angaben machen, entweder aus Scham, Verwirrung oder weil sie den Arzt nicht enttäuschen wollen.
  • Hohe Kosten und Invasivität
    ➜ Direkte Methoden wie Bluttests können teuer und für den Patienten belastend sein, was ihren regelmäßigen Einsatz erschwert.
  • Technologie-Akzeptanz
    ➜ Die Akzeptanz und Nutzung elektronischer Überwachungsgeräte variiert stark zwischen verschiedenen Patientengruppen, insbesondere älteren Menschen oder solchen mit wenig technischem Hintergrund.

Ansätze zur Verbesserung der Compliance

  • Offene Kommunikation
    ➜ Ein vertrauensvolles Gespräch mit dem Patienten über die Bedeutung der Compliance und mögliche Schwierigkeiten kann Barrieren identifizieren und abbauen.
  • Einbindung von Angehörigen
    ➜ Die Einbeziehung von Familienmitgliedern oder Pflegenden kann die regelmäßige Einnahme von Medikamenten unterstützen.
  • Anpassung der Therapie
    ➜ Wenn Patienten Schwierigkeiten mit komplexen Therapieplänen haben, sollte der Plan, wenn möglich, vereinfacht werden.

Monitoring und Follow-up

Regelmäßige Follow-up-Termine sind entscheidend, um die Compliance kontinuierlich zu überwachen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Diese Termine bieten auch die Gelegenheit, offene Fragen zu klären und den Patienten weiterhin zu motivieren, seine Therapie fortzusetzen.

Rolle des medizinischen Fachpersonals

Ärzte, Pfleger und andere Gesundheitsdienstleister haben eine zentrale Rolle bei der Förderung der Patientencompliance. Sie müssen nicht nur über die medizinische Expertise verfügen, sondern auch als Berater und Unterstützer agieren. Dies erfordert ein hohes Maß an Empathie, Kommunikationsfähigkeit und Geduld.

Darüber hinaus ist es wichtig, regelmäßig die Compliance zu überprüfen und bei Anzeichen von Non-Compliance rechtzeitig einzugreifen. Dies kann durch gezielte Fragen, die Überprüfung von Medikationsplänen oder durch die Zusammenarbeit mit Apothekern und anderen Fachleuten geschehen.

Historische Entwicklung

In der Vergangenheit wurde die Patientencompliance vor allem aus einer autoritären Perspektive betrachtet: Der Arzt gab Anweisungen, und der Patient wurde als „guter“ Patient angesehen, wenn er diesen Anweisungen folgte. Diese Sichtweise hat sich jedoch im Laufe der Zeit gewandelt. Heute wird erkannt, dass Patienten als aktive Partner in ihrer eigenen Gesundheitsversorgung betrachtet werden müssen. Diese Veränderung geht Hand in Hand mit dem wachsenden Verständnis für die Bedeutung der Patientensouveränität und der gemeinsamen Entscheidungsfindung.

Zusammenfassung

Die Sicherstellung einer hohen Patientencompliance ist eine komplexe Aufgabe, die jedoch entscheidend für den Erfolg jeder Therapie ist. Durch gezielte Aufklärung, eine starke Patient-Arzt-Beziehung und den Einsatz unterstützender Maßnahmen können medizinische Fachkräfte einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Compliance leisten. In einer Zeit, in der chronische Erkrankungen zunehmen und die Gesundheitssysteme unter Druck stehen, ist eine gute Compliance wichtiger denn je – sowohl für die Gesundheit der Patienten als auch für die Nachhaltigkeit der Gesundheitsversorgung.

Quellen

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